LMP als Sprungbrett in der Praxis
Seit 2008 wird am BZW Wädenswil der zweijährige Berufsschulunterricht für Lebensmittelpraktiker/innen (LMP) angeboten. In der Praxis präsentiert sich diese neue Ausbildung als eine bereichernde Herausforderung.
So viel vorneweg: Das Angebot einer zweijährigen Lehre im Bereich der Lebensmittelindustrie entspricht einem Bedürfnis. Nachdem der erste Jahrgang am Berufsbildungszentrum Wädenswil noch in zwei Klassen geführt worden ist, sind es 2010/11 bereits drei LMP-Klassen und im kommenden Schuljahr sogar vier. Natürlich sagt dieser quantitative Erfolg noch nichts über die Qualität der Ausbildung oder über die Perspektiven nach der Lehre aus. Auch abgeschlossene Lebensmittelpraktiker/innen starten nicht aus der Poleposition in Richtung Arbeitsmarkt.
Gezielte Fördermassnahmen
Die Struktur der LMP-Ausbildung orientiert sich am Schultyp, aus dem die meisten Lernenden stammen: den unteren Niveaus der Sekundar- bzw. der Realschule. Wie dort sind die LMP-Klassen möglichst klein gehalten; wie dort gibt es neben dem herkömmlichen Unterricht im Fachgebiet und in der Allgemeinbildung ergänzende Fördermassnahmen. So ist während der ganzen Lehrdauer eine Fachkundige individuelle Begleitung (FiB) gewährleistet. Demgegenüber steht der eigentliche Start zur LMP-Ausbildung ganz unter dem Motto «Gemeinschaft»: An einer externen Einführungswoche werden die Lernenden mit Techniken der Teambildung vertraut gemacht. So konnte der LMP-Jahrgang 2010/11 die Zusammensetzung der drei Parallelklassen weitgehend selbst bestimmen. Dabei werden neben demokratischen Mechanismen (Verhandlungskultur) auch andere gruppendynamische Vorgänge eingeübt, erfahren und erlitten.
Dessen ungeachtet findet die LMP-Ausbildung am Ende im Schulzimmer statt mit allen dazugehörigen «Gemeinheiten»: Präsenzpflicht, Prüfungen, Noten, Abschlussarbeit … Und kaum haben sich die Lernenden an die neue Herausforderung gewöhnt, stellt sich bereits die bedrohliche Frage: Was nachher? Wie weiter?
Das Ausbildungskonzept basiert auf der Idee, dass die Lernenden mit dem LMP-Abschluss in der Tasche in eine Ausbildung mit EFZ-Abschluss wechseln können. In der Praxis hat es sich indessen gezeigt, dass dieser Weg für die meisten Lebensmittelpraktiker steinig ist. Defizite im sprachlich-kommunikativen Bereich, die mit dem sozialen Umfeld («Migrationshintergrund») zu tun haben können, ziehen unweigerlich Schwierigkeiten nach sich.
Kurskorrekturen
Wie also weiter? Am BZW wird zurzeit eine 2-Weg-Strategie diskutiert. Einerseits motiviert der Zuspruch der Lehrbetriebe und auch der Lernenden, am Modell der LMP-Ausbildung festzuhalten. Andererseits versucht das BZW mit ersten Kurskorrekturen den Lernenden Frustrationen zu ersparen. Dies zum Beispiel, indem die Bedeutung der Sprachförderung künftig noch verstärkt werden soll. Oder auch, indem den Lernenden (und ihren Lehrbetrieben) von Anfang an klargemacht wird, dass die LMP-Ausbildung zwar ein gutes Sprungbrett sein kann – dass es zum «Abheben» aber unter Umständen einen etwas längeren Anlauf braucht.
*?Der Autor unterrichtet am BZW Wädenswil Allgemeinbildung.