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«Ein Wettstreit befruchtet gegenseitig»

Ist die Milchwirtschaft in unserem östlichen Nachbarland ­wettbewerbs­fähiger? Josef Braunshofer, Chef der österreichischen Berglandmilch, sieht den Wettstreit für beide Länder positiv.

von Alimenta Import

Alimenta: Die neueste EU-Vergleichsstudie besagt, dass die österreichische Molkereindustrie eine der kompetitivsten in Europa ist. Was sind die Gründe?
Josef Braunshofer: Ich relativiere jede ­Studie. Man muss diese immer sehr kritisch anschauen. Ich denke, dass die Wahrheit in der Mitte liegt.

Österreich wird in der Schweiz, gerade was den Käseexport anbelangt, vielfach als Beispiel ­aufgeführt. Was machen die österreichischen Molkereien besser als die Schweizer?
Ich würde es als vermessen bezeichnen, die österreichische Milchwirtschaft als besser zu bezeichnen. Beide Länder strengen sich an, gute Produkte herzustellen und auf den Markt zu bringen. Aber klar, es ist ein guter Wettstreit, der gegenseitig befruchtet. Jedoch sind es nicht nur die Österreicher und die Schweizer. In Europa gibt es viele ­Länder, die guten Käse produzieren. Jeder muss schauen, dass er sich mit seinen Produkten abgrenzt und Käufer findet.

Wie beurteilen Sie denn die Schweizer Molkerei­wirtschaft
?
Ich schaue mit grossem Respekt auf Schweizer Molkereien. Beispielsweise auf deren ­Innovationsfreudigkeit.

Berglandmilch ist mit 691,7 Millionen Euro Umsatz die grösste Molkerei Österreichs. Be­deutet dies eine besondere Verantwortung für die österreichische Milchwirtschaft?
Es bedeutet vor allem täglich viel Arbeit, viel Milch und eine hohe Erwartungshaltung der Eigentümer. Natürlich auch viel Freude am Beruf.

Wem gehört die Berglandmilch?
Sie gehört ausschliesslich Bauern; 12?640 Milch­produzenten.

Sie erhöhten in der letzten Zeit den Erzeugermilchpreis, wie die meisten österreichischen Molkereien. Andere Molkereien in Österreich haben diesen gesenkt.

Dies muss jede Molkerei für sich selber entscheiden und sich fragen: «Was kann ich maximal bezahlen?» Dieser Preis wird auch ausbezahlt. Generell sind die Milchpreise seit zwei Jahren unter Druck. Das spüren vor allem die Bauern. Gerade als Genossenschaft sind wir interessiert, einen «guten» Milchpreis zu zahlen, damit die Milchlieferanten der Molkerei treu bleiben. Aktuell zahlen wir netto 29,25 Cents/kg, bei einer Jahresanlieferung von 70?000 kg. Bei einem europäischen Milchpreisvergleich wird von 500?000 kg im Jahr ausgegangen. Daraus würde sich ein Nettobetrag von 29,88 Cents/kg ­ergeben.
Ihr Unternehmen ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Seit 1995 sind immer weitere Käsereien zum Unternehmen gestossen. Dieses Jahr auch die Molkerei Landfrisch. Wie verläuft diese Absorption?
Wir sind im Plan. Die letzten Schritte der Integration werden auf Jahresende fertig sein.

Prallen nicht verschiedene Kulturen aufeinander?
Natürlich. Aber hier ist es wichtig wie man miteinander umgeht. Klar, es gibt Reibungspunkte, doch die sind auch in einem bestehenden Unternehmen vorhanden.

Mussten Sie schon Betriebe schliessen?

Momentan planen wir keine Werkschliessungen. Doch wir mussten auch schon ein Werk für die Milchproduktion schliessen, konnten aber dessen Produktion in eine
andere Richtung lenken. Diese Aufgaben gehören zum Job eines Geschäftsführers.

Wie beurteilen Sie die momentane wirtschaftliche Lage und die Aussichten?
Spannend.

Das tönt nicht sehr optimistisch.
Im Moment wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Die Milchwirtschaft steht ­unter Druck. Die Konsumenten drehen den Euro ein paar Mal mehr um, bevor sie ihn ausgeben. Diese Zeit wird sich so schnell nicht ändern. Die Zeit, in der sich der Konsument sagte, jetzt gönn ich mir etwas mehr, wird so schnell nicht kommen. Vor dem, der die Lage anders beurteilt, habe ich
grössten Respekt.

Wo sehen Sie für Ihr Unternehmen das grösste Potenzial? Wohin führen Sie die Produkt­ent­wicklung?

Entscheidend ist, dass wir Innovationen bringen, die bei den Konsumenten auch ­ankommen. Eine gelungene Innovation ist beispielsweise das Joghurt-Topfennockerl, ein fixfertiges Dessert. Weiter gehören ­zudem unsere Käsescheiben oder einige ­unserer Milchmischgetränke dazu.

Die österreichische Milchwirtschaft ist stark auf den deutschen Markt ausgerichtet. Dort herrscht jedoch die Discounter-Manie.

Meiner Meinung nach muss man sich dies, ob für das Discountsortiment produziert werden soll, sehr genau anschauen, und man muss sehr selektiv vorgehen.

Was heisst das?
Mit welchen Produktegruppen muss man, kann man oder macht es Sinn, im Regal eines Discounters dabei zu sein? Das muss jeder für sich anschauen, was mit welchen Preisniveaus vernünftig machbar ist.

Sie beliefern auch Aldi und Lidl?

Ja, mit bestimmten Produkten, nicht mit ­allen.
Interview: Hans Peter Schneider