Marketingeinsatz im Simulator
16 Studierende im Studiengang Food Science & Management der SHL übten in einem Planspielseminar die Rolle von Marketingverantwortlichen und erhielten Einblicke in die Lebensmitteltradition der Emilia-Romagna.
Kein Pilot wird den Platz im Cockpit eines Flugzeugs einnehmen, bevor er nicht zahlreiche Stunden im Flugsimulator verbracht hat. Dieser Ansatz, theoretisches Wissen in möglichst realitätsnahen Situationen anwenden und üben zu können, ohne dass Fehlentscheidungen zu katastrophalen Folgen führen, wird in Form von Unternehmens-Planspielen längst auch in der Ausbildung von Führungskräften angewendet.
Im Rahmen des Bachelor-Studiengangs Food Science & Management an der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL) in Zollikofen besuchen die Studierenden der betriebswirtschaftlichen Vertiefungsrichtungen im 6. Semester ein Planspiel-Seminar mit Ausrichtung auf Marketing und Produktmanagement. Die Teilnehmer übernehmen dabei in Gruppen die Rolle der Marketing-Abteilungen von fünf konkurrierenden Unternehmen. Ihre zentrale Aufgabe besteht in der zielgruppengerechten Positionierung von Produkten und dem erfolgreichen Einsatz von Verkaufs- und Kommunikationsinstrumenten.
Sie geben Marktforschungsstudien in Auftrag, um Informationen über die verschiedenen Marktteilnehmer zu erhalten. Darauf basierend lassen sie durch die Entwicklungsabteilung Produkte entwickeln, welche den Bedürfnissen der Zielgruppen möglichst gut entsprechen sollen. Sie definieren Verkaufspreise, Kommunikationsmassnahmen wie Werbung und Verkaufsförderung sowie Margen und Provisionen der Absatzkanäle. Nach jeder Spielrunde, welche jeweils einem Geschäftsjahr entspricht, erhalten die Teilnehmer eine direkte Rückmeldung über den Erfolg ihrer Entscheidungen in Form von Umsatz- und Absatzzahlen, Meldungen zu Lagerbeständen, Lieferengpässen und dem Stand der laufenden Produktentwicklungsprojekte. Die Zielsetzung besteht für jede Gruppe darin, am Ende des sechs bis sieben Runden umfassenden Spiels für ihre Unternehmung den höchsten Deckungsbeitrag erwirtschaftet zu haben.
Das zentrale Lernziel dieses Planspiel-Seminars besteht in der Förderung des vernetzten Denkens. Dies zeigt sich in den Kommentaren der Teilnehmenden: «Plötzlich wurde mir klar, was die in der Theorie so oft gehörte Bedeutung eines stimmigen Marketing-Mixes tatsächlich bedeutet.» – «Ein eigenes Konzept zu entwickeln war ja nicht so schwierig – bloss wurde es immer wieder von den Aktivitäten unserer Konkurrenten durchkreuzt, welche wir nicht vorhersehen konnten.» – «Die Zeit für die Entscheidungen war immer sehr knapp; wir haben gemerkt, dass wir nur Erfolg haben können, wenn wir die verschiedenen Aufgaben sinnvoll auf die Gruppenmitglieder aufteilen.»
Um neben der Unternehmenssimulation auch die reale Welt der Lebensmittel nicht zu kurz kommen zu lassen, wurde das Seminar dieses Jahr in der Region Emilia-Romagna, nicht von ungefähr auch «Bauch Italiens» genannt, durchgeführt. Die Arbeit im Seminarraum konnte mit spannenden Einblicken in die Herstellung der berühmten regionalen Spezialitäten wie Prosciutto di Parma oder Aceto di Modena ergänzt werden, und auch ein Besuch der weltweit einzigartigen Gelato University stand auf dem Programm.
*?Der Autor ist Dozent für Food Business und Marketing an der SHL in Zollikofen BE.