Datum:

Die Summe verursacht das Problem

Mit einem Agrarfreihandelsabkommen mit der EU will der Bundesrat in erster Linie Zölle abbauen, damit Schweizer Produkte im Export bessere Chancen haben. Neben den Zöllen gibt es eine Vielzahl anderer Hindernisse.

von Alimenta Import

Der Ständerat hat am 5. März entschieden, dass das Cassis-de-­Dijon-Prinzip einseitig eingeführt werden soll. Das heisst, dass die Schweiz EU-Normen anerkennen wird, um so Importe in die Schweiz zu ­erleichtern und – so die Hoffnung – tiefere Produktepreise zu ermöglichen. Umgekehrt aber werden Schweizer Produkte, die exportiert werden sollen, weiterhin die EU-Normen erfüllen müssen. Konkret bedeutet dies, dass eine ganze Reihe von technischen Handelshemmnissen, die heute bestehen, den Schweizer Produzenten von Exportprodukten weiter­hin das Leben erschweren wird. Dies belegt der Schweizerische Bauernverband (SBV) in einer Auflistung, die er an Bundesrätin Doris Leuthard geschickt hat. Im Begleitbrief dazu betont der SBV, dass diese Handelshemmnisse grosses Gewicht hätten. Ihre Abschaffung habe eine höhere Priorität als der Zollabbau. Der SBV verlangt deshalb, dass in den Verhandlungen mit der EU «in einem ersten Schritt die nichttarifären Hindernisse ausgeräumt werden». Erst dann solle über weitere Grenzöffnungen verhandelt werden.
«Jedes einzelne der nichttarifären Handelshemmnisse kann als unbedeutend eingestuft werden», sagt Heidi Bravo vom Bauernverband. «Aber gesamthaft verhindern sie den erfolgreichen Export von schweizerischen Agrarprodukten.»

Kaum Wurstwaren exportiert
Ein Beispiel dieser nichttarifären Handelshemmnisse ist das Zollfreikontingent für 1900 Tonnen Wurstwaren, das die EU seit ­Anfang 2008 erteilen kann. Die entsprechende EU-Verordnung verlangt, dass Exporteure nur dann einen Antrag für eine Importlizenz für Wurstwaren aus der Eidgenossenschaft stellen können, wenn sie jährlich mindestens 25 Tonnen Wurstwaren exportieren – für Schweizer Verhältnisse eine grosse Menge. Diese Importlizenzen können im Prinzip auch von Importeuren im betreffenden EU-Staat beantragt werden. Allerdings führen die restriktiven ­Bestimmungen dazu, dass die Antragsteller zusätzliche Kosten riskieren.
Auch im Früchte- und Gemüsebereich wurden im Rahmen der bilateralen Verträge Zollfreikontingente ausgehandelt. Allerdings besteht immer noch die sogenannte Mindestpreisregelung, wie Heidi Bravo vom Bauernverband erklärt: «Die EU kann Mindestpreise festlegen, die so hoch liegen, dass der Import de facto verunmöglicht wird.» Ferner verlangt die EU, dass Exporte im Voraus gemeldet ­werden. «Bei frischen Produkten, die rasch transportiert werden müssen, ist das nicht praxis­tauglich», sagt Heidi Bravo.

Bund ist froh um Hinweise

In der Bundesverwaltung ist man froh um die konkreten Hinweise aus den verschiedenen Branchen, um sie in die Verhandlungen einbringen zu können. Auch die Schweizer ­Unterhändler betrachten den Abbau von nicht­tarifären Handelshemmnissen als wichtiges Thema. «Sie sind ein bedeutender Bestandteil des Mandats des Bundesrats», heisst es beim Integrationsbüro in Bern. Klar ist ­allerdings auch: Ein Agrarfreihandelsabkommen würde irgendwann den Wegfall aller Zölle bedeuten.