Stärkung für offenere Grenzen
Mit einem Strauss aus 80 Massnahmen soll ein allfälliges Agrarfreihandelsabkommen mit der EU abgefedert werden. Der Bund wirkt dabei nur unterstützend. Viele Massnahmen richten sich an die Wertschöpfungskette selber.
Mit Hilfe eines Katalogs, der 80 Massnahmen umfasst, sollen die Folgen eines allfälligen Freihandelsabkommens mit der EU im Lebensmittel- und Agrarbereich begleitet werden. Eine 20-köpfige Gruppe, bestehend aus Vertretern der gesamten Wertschöpfungskette und der Kantone, hat ihn während eines Jahres ausgearbeitet und am 8. Juli 2008 der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Massnahmen sollen
- die Stärken und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft gezielt unterstützen;
- es erlauben, die Marktposition zu sichern und auszubauen;
- mithelfen, die Standortbedingungen zu verbessern und
- dazu beitragen, den Übergang sozialverträglich zu gestalten.
Die Arbeitsgruppe legt in ihrem Bericht grossen Wert auf die Feststellung, dass die Massnahmen der gesamten Wertschöpfungskette dienen sollen.
Mit Qualität punkten
Zur Unterstützung der Wettbewerbsfähigkeit hat die Arbeitsgruppe eine Qualitätsstrategie erarbeitet. Schweizer Lebensmittel sollen qualitätsführend sein. Anforderungen dafür sind eine nachhaltige Landwirtschaft sowie die Einhaltung der Bestimmungen für die Lebensmittelsicherheit und der Umweltverträglichkeit bei der Verarbeitung und der Verteilung der Produkte.
Bedeutend ist dabei, die besondere Qualität der Schweizer Produkte hervorheben zu können. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, den Begriff «Swissness» rechtlich abzusichern. Schweizer Qualitätsprodukte sollen sich künftig durch eine einheitliche Kennzeichnung identifizieren lassen, sei es durch ein Schweizer Kreuz oder durch das Schweizer Wappen (vergleichbar mit «Schweiz.Natürlich» in gewissen Bereichen). Darüber hinaus ist geplant, zusätzliche Attribute wie AOC, Bio oder gentechfreie Produktion gesondert zu kennzeichnen.
An der dafür nötigen Optimierung und Absicherung der betrieblichen Produktionssysteme soll sich der Bund künftig finanziell beteiligen. Zwar existiert ein entsprechender Gesetzesartikel bereits, er wurde bislang aber nicht umgesetzt. Dieser Passus zielt vorwiegend auf die Landwirtschaft, könnte allenfalls aber auch auf die erste Verarbeitungsstufe ausgeweitet werden.
Auch die Forschungsinstitutionen sollen sich an der Qualitätsstrategie beteiligen. Geplant ist, Fragen der Land- und Ernährungswirtschaft mehr Gewicht einzuräumen. Bund und Kantone könnten sich beispielsweise über entsprechende Forschungsprogramme, aber auch durch grössere personelle und finanzielle Ressourcen daran beteiligen. Aber auch die Plattformen Food for Life und Swiss Food Research, die den Dialog zwischen Forschungsinstitutionen und Unternehmen fördern sollen, lehnen sich bereits an diese Zielsetzung an.
Gestärkte Absatzförderung
Um die Marktposition auszubauen oder zumindest zu sichern, schlägt die Arbeitsgruppe vor, die Absatzförderung zu stärken. Im Visier der Gruppe ist unter anderem ein gemeinsamer Auftritt der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft. Dazu müsse die Organisation gestrafft und mit neuen Aufgaben ausgestattet werden. Analog der Dienstleistungen, die die Osec anbietet, soll die Wertschöpfungskette unter anderem im Aufbau von Exportmärkten unterstützt werden. Die Kosten dieses Dienstleistungsangebots müssten zwischen Bund und Privatakteuren aufgeteilt werden.
Eine zentrale Stelle für Markttransparenz hätte zudem die Aufgabe, Daten über Produktion, Import, Export sowie über Produzenten- und Konsumentenpreise aufzubereiten und den Interessierten zur Verfügung zu stellen.
Die Arbeitsgruppe beabsichtigt zudem, den Abbau von Handelshemmnissen, wie sie beispielsweise bei Wurstwaren existieren, voranzutreiben. Gleichzeitig soll eine Marktintervention bei Acker-, Fleisch- und Milchprodukten analog derjenigen der EU geschaffen werden. Mit ihrer Hilfe soll die Schweiz bei Überschusssituationen dieselben Möglichkeiten zur Entlastung der Märkte erhalten, wie sie die EU kennt.
Kleinere Standortnachteile dank Investitionshilfe
Zur Eindämmung der Standortnachteile macht die Arbeitsgruppe einen Vorschlag, der von den Verarbeitern wiederholt geäussert wurde: Auch sie sollen künftig von Investitionsbeihilfen profitieren können. Das Förderkonzept soll aus einer Mischung aus A-fonds-perdu-Beiträgen und Investitionskrediten bestehen. Mit einer Entlastung von gewissen Steuern soll der Standortnachteil zusätzlich eingedämmt werden können.
Als temporäre Übergangsmassnahme sieht die Arbeitsgruppe vor, Einbussen, die durch den Wertverlust von Lagern, aber auch bei Gebäuden, Maschinen und Einrichtungen entstehen, zu kompensieren.
Im Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement werden die Vorschläge in den nächsten Wochen intern analysiert, um sie anschliessend dem Parlament vorlegen zu können. Für den Herbst plant Bundesrätin Doris Leuthard, die betroffenen Organisationen zu Gesprächen zum Bericht und über das weitere Vorgehen einzuladen.