Datum:

Schweizer Agrar-Jahr 2007 im Rückblick

Vom Brotweizen-Mangel bis Tafeläpfel-Rekord

von Foodaktuell Importer


Ein
warmer Frühling und ein feuchter Sommer führten zu grossen Ernten mit zum Teil qualitativen Problemen.


Das Landwirtschaftsjahr 2007 war geprägt
durch einen sehr warmen Frühling
und einen wechselhaft feuchten
Sommer. Im Pflanzenbau (Bild: bei Arbon am Bodensee) führte das
wüchsige Wetter im Schnitt zu guten
Ernten, aber auch zu hohem Krankheitsdruck.
Beim Getreide war der Auswuchs
ein Problem, die Kartoffeln waren
von Fäulnis betroffen. Bei den Zuckerrüben
gab es zwar eine Rekordernte,
aber zum Teil ebenfalls Probleme
mit Krankheiten.

Im August machten heftige Regenfälle
vor allem den Berner Gemüseproduzenten
zu schaffen und führten beim
Lagergemüse zu kleineren Mengen und
zu Unsicherheit bei der Qualität der
Ware. Auch beim Frischgemüse kam es
regional zu grösseren Einbussen, die
Gesamtmenge war aber recht gut.
Das Kernobst war im Jahr 2007 so
stark wie noch nie von der Bakterienkrankheit
Feuerbrand betroffen. Trotz
grossflächigen Rodungen und aufwendigen
Rückschnittarbeiten gab es eine
sehr grosse Obsternte.

Freundliche Märkte
bei Fleisch und Milch

In der Tierproduktion zeigten sich die
meisten Märkte freundlich. Der Nutztiermarkt
profitierte vom Anziehen des
Milchmarktes, für die Tiere wurden zum
Teil Rekordpreise erzielt. Auch der
Markt für Bankvieh, Kühe und Kälber
blieb im Jahr 2007 günstig. Die
Schweinepreise stiegen in der sehr
kurzen Grillsaison an und fielen im Juli
gleich wieder auf das frühere tiefe Niveau.

Das Vertrauen der Konsumenten ins
Geflügelfleisch, das im Vorjahr durch
die Vogelgrippe erschüttert worden
war, festigte sich wieder. Entsprechend
normalisierte sich der Geflügelmarkt,
mit einer Mehrproduktion von einem
Viertel gegenüber dem Vorjahr.

Auf den internationalen Milchmärkten
gab es 2007 eine Trendwende. Eine
wachsende Nachfrage aus China und
ein dürrebedingtes Minderangebot aus
Australien führten weltweit und auch
in der EU zu steigenden Preisen für
Milchpulver und Butter. Angesichts dieser
Entwicklung forderte die Dachorganisation
der Schweizer Milchproduzenten
teilweise mit Erfolg eine
Milchpreiserhöhung um zwei Rappen
auf mindestens 70 Rappen pro Kilogramm
per 1. September 2007 und
eine weitere Preiserhöhung um fünf
Rappen auf mindestens 75 Rappen per
Anfang 2008.

Pflanzenbau

Nachdem 2006 erstmals mehr Futtergetreide
als Brotgetreide angebaut wurde, setzte
sich diese Tendenz auch im Jahr 2007 fort.
Die Getreideernte begann bereits Mitte
Juni. Der trockene Frühling und der regenreiche
Sommer schlugen sich jedoch in einer
geringeren Erntemenge und Qualität
nieder. Während bei der Gerste die Erträge
insgesamt nur leicht tiefer ausfielen als
letztes Jahr, wurden beim übrigen Getreide
stärkere Einbrüche verzeichnet. Hagel,
starke Niederschläge und Staunässe brachten
in den betroffenen Gebieten hohe Anteile
an Auswuchs (5 – 75 Prozent).

Die
Ernte an backfähigem Weizen war mit rund
312‘300 Tonnen etwa 20 Prozent tiefer als
im Vorjahr. Der aufgrund der mangelnden
Qualität deklassierte Brotweizen (90‘000
Tonnen) erhöhte die Getreidemenge für
den Futtersektor auf rund 630‘000 Tonnen.
Grosse Mengen Weizen deklassiert
Die Rapsanbaufläche nahm als Folge zusätzlich
verteilter Rapskontingente (4‘000
Tonnen) erneut um 6 Prozent zu. Die Mehrmenge
ist auf eine gestiegene Nachfrage
nach Rapsöl zurückzuführen.

Wie das Getreide
konnte auch der Raps rund zwei Wochen
früher geerntet werden (Bild). Insgesamt
waren es rund 61‘000 Tonnen (plus 9 Prozent
gegenüber dem Vorjahr). Erstmals
beinhaltete der Rahmenvertrag auch Suisse
Garantie als Anforderung.

Die in den letzten Jahren rückläufige Kartoffelanbaufläche
nahm 2007 erneut um
250 Hektaren ab. Die Gesamternte wurde
auf rund 490‘000 Tonnen geschätzt, davon
325‘000 Tonnen Speisekartoffeln. Im Allgemeinen
wurden gute Erträge mit einem hohen
Stärkegehalt erzielt. Die schwierigen
klimatischen Bedingungen führten aber zu
mehr Wachstumsrissen und Hohlherzigkeit
sowie einem hohen Prozentsatz an Fäulnis.
Insbesondere die Fäulnis stellt eine Herausforderung
für die Lagerhalter dar.

Nachdem 2006 die klimatischen Bedingungen
zu ausserordentlich tiefen Erträgen
geführt hatten, sah die Zuckerrübenernte
für 2007 vielversprechend aus. Der warme
April liess die Rüben schnell auflaufen. In
einzelnen Regionen, vornehmlich in der
Westschweiz, wurde der gute Start aber
während der Sommermonate durch starke
Niederschläge und überflutete Felder getrübt.

Die anhaltende Nässe erhöhte auf
zahlreichen Feldern den Krankheitsdruck in
Form von Cercospora und Wurzelfäule.
Trotzdem schätzt man mit 1,6 Millionen
Tonnen eine sehr gute Zuckerrübenernte.
Nicht zuletzt war diese auf die im Herbst
2006 zusätzlich verteilten Kontingente
(Mehrmenge von 20‘000 Tonnen) zurückzuführen.
Trotz dem ausserordentlich frühen
Kampagnenstart wurden der sehr zufriedenstellende
Zuckergehalt von 17,8 Prozent
gemessen.

Schwieriges Jahr für Lagergemüse

Der Start des Jahres war für das Schweizer
Gemüse günstig. Beim Lagergemüse waren
die Lager leer, bevor die freie Importphase
begann. Das warme Wetter im späten Winter
und Frühling verschob zudem den Start
der Freilandernte um zwei bis drei Wochen
nach vorne. Die Konsumenten konnten bereits
im April aus einer breiten Palette von
Salaten aus einheimischer Produktion auswählen. Bild: Anbau unter Vlies.

Der trockene und heisse April erhöhte
den Aufwand für die Bewässerung
der Kulturen. Der nasse Juni führte bei den
Freilandkulturen in verschiedenen Regionen
zu grossen Schäden. Im Juli brachten Hagelschlag
und im August heftige Regenfälle
vor allem im Seeland Verluste. Die Wetterkapriolen
verunmöglichten in den Sommermonaten
zum Teil eine ausreichende Marktversorgung.

Auch wenn es regional zu
grösseren Ernteeinbussen kam, waren die
Gesamtmenge an Frischgemüse wie auch
die Preise schliesslich recht gut. Beim Lagergemüse
dagegen verspricht die Schätzung
keine gute Ernte und eine sehr unsichere
Qualität.

Feuerbrand schlug im Obstbau zu

2007 war das schlimmste Feuerbrandjahr
aller Zeiten. In allen Deutschschweizer Kantonen
kam es zu Infektionen mit dem gefährlichen
Bakterium. Schwer betroffen
waren insbesondere die Kantone Luzern,
Thurgau und St. Gallen. Rund 100 Hektaren
Kernobstkulturen mussten gerodet werden.
Auf mehreren hundert Hektaren wurde versucht,
mit Rückschnitt die Bäume zu sanieren.
Auch Hochstammbäume waren zu
Zehntausenden befallen.

Trotz den grossen
Schäden durch den Feuerbrand und Unwetter
fiel die Kernobsternte sowohl bei den
Tafelfrüchten wie auch beim Mostobst aber
gut aus. Die beliebtesten Apfelsorten mit
einem Anteil von zusammen fast 50 Prozent
sind nach wie vor Golden Delicious
und Gala. Auch Zwetschgen konnten trotz
regnerischem August reichlich geerntet
werden. Die Kirschen hatten Mühe mit dem
nassen Wetter im Juli. Nur dank aufwendigem
Witterungsschutz konnte die angekündigte
grosse Ernte erreicht werden.

Das
eigenwillige Wetter machte den Erdbeerproduzenten
die Planung schwer. Obwohl
die Gesamterntemenge sehr hoch ausfiel,
fehlten in der Haupterntezeit Früchte, so
dass grosse Importe getätigt werden mussten.
Alle Obst- und Beerenarten waren infolge
des warmen Frühlings zwei bis drei
Wochen früher als üblich reif.

Reben nahmen im Mai Schaden

Auch die Reben trieben sehr früh aus und
entwickelten sich im warmen Frühling gut.
Der Kälteeinbruch während der Blütezeit im
Mai hingegen hemmte die Befruchtung und
führte zur Verrieselung. Die Trauben und die
Rebstöcke präsentierten sich im Herbst in
gutem bis sehr gutem Zustand, allerdings
wurde eine rund 10 Prozent tiefere Ernte
als im Vorjahr erwartet. Infolge des Vegetationsvorsprungs
von rund drei Wochen
setzte die Ernte bereits Mitte September
ein.

Der Jahrgang 2006 profitierte vom
wärmsten Herbst, der in der Schweiz seit
mehr als einem Jahrhundert gemessen worden
war. Mengenmässig war das Inlandangebot
mit 1,011 Millionen Hektoliter klarem
Wein klein. Zum ersten Mal seit zwanzig
Jahren könnte die Nachfrage das Angebot
übersteigen. Vom Einfuhrkontingent waren
bis Ende August rund 62 Prozent eingeführt.

Der Weinverbrauch stagniert, die Einführung
der 0,5-Promille-Grenze ging nicht
spurlos am Weinkonsum vorüber. Mitte
2007 lagen die Konsumentenpreise für
Schweizer Rotwein um 1,8 Prozent und
jene für Weisswein um 0,3 Prozent über jenen
von Dezember 2005.

Text: LID / Schweizerischer Bauernverband SBV
Bilder: foodaktuell.ch

Weiterlesen: Innovative Agrar-Produktion im Tessin