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Viel Hoffnung in neue Organisation

Eine neu zu gründende Branchenorganisation für die Milchwirtschaft soll endlich etwas Ruhe in den turbulenten Sektor bringen. Letzte Woche haben dem Vorhaben alle Betroffenen zugestimmt.

von Alimenta Import

Nun soll doch noch eine breit abgestützte Branchenorganisation für die Schweizer Milchwirtschaft entstehen. Am 19. März 2009 trafen sich Vertreter von Produzentenorganisationen, der Milchindustrie, des Käsereigewerbes und des Detailhandels zu einem gemeinsamen Gespräch. Dort sei ein klares Zeichen gegeben worden, dass man willens sei, eine neue Branchenorganisation zu gründen, sagt Jacques Bourgeois, Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV).

Ausweglose Situation
Der SBV war es, der dieses Treffen geleitet hatte, nachdem die Vertreter von Industrie und Milchproduzenten miteinander kaum mehr über die künftige Ausgestaltung des Milchmarktes diskutieren konnten, weil die Fronten zu verhärtet waren. Knapp eineinhalb Monate vor der endgültigen Aufhebung der Milchkontingentierung drängt die Zeit, eine einvernehmliche Lösung für alle Marktpartner zu finden.

«Der Prozess hin zu einem Konsens ist im Rahmen der Gespräche angestossen worden», ist Bourgeois überzeugt. In einem ersten Schritt soll nun eine Arbeitsgruppe, bestehend aus je vier Vertretern der Milchverarbeiter und -produzenten sowie einem Vertreter der Produzenten-Milchverwerter-Organisationen alles Nötige vorbereiten, um eine Branchenorganisation rasch gründen zu können.

Denn noch ist unklar, wie sich die Organisation zusammensetzen wird, welche Aufgaben sie wahrnimmt, mit welchen Mitteln sie arbeitet oder wo sie angesiedelt wird. Der SBV möchte sie ähnlich organisieren wie die Branchenorganisation Swissgranum, die ihren inzwischen festen Platz in der Getreidewertschöpfungskette hat.

Dort sind die Sitze in den verschiedenen Kommissionen gleichmässig auf Produzenten, Verarbeiter und Handel verteilt. Bei deren Einführung hat der Bauernverband die Geschäfte während eines Jahres geleitet, bevor sie in ihre «Unabhängigkeit» entlassen wurde.

Instrumente schnellstmöglich einsetzen
Das Definieren der Organisationsform des neuen Konstrukts steht indes nicht an erster Stelle. Viel wichtiger ist es, die bereits erarbeiteten Instrumente zur Marktsteuerung miteinander zu kombinieren, um für die gesamte Wertschöpfungskette eine bestmögliche Marktregelung zu erhalten. In diesem Grundsatz sind sich alle Beteiligten einig.

Auf Anfrage beteuern sowohl die Exponenten des Vereins Schweizer Milch (VSM) als auch der Dachorganisation der Schweizer Milchproduzenten (SMP), dass sie zu einem marktfähigen Konsens bereit seien. «Wir müssen schnellstmöglich handfeste Instrumente genehmigen, um den Milchmarkt vor dem totalen Ruin zu bewahren», sagt VSM-Präsident Alexander Briw. Unter welcher Organisationsform sie eingesetzt werden, sei egal.

«Unser Wille ist unverändert stark, mit den nachgelagerten Stufen zusammenzuarbeiten», sagt SMP-Sprecher Christoph Grosjean-Sommer.

Auch die Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie (VMI) steht hinter der Absicht, einen Konsens in Form einer neuen Branchenorganisation zu finden. An seiner Sitzung vom letzten Freitag hat der Vorstand diese Absicht noch bestärkt. Und zwar will er den VSM darin unterstützen, die von ihm entwickelten Instrumente zur Milchmarktsteuerung schnellstmöglich fertigzustellen. Das definitive Resultat könnte noch diese Woche feststehen.

In diesem Zusammenhang fordert die Milchindustrie jedoch vom VSM, dass alle betroffenen Dachverbände offiziell über die Instrumente informiert werden, und zwar bevor die Öffentlichkeit davon ins Bild gesetzt wird. Im Weiteren hat der VMI-Vorstand bekräftigt, mit vollem Einsatz an der neuen Branchenorgaisation Milch mitzuarbeiten – jedoch nur unter der Bedingung, dass die Instrumente des VSM mitberücksichtigt werden.

VSM am weitesten fortgeschritten
Das VSM-Modell ist seit einigen Wochen kurz vor der Vollendung. Der Verein setzt nach wie vor auf drei Instrumente:

  • Die Linienmilch, deren Volumen auf den Bedarf der Verarbeiter abgestimmt ist, und wofür die Milchproduzenten einen mindestens ein Jahr dauernden Liefervertrag erhalten.
  • Eine Richtpreisempfehlung, die auf dem Preisindex der VMI basiert. Dieser beinhaltet Milchmarktdaten, Produktionskosten und eine Einschätzung der Marktentwicklung.
  • Eine Börse, auf der überschüssige Milch gehandelt wird. Im schlimmsten Fall kommt die Marktabräumung zum Zug. Dabei muss unter Umständen Vollmilchpulver zu Weltmarktpreisen verkauft werden.

Dieses Instrumentarium ist am weitesten fortgeschritten und wird voraussichtlich schon per Anfang April eingesetzt. Entsprechend soll der VSM so lange weiterbestehen, bis die neue Organisation arbeits- und beschlussfähig ist.

Zum Thema: Parallel dazu kann ein anderes Modell angewandt werden