Datum:

Honig – das süsse Gold

Ob für den Privatkonsum oder verarbeitet zu Toblerone und Basler Läckerli; Honig hat einen hohen Stellenwert in der Schweizer Lebensmittelwirtschaft. Entsprechend bedeutend ist die Prüfung der Qualität.

von Alimenta Import

Sie nimmt ein Glas, begutachtet dessen Inhalt und wirft einen Blick auf die Etikette: Gibt es keine widerrechtliche Auslobung? Ist klar ersichtlich, um welche Sorte es sich handelt und woher sie stammt? Ist das Haltbarkeitsdatum vermerkt? Bevor Edith Beutler das Glas öffnet, untersucht sie, ob der Deckel vollständig verschlossen ist.

Edith Beutler ist Sensorikerin an der Forschungsanstalt Agroscope ALP in Liebefeld BE. Sie ist Teil einer Gruppe von 20 Sensorik- und Honigfachleuten, die jeweils im Spätsommer im Dreierteam die eingegangenen Proben für die Olma-Honigprämierung untersucht und bewertet. Die besten Honige werden am 12. Oktober in St. Gallen ausgezeichnet. Um sicher zu gehen, dass sämtliche Proben mit denselben Ellen gemessen werden, wird an der Forschungsanstalt fleissig geübt. Regelmässig trifft sich die Gruppe der Honigdegustanten zu einem Ringtest. Dort werden die Sinne aufeinander abgestimmt.

Nach dem Öffnen des Glases wird der Deckel kontrolliert: Ist er neu? Weitere äusse­re Merkmale folgen: Ist an der Oberfläche Schaum oder eine wässrige Schicht zu finden? Gibt es Luftblasen – oder gar Verunreinigungen?

Anspruchsvoll zu degustieren
Ein honigtypischer Geruch zeichnet einen ­guten Honig aus, so steht es auf dem Beur­teilungsbogen. Honigtypisch sollte auch der Geschmack sein. Edith Beutler taucht ein ­Plas­tikstäbchen in das Glas und zieht es sogleich wieder mit etwas Honig heraus, um ihn zu degustieren. «In diesem Fall ist nichts ­Aussergewöhnliches auszumachen», meint sie und notiert fünf von fünf möglichen Punkten auf dem Bogen.

Die Degustation von Honig ist anspruchsvoll. Durch die Süsse werde der Mund rasch taub, was die Identifizierung von Eigen- und Fremdgeschmack erschwere, erzählt die Sensorikerin. Regelmässig einen Schluck Hagebuttentee erhält den Mund der Degustanten frisch und ihre Urteile objektiv.

Der für die Olma-Prämierung degustierte Honig wird von den Imkern direkt oder in Spezialitätenläden verkauft, so wie der grösste Teil des in der Schweiz produzierten Honigs. Mit durchschnittlich 10 bis 20 Völkern gehören die Schweizer Imker nicht zu den Grossen. Jährlich werden rund 7000 Tonnen importiert, um den Bedarf von gegen 10?000 Tonnen decken zu können.

Importiert wird aus Lateinamerika
Honig degustiert wird auch bei der Firma Narimpex in Biel, dem grössten Honigverarbeiter der Schweiz. Im hauseigenen Senso­rik­labor wird jeder eingehende Posten untersucht. Neben dem Qualitätsaspekt geht es ­darum, Geschmacksnuancen genau zu beschreiben. Anhand der Beschreibungen lassen sich beispielsweise die Rezepturen der verschiedenen Mischungen anpassen, sodass ­diese immer etwa gleich schmecken. Auch die Inhaltsstoffe werden bei jedem eingehenden Posten untersucht. Narimpex importiert ­jährlich 5000 Tonnen Honig – vorwiegend aus Süd- und Mittelamerika. Ein grosser Teil stammt aus Mexiko.

Grösster Honigproduzent ist China. Rund 303?000 Tonnen jährlich ernten die Imker dort. Der Abstand zu den nächst kleineren Honignationen ist immens: Auf Rang 2 folgt Argentinien mit gut 80?000 Tonnen, vor der Türkei mit 75?000 Tonnen. Mexiko liegt auf Rang 6 mit 55?000 Tonnen.

Bei Narimpex kümmert sich einer der beiden Firmenchefs, Heinrich Grünig, persönlich um den Einkauf. Vor Ort entscheidet er, ob ein Imker den Anforderungen der Firma gerecht wird und in das Lieferantenteam aufgenommen wird. Die Besuche bei den bestehenden Lieferanten schaffen Vertrauen – sei es bei den Imkern in Übersee oder den Kunden in der Schweiz.

Die Länder Süd- und Mittelamerikas sind beliebt, weil dort eine mit der Schweiz vergleichbare Imkerkultur herrsche, sagt Franziska Balmer von Narimpex. Im Gegensatz zur Schweiz, wo es nur ein knappes Dutzend Berufsimker gibt, sind sie in Übersee viel verbreiteter. Entsprechend mehr Völker werden pro Betrieb gehalten und entsprechend grössere Posten können beim selben Produzenten eingekauft werden. Hinzu kommt, dass in vielen Regionen Lateinamerikas die Vege­tationszeit länger ist als in der Schweiz, was dazu führt, dass pro Bienenvolk mehr Honig ­geerntet wird.

Diese Umstände sind Teil der Erklärung, weshalb dieser Honig mit gut 4 Franken pro Kilo drei bis vier Mal billiger angeboten wird als derjenige aus der Schweiz.

Industrie braucht kräftigen Honig

1500 der 5000 Tonnen Honig, die Narimpex importiert, werden für den Detailhandel und den Gastrokanal aufbereitet und dort verkauft. Weitere 1000 Tonnen werden ebenfalls in Gläser oder Dosen abgefüllt und ins Ausland verkauft. Die restlichen 2500 Tonnen nimmt die Nahrungsmittelindustrie ab. «Die industriellen Verarbeiter bevorzugen kräftige Sorten, damit der Honiggeschmack auch wirklich zur Geltung kommt», stellt Franziska Balmer fest.

Honig ist ein wesentlicher Bestandteil von typisch schweizerischen Produkten wie Toblerone oder Basler Läckerli. Auch die Innerschweizer Firma Hug führt einige Biskuitsorten, die viel Honig enthalten, in ihrem Sortiment. In den Willisauer Ringli, Läckerli und Co. hat Hug im letzten Jahr 55 Tonnen Honig verarbeitet. Wernli, der Biskuithersteller, der seit 2008 zu Hug gehört, gegen 6 Tonnen.

Bei Hug setzt man auf eine helle und vor allem auf eine möglichst konstante Honig­qualität. Schwankungen liessen sich aber bei einem Naturprodukt nicht ganz ausschliessen, sagt Andreas Hug, Vorsitzender der Geschäftsleitung. «Dank dem, dass die Herkunft des Honigs, den wir verarbeiten, gleich bleibt, lassen sich Abweichungen im Geschmack des Gebäcks weitgehend vermeiden.»

Kastanie oder Lavendel?

Durchschnittlich verzehren Herr und Frau Schweizer jährlich 1,6 Kilo Honig, nur die Griechen liegen mit 1,8 Kilo etwas höher. Für den Privatkonsum wird hauptsächlich direkt beim Imker eingekauft – der sehr beliebte, kräf­tige Waldhonig vor allem, teilweise aber auch Blütenhonig. Seit einigen Jahren zeigt sich ein Trend zum Sortenhonig, Lavendel oder Kastanie, den es übrigens auch aus Tes­siner Produktion gibt. Sie besetzen aber ­lediglich eine Nische im Honigmarkt. Denn Sorten­honig ist teurer als gewöhnlicher ­Blütenhonig und eine Frage des individuellen ­Geschmacks.