Milch wird hoch erhitzt oder filtriert
Heute werden vier Verfahren angewendet, um Frischmilch mit verlängerter Haltbarkeit, sogenannte ESL-Milch, zu produzieren. Zwei basieren ausschliesslich auf Hitze, zwei auf Filtration, kombiniert mit Wärme.
Für die Herstellung von ESL-Milch (ESL: extended shelf life) werden verschiedene Verfahren angewendet. Neben dem Hocherhitzungsverfahren direkt und indirekt wird auch das Filtrationsverfahren dynamisch und neuerdings auch statisch arbeitend angewendet. Ziel ist es, eine länger haltbare «Frischmilch» herzustellen. ESL-Milch muss wie Pastmilch kühl (<6??°C) abgefüllt und gelagert werden. Die verschiedenen Verfahren inklusive Abfüllprozess sind aufwendig und für kleinere Betriebe kaum realisierbar. Die Gesetzgebung regelt die Kennzeichnung einer derart hergestellten Trinkmilch noch nicht abschliessend. Es liegt momentan an der Milchindustrie und am Handel, die Konsumenten über ESL-Milch in geeigneter Weise zu informieren.
Vier Verfahren
Zur Produktion von ESL-Milch stehen derzeit vier Verfahren zur Auswahl.
¦ Die Hochpasteurisation mit dem indirekten Verfahren: Als Anlage kann eine bestehende indirekte UHT-Anlage oder ein modifizierter Pasteur mit einem zusätzlich dazwischen geschalteten Röhrenerhitzer eingesetzt werden. Dies ist auch die günstigste Technologie um ESL-Milch herzustellen.
Vor der Hocherhitzung wird die Milch homogenisiert. Die Erhitzungstemperatur liegt je nach Anlage zwischen 110 und 125 °C. Bei diesem Verfahren ist mit den grössten geschmacklichen Abweichungen gegenüber der Pastmilch zu rechnen.
¦ Die Hochpasteurisation mit dem direkten (UP)-Verfahren: Als Erhitzer kann eine direkte UHT-Erhitzeranlage eingesetzt werden. Mittels eines Dampfinjektionssystemes oder eines Dampfinfusionssystemes wird die Milch innert Sekundenbruchteilen auf eine Temperatur von rund 127??°C gebracht. In einem Expansionsgefäss (Flashkühlung) wird die Milch auf die Homogenisationstemperatur abgekühlt und einer aseptischen zweistufigen Homogenisation unterzogen.
¦ Die Mikrofiltration: Die Anwendung der Mikrofiltration in der Milchverarbeitung ist seit etwa 1980 bekannt. Mit diesem Verfahren können Mikroorganismen in der Magermilch mittels keramischen Membranen abgetrennt werden.
1. Die Rohmilch wird zentrifugiert (Rahm und Magermilch).
2. Die Magermilch wird auf 50 bis 55??°C
erwärmt und gelangt anschliessend in den Mikrofiltrations-Prozess, bei dem die
Mikroorganismen mittels keramischen Membranen mit einer mittleren Porenweite von 1,4 µm mechanisch abgetrennt werden.
3. Der Rahm wird auf 110 bis 127??°C erhitzt (meist im indirekten Verfahren), vorgekühlt, mit 50% der entkeimten Magermilch vermischt, aseptisch homogenisiert und gelangt anschliessend zum Pasteur.
4. Das Retentat (Bakterienkonzentrat), das durch die Mikrofiltration abgetrennt wurde, kann dem Rahm vor der Hocherhitzung zugemischt oder einer anderen Verwertung zugeführt werden.
5. Das Gemisch aus entkeimter Magermilch mittels Mikrofiltration und dem erhitzten, homogenisierten Rahm und Retentat wird anschliessend bei 74??°C pasteurisiert und unter 6??°C gekühlt.
¦ Die Tiefenfiltration: Die Anwendung der Tiefenfiltration in der Milchverarbeitung ist das neuste Verfahren, um ESL-Milch herzustellen und ist dem Mikrofiltrationsprozess ähnlich. Die Mikroorganismen in der Magermilch werden, ähnlich wie bei der Mikrofiltration, mittels Filter zurückgehalten. Zum Einsatz gelangen eine Vorfiltereinheit und eine Endfiltereinheit. Jede Filtereinheit besteht aus mehreren Polypropylen-Filterkerzen (Trenngrenze Vorfilter: 0,3 µm, Trenngrenze Endfilter: 0,2 µm). Die Porengrössen sind so klein gewählt, damit Mikroorganismen infolge des Siebeffektes den Filter nicht passieren können, Milchbestandteile aber durchgelassen werden. Bei der Tiefenfiltration bleiben die Mikroorganismen am Filter hängen, und es entsteht kein Retentat (Bakterienkonzentrat) zur Weiterverarbeitung.
Der Rahm wird auf 110 bis 125??°C erhitzt, vorgekühlt und mit einem Teil der filtrierten Magermilch zusammen homogenisiert. Das Gemisch aus entkeimter Magermilch mittels Tiefenfiltration und dem erhitzten, homogenisierten Rahm wird anschliessend bei 74??°C pasteurisiert und unter 6??°C gekühlt.
Abfüllen von ESL-Milch
Bei allen Verfahren muss die Milch vor dem Abfüllen möglichst tief (2 bis 5??°C) gekühlt und bei dieser Temperatur gehalten werden. Ein Steriltank oder ein sterilluftüberlagerter Tank dient als Puffer vor dem Abfüllen. Leitungsführung, Ventile, Lagertanks und Abfüllanlage für die so entkeimte Milch müssen in aseptischer oder semi-aseptischer Ausführung sein. Anschliessend erfolgt die (aseptische) Abfüllung in entkeimtes Verpackungsmaterial.
* Die Autoren arbeiten an der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux (ALP).