«Schokolade wie Käse produzieren»
Schokolade soll nicht nur Luststoff sein, sondern eine gesundheitsfördernde Wirkung haben. Der Entwicklungschef von Barry Callebaut will der Schokolade mit Bakterienkulturen andere Geschmacksrichtungen geben.
Cranberrys, Blueberry, Acerolakirschen und herausgepickte Rosinen. Leinsaat, Blütenextrakt und Honig. Die Liste der Inhaltsstoffe von Schokolade ist lang. Bei vielen dieser Zutaten stehen auch der funktionale Nutzen und Authenthizität, Handwerk, Geschmack, Regionalität und vielfach ein Hauch Exotik im Scheinwerferlicht der Auslobung.
So mischt die in Zug ansässige Akesson’s in ihre Grand-Cru-Schokoladen nicht weniger als 14 verschiedene Pfeffersorten ein. Nicht mit Pfeffer, dafür mit Lactobacillus helveticus und Bifidobacterium longum ist die Schokolade von der zum Barry-Callebaut-Konzern gehörenden deutschen Stollwerck GmbH angereichert. 13 Gramm täglich von dieser Choc+ genügten, um seinen Bedarf an Lactobacillus helveticus und Bifidus-Bakterien, die die Darmflora stärkten, zu decken, verspricht Stollwerck.
Fermentation mit Kulturen steuern
Barry Callebauts Entwicklungsleiter Hans P. Vries spricht davon, dass der Fermentation der Kakaobohne künftig eine viel grössere Bedeutung zugemessen werden soll. Denn warum soll Schokolade nicht auch wie Käse je nach Art und Region anders schmecken? Die beim Emmentaler verwendetet Bakterienkultur sei schliesslich nicht die gleiche wie die beim holländischen Gouda.
So solle der Gärprozess der Kakaobohne, wo heute die Bohnen einfach nur mit Bananenblättern zugedeckt würden und dann fermentiert werden, auch beeinflusst und mit Bakterienkulturen gesteuert werden. So könnten der Schokolade schon auf Stufe Kakaobohne regionaltypische Geschmacksichtungen gegeben werden – oder bewussteinige der 230 gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe der Kakaobohne schon in der Fermentation gefördert werden.
Zahnschonende Schokolade enthält statt normalem Zucker den Süssstoff Isomaltulose. Dieser schmeckt zwar nicht so süss wie normaler Zucker, dafür können die Bakterien in Berührung mit Isomaltulose keine Säure bilden. Der Schweizer Bonbonhersteller F. Hunziker & Co. AG aus Dietikon verwendet für zahnschonende Süsswaren Xylithol, das in Bonbons eingefüllt wird.
«Das schlechte Gewissen beim Schokoladeessen soll endgültig der Vergangenheit angehören», sagt der Entwicklungschef. Die Azteken hätten den Wert der Schokolade schon früh erkannt und als Zahlungsmittel eingesetzt. Schon jetzt enthält die Schokolade des Konzerns, der seinen Umsatz zu 80% mit Couverture, also Halbfabrikatelieferungen, an die Schokoladeindustrie erwirtschaftet, probiotische Kulturen, wie die Acticolade veranschaulicht.