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Agrarmarktöffnung: Umstrittene Begleitmassnahmen

Die Schweiz soll der Öffnung der Agrarmärkte bei einem EU-Abkommen nicht schutzlos überlassen werden. Die Bauern und Links-Grün kritisieren die Begleitmassnahmen.

von Foodaktuell Importer

Mit der neuen Marke „Swissness“ soll die Qualität als Stärke der Schweizer Land- und Ernährungs-Wirtschaft international gefördert werden.

Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft soll der Öffnung der Agrarmärkte bei einem allfälligen Abkommen mit der EU oder einem WTO-Anschluss nicht schutzlos überlassen werden. Eine Arbeitsgruppe, die vom Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) eingesetzt wurde, hat 80 Begleitmassnahmen ausgearbeitet.

Die neue Situation würde Betriebe der gesamten Wertschöpfungskette betreffen. Die Massnahmen wurden deshalb für alle Bereiche ausgearbeitet und verfolgen vier Hauptziele: Die Stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft zu stützen, die Marktposition zu sichern und auszubauen, Standortbedingungen zu verbessern und den Übergang in geöffnete Märkte sozialverträglich zu gestalten.

Um diese Schwerpunkte zu verwirklichen wurden konkrete Massnahmen ausgearbeitet. Mit der neuen Marke „Swissness“ soll die Qualität als Stärke der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft international gefördert werden, schreibt das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) am 8. Juli. Das Direktzahlungssytem an die Landwirtschaft müsse an das Umfeld der offenen Agrarmärkte angepasst werden. Ein Teil der Massnahmen ist befristet, zum Beispiel Ausgleichszahlungen für die Bauernbetriebe oder die Kompensation von Lagerabwertungen und Abschreibungshilfen für die Verarbeiter.

Begleitmassnahmen: Kritik von Links-Grün

Nicht alle sind mit dem Massnahmenpaket einverstanden, das die Arbeitsgruppe des Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartements (EVD) vorschlägt. Das Basiskonzept – die Förderung von umwelt- und tiergerecht hergestellten Qualitätsprodukten – wird zwar begrüsst, die geplanten Massnahmen seien jedoch die falschen.

Dieser Meinung ist unter anderen die Kleinbauern-Vereinigung (VKMB). In der Medienmitteilung kritisiert die Organisation den Massnahmenkatalog als „unverbindliche Wunschliste“. Die Westschweizer Bauerndachorganisation Agora argumentiert in die gleiche Richtung: Die vorgeschlagenen Massnahmen seien sehr heterogen ausgearbeitet und hätten zum Teil nichts mit den möglichen internationalen Anpassungen zu tun. Die zahlreichen Pläne seien zudem finanziell schlichtweg unrealistisch.

Dass die Höchstbestandregelung in der Tierhaltung abgeschafft werden soll, wird vor allem vom Schweizer Tierschutz STS schart kritisiert. Damit werde auch hierzulande Tierfabriken nach ausländischem Vorbild Vorschub geleistet.

Auch die Vereinigung Schweizer Biolandbau-Organisationen Bio Suisse teilt diese Ansicht und reagiert enttäuscht auf das Massnahmenpaket. Sie kritisieren zudem, dass die geplante Marke „Swissness“ gentechnisch veränderte Produkte nicht ausschliesst und dass mit dem neuen Konzept eine qualitative Weiterentwicklung unmöglich.

Die Konsumentenorganisationen acsi, FCR und SKS lehnen den Bericht der Arbeitsgruppe ab. Dieser Schlage unzählige strukturerhaltende Massnahmen vor, die keinen Beitrag zur Qualität brächten, sondern nur sehr hohe Steuerausgaben.

Bäuerliche Skepsis

Der Schweizerische Bauernverband (SBV) bezeichnet die Palette an Massnahmenvorschlägen der Arbeitsgruppe des Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartements (EVD) als umfassend, aber noch unausgereift. In Detailfragen und insbesondere bei der Finanzierung sehe der SBV noch Handlungsbedarf.

Positiv zum Massnahmenpaket äussern sich das Konsumentenforum (kf) und die Schweizer Milchproduzenten (SMP). Die SMP sieht einige von ihnen eingebrachte Punkte – wie beispielsweise die Forderung nach der Kompensation für die Lagerentwertung – im Massnahmenplan berücksichtigt, so ihre Medienmitteilung vom 8. Juli. Es sei dringend nötig, die Landwirtschaftsbetriebe durch umfassende Begleitmassnahmen zu unterstützen, denn die Landwirtschaft sei die am stärksten betroffene Branche, heisst es weiter.

Die SMP unterstütze sämtliche Massnahmen, die die Bauernfamilien vom wirtschaftlich hohen Druck entlaste. Die weiteren Verhandlungen werde sie aber weiterhin kritisch verfolgen.

Das Konsumentenforum zeigt sich erfreut über die Vorschläge der Arbeitsgruppe des EVD. Im Hinblick auf die Zukunft stehe für das kf eine transparente Umsetzung, die Beibehaltung der hohen Qualitäts- und Produktionsstandards, die Deklaration und Auslobung der Swissness und die Anpassung der Konsumentenrechte an jene der EU im Zentrum. (Text: LID)