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Ethnofood – mal teuer, mal billig

Balkan-Express, Cevapcici-Blitz und Döner`s Best. In der Kleingastroszene ist südosteuropäisches Essen seit langem ein Begriff. Ayran, Hazal, Baklava und Cevapcici sind im Trend und jetzt auch in Billiglinien im Detailhandel.

von Alimenta Import

Nicht erst seit Coop den Discountern die Balkankunden abjagen will, wie letzte Woche in «20 Minuten» zu lesen war, wird mit Lebensmitteln, die für eine bestimmte ethnische Käuferschicht bestimmt sind, Marketing gemacht. In der Schweiz hat laut Branchenkennern Carrefour als erster Händ­ler (abgesehen vom Türken um die Ecke) solche Produkte eingeführt. So ist beim Migros-Industriebetrieb Bischofszell Nahrungsmittel AG (Bina) Ethnofood seit Jahren ein Thema. Im teuren Conveniencebereich hat die Firma mit Annas Best zwei beim europäischen Publi­kum Anklang findende Küchen im Sortiment. Nach Rezepten der indischen «King’s Curry»- und der thailändischen «Sukothai»-Küche. Auch in der Metzgerei Angst AG in Zürich werden fixfertige Thaimenüs in vier verschiedenen Sorten produziert.

Kebab und Cevapcici aus Schweizer Fleisch
Geschäftsführer Urs Angst erklärt, dass die Metzgerei momentan auch einen Versuch mit «Carne seccha» macht. Diese brasilianische Spezialität aus sonnengetrocknetem Rindfleisch mit grobem Salz «wird hierzulande ­jedoch mangels Sonne in der Trocknerei ­produziert», sagt Angst. Balkanspezialitäten ­fabriziert die Metzgerei ebenfalls, so geräucherte und getrocknete Schweinsbrust oder Cevapcici. Das im Haus hergestellte Kebab wird den türkischen Ständen geliefert. Urs Angst richtet seinen Fokus nicht nur in den Süden, woher die meisten Migranten herkommen, sondern auch in den Norden: Die Firma stellt die schwedische Spezialität «Köttbullar» (Hackfleischklösschen) her. Der Metzger sagt, dass die meisten Spezialitäten aus «Armer-Leute-Küche» stammen und darum eher im unteren Preissegment angesiedelt sind. Angst hat sich schon früh auf diesen Markt eingerichtet. Ausser den Produkten mit Poulet­fleisch kommen die Rohstoffe aus der Schweiz, obwohl laut Angst die Herkunft der Rohwaren für den «Ethnofood-Kunden» keine Rolle spielt.

Nicht nur Balkanprodukte
Die Markenprodukte für das neue Coop-Balkan-Sortiment werden allesamt importiert. Der Coop-Betrieb Bell produziert jedoch schon lange Cevapcici oder das älteste Ethnofood-Beispiel, Lammwürste «Merguez», eine französische Spezialität mit nordafrikanischen Wurzeln. Mediensprecher von Bell, Davide Elia, sagt, dass Bell nicht nur Produkte aus Südosteuropa produziere. So würden beispielsweise deutsche Originalprodukte, wie original Münchner Weisswürste, Thüringer Rostbratwurst oder Schwarzwälderschinken importiert. Denn gerade bei Originalprodukten sei es gemäss Elia schwierig, dass mit Schweizer Rohmaterial auch der Geschmack der Leute getroffen werde. So brauche es
auch Handelsprodukte. Die Schwierigkeit bei Ethno­­food bestehe laut Rolf Jenny von Bina darin, diese ursprünglich handgemachten ­Rezepte ohne Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Aromen und Farbstoffe in eine industrielle Produktion umzusetzen, ohne dabei die hohe Qualitätsanforderung zu schmälern. ­Jacqueline Fischer vom Aromahersteller Schweizer Getränke AG, Obermeilen, erhält immer öfters Anfragen von Kunden,
die Konzepte mit typischen Geschmacksrichtungen aus Afrika, Asien oder Südamerika verwirk­lichen wollen. Fischer nennt das Beispiel der peruanischen Maca-Knolle oder das Trendfrüchtchen Yumberry als boomenden Ethno-Roh- bzw. Aromastoff.

Produktionsstop wegen Liberalisierung
Christoph Züger von der Züger Frischkäse AG begann bereits vor 15 Jahren, jährlich ungefähr 200 Tonnen Feta-Dosenkäse zu produzieren, was aber mit der Liberalisierung eingestellt wurde. Denn gegen vollautomatisierte Anlagen für Fetadosen hatte die Molkerei keine Chance mehr. Da der Markt bereits aufgebaut war, wurde die Marke zwar behalten, wird jedoch heute grösstenteils im Ausland hergestellt, so Christoph Züger. Im Züger-­Sortiment finden sich Balkan-Feta, Rohmilch ­Ayran, Kashkaval-Käse. Seit gut einem Jahr sind die Zügers auch mit dem indisch an­gehauchten Paneer auf dem Markt. Das ­türkisch-nordafrikanische Produkt Ayran wird an Coop verkauft, jedoch nicht im neuen Coop-Balkan-Segment. Dieses soll schliesslich Südosteuropäer in die Coop-Läden locken,
wo diese dann den ganzen Einkauf machen wollen. So hofft auf jeden Fall Coop.