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Omega-3-Fettsäuren: gesund oder Kommerz?

Gesunde Omega-3-Fettsäuren? BAG bejaht, LID zweifelt.

von Foodaktuell Importer


Omega-3-Fettsäuren gelten als gesund. Der Landwirtschaftliche Informationsdienst LID zitiert Experten, die daran zweifeln.

Eskimos leiden dank ihrem hohen Fischverzehr
angeblich viel weniger an Herz-Kreislaufkrankheiten.
Es sind die berühmten
Omega-3-Fettsäuren, heute n-3-Fettsäuren
genannt, die dafür verantwortlich gemacht
werden. Die Ernährungswissenschaftler zählen
die n-3-Fettsäuren so wie die n-6-Fettsäuren
zu den essenziellen, das heisst lebensnotwendigen
Fettsäuren. Der Körper
kann sie allerdings nicht selbst herstellen.
Sie müssen deshalb mit der Nahrung aufgenommen
werden (siehe Kasten).

Zuerst bejubelt…

In den letzten Jahren boomten die n-3-Fettsäuren.
Sie waren die ultimative Lösung bei
Gesundheitsproblemen, egal ob es sich nun
um Krebs oder Herz-Kreislaufkrankheiten
handelte. Sogar bei Hyperaktivität und Aggressivität
sollten n-3-Fettsäuren helfen.
Den Beweis dazu lieferten klinische Studien.
In Grossbritannien erhielten Gefängnisinsassen
hohe Dosen an n-3-Fettsäuren verabreicht.
Das Resultat war durchwegs positiv. Die
Aggressivität der Häftlinge sank deutlich
und stieg nach dem Absetzen der n-3-Fettsäuren
wieder an.

„Europäische Konsensuskonferenz rät zu regelmässiger
Nahrungszufuhr von omega-3-
Fettsäuren bei Schwangeren“ war im August
2007 in einer Pressemitteilung des
Deutschen „Informationsdienst Wissenschaft
(idw)“ zu lesen. Die Begründung für
diesen Rat: Die Kinder von Frauen, die während
der Schwangerschaft das Fischfett verzehrt
hätten, seien bei der Geburt schwerer,
und damit auch gesünder gewesen.

…dann umstritten

„Mumpitz“, meint Manfred Stein von der
Organisation Tiergesundheit im Internet zur
n-3-Fettsäuren-Euphorie. „Es gibt sogar
Stimmen, die Nachteile sehen“. Hier spielt
Stein auf mehrere Metastudien an, die 2006
publiziert wurden und Aufsehen erregten.
Bei den Metastudien kam heraus, dass n-3-
Fettsäuren nicht vor Krebs schützten, wie bis
dahin oft behauptet worden war. Auch wurde
2006 in einer Studie in Grossbritannien
untersucht, wie der Fischkonsum den Plasmaspiegel
von n-3-Fettsäuren beeinflusst und somit auch das Herz-Kreislaufsystem
schützt.

Das Resultat: Lediglich ein Viertel
der Unterschiede von Mensch zu Mensch
liessen sich mit dem Verzehr von Fisch erklären.
Auch seien die Unterschiede zwischen
Frauen und Männern sehr gross. Das bedeute,
dass der Körper den Spiegel an Blutfetten
aktiv reguliere und der Fischkonsum keinen
grossen Einfluss darauf habe. Dass also n-3-
Fettsäuren gar nicht so gesund für das Herz
seien, wie man immer glaubte.

In den Empfehlungen „Fett in unserer Ernährung“
des Bundesamtes für Gesundheit
(BAG) von November 2007 ist jedoch nach
wie vor zu lesen: „Die n-3-Fettsäure ist beim
Erwachsenen für das normale Funktionieren
von Herz, Immunsystem und wahrscheinlich
anderer Organe unentbehrlich. Gesichert ist
die fettsenkende Wirkung im Blut, welche
eine positive Wirkung auf die Herz- und
Kreislaufgefässe ausübt“.



Wissenswertes zu Fettsäuren


Die wichtigsten n-3-Fettsäuren sind die
alpha-Linolensäure und die beiden langkettigen
Fettsäuren Eicosapentaensäure
(EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Die
n-3-Fettsäure alpha-Linolensäure ist in
grünen Pflanzenteilen und in Pflanzenölen
wie Leinöl, Hanföl, Walnussöl, Rapsöl und
Sojaöl enthalten. Sie soll entzündungshemmend
wirken, da sich aus ihr die hormonartigen
Signalstoffe Eicosanoide bilden.

Eicosanoide
sind wichtig als Immunmodulatoren
und Botenstoffe des Nervensystems.
Nur Meeresfische wie Heringe, Makrelen,
Sardinen, Sardellen und Thunfische sowie
Süsswasserfische wie Lachse oder Forellen
enthalten die beiden langkettigen n-3 Fettsäuren
EPA und DHA. Diese gelten als besonders
wertvoll, da gut für das Herz. Als
wichtiger Baustein für die Zellen des zentralen
Nervensystems soll die DHA auch die
kognitive Leistung von Kindern verbessern.

Für Stein ist der Gesundheitswert von Omega-
3-Fettsäuren vor allem „ein Bomben-Geschäft.“
In den Konsensus-Kommissionen,
die gesundheitliche Empfehlungen machten,
sässen doch Vertreter der Herstellerfirmen
dieser n-3-Fettsäurenpräparate, kritisiert er.
Der Konsument werde dazu verleitet, auf
eine nicht vorhandene Gesundheitswirkung
zu vertrauen und dafür auf wirksame und
wissenschaftlich belegte Therapie- und Prophylaxemassnahmen
zu verzichten. Und
wenn Strafgefangene plötzlich meinten, jemand
kümmere sich um sie, so seien sie
doch automatisch weniger aggressiv.

Die Macht der Industrie

Auch der deutsche Lebensmittelchemiker
Udo Pollmer bezeichnet den n-3-Fettsäuren-
Boom als Marketing-Gag. „Die Eskimos
sterben ja früher als wir, und zwar nicht selten
durch Alkohol“, meinte er weiter. Nachdem
die Interventionsstudien gezeigt hätten,
dass die beworbenen Wirkungen
ausbleiben, seien eben neue Wundereffekte
versprochen worden. So nützten n-3-Fettsäuren
neustens auch gegen Alzheimer, Hyperaktivität
und – den bösen Blick!




Sonnenblumenöl und die wichtigsten Getreide für die Ernährung des Menschen und der Nutztiere enthalten die mehrfach ungesättigte Fettsäure
Linolsäure, eine n-6-Fettsäure. Deshalb ist das Fettsäuren-Verhältnis in unserem
Körper meist weit über 5 zu 1.

Dieses Marketing-Muster der Hersteller-Firmen
sei stets das gleiche, fährt Pollmer fort.
Zuerst propagierten diese einen mehr oder
weniger imaginären Gesundheitswert. Sobald
klinische Studien dies ins Reich der
Phantasie verwiesen, würden neue Gesundheitseffekte
aus der Trickkiste hervorgezaubert.
Unterstützt würden die Firmen dabei
von Wissenschaftlern, die auf Forschungsgelder
oder wenigstens eine Einladung zum
Kongress schielten. Dabei käme den Anbietern
zu gute, dass klinische Studien sehr aufwendig
seien und es Jahre dauere, bis Ergebnisse
vorlägen.

Entscheidend ist das Verhältnis

Und trotzdem: Für die meisten Ernährungswissenschaftler
steht fest, dass mehrfach
ungesättigte Fettsäuren weitreichende Effekte
auf den menschlichen Stoffwechsel
haben. Auch sind die meisten Wissenschaftler
wie auch das Bundesamt für Gesundheit
(BAG) der Ansicht, dass für eine gesunde,
ausgewogene Ernährung das Verhältnis der
n-6 zu den n-3-Fettsäuren ausschlaggebend
ist. Der Grund: die n-3- und die n-6 Fettsäuren
konkurrieren um dieselben Enzyme.

Sowohl
aus n-6 als auch aus n-3-Fettsäuren
stellt der menschliche Körper die Botenstoffe
Eicosanoide her. Die Wirkungen der beiden
verschiedenen Eicosanoide unterscheiden
sich jedoch stark. So fördern Eicosanoide
aus n-6-Fettsäuren beispielsweise zwar die
Blutgerinnung, aber gleichzeitig auch Entzündungsvorgänge.
Eicosanoide aus n-3-
Fettsäuren vermindern hingegen Entzündungsvorgänge.
Die Schweizerische, Deutsche und Österreichische
Gesellschaft für Ernährung empfehlen
deshalb übereinstimmend ein Verhältnis,
das für die Fettsäuren n-6 zu n-3 weniger als
5 zu 1 betragen sollte.



Mit gezielter Fütterung mehr n-3-Fettsäuren


Dem Fleischverarbeiter Traitafina ist
es gelungen, durch die Fütterung von
Schweinen mit Leinsamen Schweinefleisch
mit einem höheren Anteil wertvoller
n-3-Fettsäuren zu produzieren.
Traitafina brachte das Verhältnis der n-6
zu den n-3-Fettsäuren von 8 zu 1 auf 3
zu 1 runter. Dies war möglich, weil die Zusammensetzung
des Körperfettes von Schweinen
stark von der Fettzusammensetzung des
Futters abhängt. Die Herausforderung
ist, komplizierte Zusammenhänge zu
kommunizieren: In ihrem fünfseitigen
Flyer spricht die Traitafina nur von den
Omega-3-Fettsäuren und lässt die Omega-
6-Fettsäuren weg.


Text: LID, Brigitte Weidmann. Bilder: foodaktuell.ch

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