Sofortmassnahmen fürs Dioxinproblem?
Im Schweizer Rind- und Kalbfleisch ist mehr Dioxin, als die EU erlaubt. Laut BAG besteht kein erhöhtes Gesundheitsrisiko. Aber die Stiftung für Konsumentenschutz nutzt die Chance zur Profilierung.
Ausgerechnet das Fleisch von Tieren, die Auslauf haben und die Gras und Heu fressen, enthält laut Bundesamt
für Gesundheit am meisten Dioxine.
In Schweizer Fleisch wurden
die Umweltgifte Dioxin und
PCB gefunden. In Mengen, die
gesundheitlich unbedenklich
sind, aber einen neuen EUGrenzwert
überschreiten. Besonders hoch sind die Gehalte an
den Giftstoffen Dioxin und polychlorierte Biphenyle
(PCB) bei Fleisch, das aus extensiver
Tierhaltung stammt. Das heisst, Tieren, die
viel draussen waren und vor allem Gras und
Heu frassen, sind den Stoffen stärker ausgesetzt.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie,
die das Bundesamt für Gesundheit
(BAG) offenbar schon vor ein paar Monaten
abgeschlossen hat und am 29. Januar der
Öffentlichkeit zugänglich machte.
EU-Grenzwert überschritten
Es gebe keine Hinweise auf ein erhöhtes
Gesundheitsrisiko, betonte das BAG. Die
geltenden Schweizer Grenzwerte würden
von den Proben, die gemacht worden seien,
nicht überschritten. Das Problem ist aber:
Die EU hat im November 2006 einen Höchstwert
für die Summe des Dioxin- und de PCBGehaltes
festgelegt, weil die beiden Stoffe in
der Wirkung ähnlich sind. Und dieser Wert
wird von einem Teil der Fleischproben überschritten.
Aufgrund der bilateralen Verträge
mit der EU muss die Schweiz noch in diesem
Jahr die in der EU geltenden Grenzwerte
übernehmen, was die Fleischbranche vor ein
Problem stellen wird.
Immerhin: Die Dioxinbelastung in tierischen
Produkten liegt deutlich unter den Grenzen,
die in der Schweiz und in der EU gelten. Sie
sei in den letzten Jahren stetig gesunken,
schreibt das BAG. Problematisch ist hingegen
die Belastung mit PCB.
Unklar ist, wie Dioxin und PCB ins Futter gelangen.
Um dies herauszufinden, soll nun
unter der Leitung der Forschungsanstalt
Agroscope ALP bis Ende Jahr untersucht
werden, wo die Giftstoffe herkommen und
wie sie vermieden werden können.
Langfristige Lösung gesucht
Der Fleischfachverband begrüsst in einer
Medienmitteilung diese Abklärungen. Ziel
sei, dass die Schweizer Tierhalter sich so bald
als möglich auf die EU-Vorgabe einstellen
könnten. Diese Umstellung auf die EU-Vorschriften
sei wohl sinnvoll, aber nicht entscheidend
für die Gewährleistung gesunder
Nahrungsmittel.
Die Stiftung für Konsumentenschutz hingegen
nutzt die Chance zur Profilierung: Dass
es so lange gehe, bis Ergebnisse vorliegen,
sei nicht verständlich, sagte SKS-Präsidenten
Simonetta Sommaruga gegenüber
der Neuen Luzerner Zeitung.
Die Replik gab Michael Beer vom BAG im
Tages-Anzeiger: Man kann nicht in wenigen
Wochen lösen, was man in 30 Jahren
angerichtet hat. Wenn es so einfach wäre,
hätten wir es längst getan. (Quelle: LID / Roland Wyss-Aerni)
Dioxin-Rückstände im Fleisch: Nicht zuwarten mit Handeln!
Die Stiftung für Konsumentenschutz fordert, dass das Bundesamt für Gesundheit und die
beteiligten Bundesämter unverzüglich Massnahmen ergreifen, damit die Schadstoffrückstände in
Fleisch gesenkt werden können. Die SKS kritisiert, dass der Bericht der Öffentlichkeit seit einem
halben Jahr vorenthalten wurde und ist nicht bereit, nochmals ein Jahr lang zu warten, bis daraus
Konsequenzen gezogen werden. SKS-Präsidentin Simonetta Sommaruga wird eine entsprechende
Anfrage beim Bundesrat einreichen.
Die Stiftung für Konsumentenschutz anerkennt zwar, dass seit 1999 die Rückstände von Stoffen wie
Dioxin oder PCB in Schweizer Lebensmitteln gesenkt worden sind. Allerdings zeigt der Bericht, welcher
heute der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, dass die Belastungen von Fleisch zum Teil nicht unerheblich
sind und die EU-Grenzwerte, welche die Schweiz in diesem Jahr übernehmen will, überschritten werden.
Das BAG betont zwar, dass für die Bevölkerung kein Gesundheitsrisiko bestehe. Für die Stiftung für
Konsumentenschutz ist es aber nicht nachvollziehbar, dass der vorliegende Bericht während einem
halben Jahr von Bundesamt zu Bundesamt geschoben wurde und die Öffentlichkeit nicht rasch und
umfassend informiert wurde.
Dieses Vorgehen verunsichert die Konsumentinnen und Konsumenten zu Recht.
Weiter ist es nicht verständlich, weshalb die Forschungsstelle Agroscope Liebefeld-Posieux und die
beteiligten Bundesämter erst bis Ende Jahr einen Aktionsplan ausarbeiten und umsetzen werden. Das
Problem der Dioxin- und PCB-Rückstände ist seit langem bekannt, der Bericht und die
Untersuchungsresultate liegen ebenfalls seit geraumer Zeit vor. Wir wollen nicht so lange zuwarten, bis
Massnahmen ergriffen werden, betont SKS-Stiftungsratspräsidentin Simonetta Sommaruga. Sie wird
deshalb beim Bundesrat eine entsprechende Anfrage einreichen und verlangen, dass die Bundesämter
rasch handeln und Massnahmen ergreifen. (Medienmitteilung SKS)
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