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Für Nahrungsmittel immer öfter

Die Lebensmittelindustrie wirbt am meisten mit Swissness. Die Sichtbarkeit ist dort am grössten. Margendruck und steigende Rohstoffpreise werden zur Herausforderung für die Produktion von «Heile-Welt-Produkten».

von Alimenta Import

«Eine Rolex kauft man nur einmal im Leben, Essen täglich», sagt ­Oscar Kambly, Verwaltungsratspräsident des Biskuit-Herstellers Kambly in Trubschachen. Die Marke Schweiz steht für Premium, ob für Lebensmittel oder Maschinen. Doch für «schnell drehende Konsumgüter» wie Lebensmittel, ist die Sichtbarkeit der Herkunft natürlich grösser. Deutsche Maschinen gelten gemäss Kambly genauso zuverlässig wie schweizerische. Doch für Schweizer Nahrungsmittel stehen zusätzlich zur Premium-Qualität auch Sympathie für das kleine, schöne Land und dessen intakte Natur, für eine heile Welt. Nebst dem Herstellungsort sind die Gesinnung und die Werte einer Unternehmung für die Konsumenten zunehmend entscheidend. Für Kambly ist es seit 99 Jahren selbstverständlich, die Rohstoffe soweit wie möglich in der Region und im Inland zu beschaffen. Für das «Bretzeli» stammen die Butter aus der ­Käserei Trubschachen und das Mehl aus der dort ansässigen Mühle.

Alles nur Psychologie?

Doch das Schweizer Kreuz auf rotem Grund hat im Gegensatz zu internationalen Marken wie Coca-Cola, das auf einen ungefähren Markenwert von 70 Mrd. Dollar kommt, keinen Wert. «Die Marke Schweiz hat ‹nur› einen psychologischen Markenwert», sagt Marktforscher Marco Fuhrer von Fuhrer und Hotz. Doch dieser beeinflusst aber den Konsumen­ten in seiner Markenwahl. Gerade bei Nahrungsmitteln reagiert der Konsument sensibel, manchmal fast heikel. Denn das Vertrauen
ist mit allen Lebensmittelskandalen immer ­wichtiger geworden. Skandale sind bisher von Schweizer Produkten ferngeblieben.

Der Druck nimmt zu
«Der grosse Eklat könnte aber durch den momentan grossen Margendruck nicht mehr lange ausbleiben», warnt Fuhrer. Plötzlich greift der eine oder andere Hersteller zu unerlaubten Mitteln. Der Hersteller wird aber nicht nur von vorne an der Preisfront in die Zange genommen. Auch die Rohstoffpreise bewegen sich nach der Entspannung seit ein paar ­Monaten wieder nach oben. «Die Rohstoffpreise sind gar nicht mehr weit von der letzten Hausse wie im Jahre 2007 entfernt», sagt ­Research-Analyst Olivier P. Müller von Credit Suisse. Gleichzeitig kommen politische Vor­gaben, wie die 80%-Rohstoffregelung, auf Nahrungsmittelhersteller zu. Und der Kampf gegen weltweite Produzenten, die mit Schweiz werben, wo keine drin ist, ist eine ständige Herausforderung. Ist nun also das Glück im Export zu suchen? Diese haben aber gelitten, besonders in EU-Ländern und den USA, wo 70% der Schweizer Exporte hingehen. Nahrungsmittel hielten sich am besten, obwohl sie in der Periode von Januar bis September 2009 um 1% gesunken sind (Vorjahresperiode Anstieg um 21%). Laut Patrick Djizmedjian von Osec verhalten sich momentan viele Schweizer KMU defensiv und würden sich auf risiko­ärmere Exportmärkte beschränken, wie die Nachbarländer der Schweiz. Gleichzeitig mehren sich Anfragen von Herstellern, die neue Trends nicht verschlafen wollen. Denn gerade in der Krise gibt es auch Chancen. Schliesslich stützen Regierungen mit Kon­junk­turpro­gram­men den Konsum, wie beispielsweise in Euro­pa, China und den USA. Dort werden die verschiedenen Tugenden wie Qualität, Präzision, Beständigkeit und Innovation, welche die «Swissness» ausmachen, nach wie vor wahrgenommen und geschätzt.