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Langzeitbebrütung ist eine Alternative

Die Langzeitbebrütung von Joghurt ist besonders für kleinere bis mittlere Betriebe eine praktische Option. Agroscope ALP hat Handelskulturen auf ihre Eignung für die Langzeitbebrütung getestet – mit positiven Resultaten.

von Alimenta Import

Die Langzeitbebrütung wirkt sich generell weniger stark auf die Joghurtqualität aus als erwartet. Das zeigt eine Untersuchung der Forschungsanstalt Agroscope ALP. Die Joghurts weisen zwar eine leicht höhere Viskosität auf, hingegen bleiben die Auswirkungen auf das Strepto­kokken-Laktobazillen-Verhältnis und auf dasjenige der Laktatisomere gering. Auch be­züglich Geruch und Geschmack sind keine grossen Differenzen festzustellen. Die langzeit­bebrüteten Produkte sind tendenziell milder.

Produktionsabläufe optimieren
Die Grossverteiler verlangen mehr und mehr regional produzierte Joghurts. Klein- und Mittelmolkereien kommen somit als Lieferan­ten in Frage. Die grösseren Liefermengen bedingen Anpassungen der Produktionsabläufe. Verschiedene Joghurthersteller ziehen die Einführung der Langzeitbebrütung als vorteilhafte Variante in Betracht. Grundlage für die beschriebenen Auswirkungen der Langzeit­bebrütung auf das Säuerungsverhalten und die Produkteigenschaften bilden Versuche mit traditioneller Joghurtkultur (Sc. thermophilus und Lb. bulgaricus 1:1). Diese Kulturen führen bei tieferen Bebrütungstemperaturen zu einer eher griessigen Konsistenz und zu einer Dominanz der Streptokokkenflora.

Versuche mit heutigen Joghurtkulturen

Im Versuch wurde gerührter Joghurt mit einem Fettgehalt von 3,5% und 3% Magermilchpulver in der Joghurtmilch in der ALP-Versuchsmolkerei hergestellt. Die Homo­ge­nisation erfolgte bei 65 °C mit 200 bar, die ­Er­hitzung mit 92 °C und einer Heisshaltezeit von 5 Minuten. Nach der Abkühlung auf die entsprechende Bebrütungstemperatur wurde die Joghurtmilch beimpft und bis zum pH-Wert von 4,6 bebrütet. Vor dem Abfüllen in 180-Gramm-Becher wurden die Produkte über einen Plattenkühler auf rund 25 °C gekühlt und anschliessend bei 5 °C gelagert. Es gelangten je zwei Kulturen von Hansen und Danisco zum Einsatz (siehe Tabelle). Die
Bebrütungstemperatur bei der Langzeitbe­brütung wurde auf 32 °C festgelegt.

Kleinere Nachsäuerungsgefahr

Im Versuch schwankten die Bebrütungszeiten bei einem pH-Wert bis 4,6 zwischen 4,6 und 7,1 für die Kurzzeit- und 14,5 bis 16 Stunden für die Langzeitbebrütung (LZ). Am späten Nachmittag angeimpfte Milch kann mit tiefer Bebrütungstemperatur am nächsten Morgen gekühlt und abgefüllt werden. Zudem ist die Gefahr der Nachsäuerung während der Abfüllung geringer als bei Kurzzeitbebrütung.
Die Kultur Danisco YO Mix 401 wies deutlich weniger Laktobazillen auf als die drei anderen Kulturen (siehe Grafik oben links). Die tiefere Bebrütungstemperatur benachteiligte mit Ausnahme der Kultur Danisco YO 601 das Wachstum der Laktobazillen. Die Auswirkun­gen der Langzeitbebrütung auf die Mikroflora waren jedoch geringer als erwartet.
Die nach einer Woche bestimmten Laktat­werte bestätigen die Unterschiede zwischen den eingesetzten Kulturen (siehe Grafik oben rechts). Die Kultur Danisco YO 401 bildete ausschliesslich L(+)-Laktat, aber auch die drei anderen Kulturen bildeten deutlich mehr L(+)- als D(-)-Laktat. Alle eingesetzten Kulturen können somit als «milde Kulturen» ­bezeichnet werden. Das Verhältnis vorschob sich bei tiefer Bebrütungstemperatur nicht wie erwartet deutlich in Richtung L(+)-Laktat. Die in den heutigen Handelskulturen ein­gesetzten Streptokokken und Laktobazillen scheinen sich im Temperaturoptimum weniger zu unterscheiden als die alten traditionellen Stämme.
Die sensorische Beurteilung ergab eine leicht festere Konsistenz der langzeitbebrüteten Produkte, was durch die rheologischen Messungen bestätigt wurde (höhere Fliessgrenze). In Abhängigkeit der eingesetzten Kultur unterschied sich die Fliessgrenze der Produkte (siehe Grafik unten). Die Fliessgrenze der mit tiefen Temperaturen lang bebrüteten Produkte war durchwegs höher als bei den kurz bebrüteten. Während der Lagerung stieg die Fliessgrenze bei allen Joghurts an. Die Erhöhung der Fliessgrenze nach drei Wochen Lagerung war bei den lang bebrüteten Produkten ausgeprägter als nach der Kurzzeitbebrütung.
Die Resultate der Bestimmungen von Acetaldehyd und Diacetyl zeigten keinen klar gerichteten Einfluss der Bebrütungszeit bei sämtlichen Kulturen. Die Kultur Danisco YO Mix 601 bildete bei Langzeitbebrütung mehr Acetaldehyd als bei kurzer Bebrütungszeit.
Die durch die Sensoriker beurteilten Geschmacksunterschiede zwischen kurz und lang bebrüteten Produkten waren gering. Die mit tiefer Temperatur lange bebrüteten Produkte waren tendenziell milder.

Zusammenfassung

Die vier im Versuch verwendeten Kulturen wiesen deutliche Unterschiede im Strepto­kokken-Laktobazillen-Verhältnis auf. Die Langzeitbebrütung hatte generell weniger Auswirkungen als erwartet auf die Produkt­eigenschaften. Die langzeitbebrüteten Produkte wiesen eine leicht höhere Viskosität auf. Hingegen blieben die Auswirkungen auf das Streptokokken-Laktobazillen-Verhältnis und dasjenige der Laktatisomere gering. Auch bezüglich Geruch und Geschmack waren keine grossen Differenzen festzustellen. Die langzeitbebrüteten Produkte waren tendenziell milder.
Um Produktionsabläufe zu optimieren, kann die Langzeitbebrütung gegenüber der Kurzzeitbebrütung als Alternative empfohlen werden.

*Die Autoren arbeiten an der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux (ALP).