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Die Branche ist einen Schritt weiter

Der Richtpreis beträgt im nächsten Quartal 62 Rappen pro Kilo Milch, der Buttermarkt wird saniert und ein System der Mengenführung wird konkretisiert – diese drei Beschlüsse hat die Branchenorganisation Milch gefasst.

von Alimenta Import

Lang und zäh waren die Diskussionen, die der Vorstand der Branchenorganisation (BO) Milch am letzten Freitag geführt hat. Schliesslich beschloss er, den Richtpreis für Molkereimilch für die Monate Oktober bis Dezember gegenüber dem dritten Quartal um 0,4 auf 62 Rappen pro Kilo Milch (franko Rampe Verarbeiter exklusiv Mehrwertsteuer) anzuheben. Weiter will er mit einer Marktabräumungsaktion die vollen Butterlager leeren. Und er sprach sich dafür aus, ein Mengenführungssystem einzuführen.
 
Der Richtpreis wird leicht erhöht
Der im Sommer eingeführte Richtpreis für Molkereimilch wurde vor allem aufgrund der verbesserten Aussichten auf den internationalen Märkten angehoben. Besonders die Milchpulverpreise haben in den letzten Wochen angezogen.

Die Verarbeiter-Vertreter im Vorstand sind zufrieden mit dem Resultat: «Mit dem Entscheid hat der BO-Vorstand bewiesen, dass das System praxistauglich ist», sagt Jacques Gygax, Direktor von Fromarte. Ähnlich sieht es Michel Pellaux, Generalsekretär des Westschweizer Milchverarbeiters Cremo. Er kann sich aber vorstellen, in Zukunft anstelle eines Richtpreises ein Preisband festzulegen.? ?Altlasten müssen weg?Im Vergleich zu den Vorjahren sind die Butterlager rund 3500 Tonnen zu gross.

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Selbst die Entlastungsaktion der ersten Jahreshälfte schaffte es nicht, sie auf die gewünschte Dimension zu reduzieren. Mitte September hat Bundesrätin Doris Leuthard an einer Anhörung von Landwirtschaftsparlamentariern und einigen Branchenvertretern in Aussicht gestellt, dass der Bund erneut mithelfen könnte, den Markt zu bereinigen. Dafür setzt sie voraus, dass sich die Branche «substanziell» an der Abräumungsaktion beteiligt. Die BO hat sich nun dazu durchgerungen.

Die Aktion wird 20,5 Mio. Franken kosten. Der Bund dürfte 4,5 Mio. Franken aus dem Saldo des Butterimportfonds beisteuern. Die verbleibenden 16 Mio. Franken teilen sich Verarbeiter und Milchproduzenten.

Zur Finanzierung werden die Verarbeiter die bestehende Abgabe von 1 Franken pro Kilo Fett auf Industrie- und Sammelrahm, der verbuttert wird, so lange erheben, bis 8 Mio. in der Kasse liegen. Dies wird wahrscheinlich im Juli 2010 der Fall sein wird. Ursprünglich war geplant, die Abgabe bis Ende März 2010 zu erheben. Die Milchproduzenten werden einen Rappen pro Kilo produzierter Milch ebenfalls vier Monate länger einziehen als geplant, das heisst bis Ende April 2010.

Wenig Freude an diesem Entscheid hat Cremo. In ihren Kühllagern liegt der grösste Teil der überschüssigen 3500 Tonnen Butter. «Mit dieser Regelung müssen wir quasi alleine für den Verarbeiter-Anteil aufkommen», meint Michel Pellaux.? ?Der Kern des Marktes?Das System der Mengenführung ist der eigentliche Kern der Nachkontingentszeit. Bislang gab es unzählige Forderungen, aber kaum Aussicht auf einen Konsens. Die Vorstandsmitglieder einigten sich auf ein dreistufiges Marktmodell mit Vertrags-, Börsen- und Abräumungsmilch.

Für die Vertragsmilch müssen Verträge von mindestens einem Jahr abgeschlossen werden und zwar nicht nur zwischen Produzent und Milchkäufer, wie dies der Bund vorschreibt, sondern neu auch zwischen Erstmilchkäufer und Verarbeiter. Dies sei ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz, sagt BO-Milch-Projektleiter Martin Rufer gegenüber «Alimenta».

Existiert kein Vertrag über mindestens ein Jahr, muss die Milch an der Börse gehandelt werden. Kommt es zu grossen Überschüssen, wird ein Teil der Milch aus dem Inlandmarkt entfernt und ausserhalb Europas zum Weltmarktpreis verkauft. Entscheidet sich der BO-Vorstand definitiv für dieses Modell, ist nicht auszuschliessen, dass beim Bund ein Gesuch um Allgemeinverbindlichkeit eingereicht wird.

Den Details dieses Modells widmet sich eine Arbeitsgruppe. Ihr Bericht wird Mitte Oktober erwartet. Der Fromarte-Direktor Gygax ist erfreut über den Entscheid, dieses Modell weiter zu verfolgen. Es sei marktorientiert und fortschrittlich.? ?

Die neuen Ideen?
Der Vorstand hat zusätzlich beschlossen, eine Abstufung der Verkäsungszulage zu prüfen. Demnach sollen Vollfettkäse stärker vom Bundesgeld profitieren als Magerkäse. Gleichzeitig soll der Fettgehalt für Konsummilch wieder erhöht werden. Dies nachdem er im letzten Jahr an das EU-Lebensmittelgesetz angepasst wurde. Alleine dadurch liesse sich der Butteranfall um 3000 Tonnen reduzieren. «Fragt sich nur, ob das zuständige Bundesamt für Gesundheit dieser Massnahmen zustimmen wird», meint Michel Pellaux.