Gesünder essen und länger leben
Die Zukunft der Ernährung liegt in der Gesundheit - und umgekehrt. Diese Überzeugung vertritt Nestlé-Präsident Peter Brabeck in seinem Buch «Ernährung für ein besseres Leben».
«In den letzten 40 Jahren war Convenience der Wertschöpfungsmotor, in den nächsten 20 Jahren werden es Produkte mit gesundheitlichem Zusatznutzen sein», schreibt Nestlé-Verwaltungsratspräsident Peter Brabeck-Letmathe in seinem Buch «Ernährung für ein besseres Leben», das im Herbst 2016 erschienen ist. Brabeck erläutert darin seine Überlegungen zur Zukunft der Ernährung und damit auch zur Zukunft von Nestlé.
«Die Revolution in der Lebensmittelproduktion wird nicht primär darin bestehen, dass wir Algen als Basis für neue pflanzliche Nahrungsmittel nehmen, dass wir Proteine aus Insekten gewinnen und auch nicht, dass wir In-vitro-Fleisch in Retorten züchten»
schreibt er. Die Revolution bestehe darin, dass die neuen Nahrungsmittel Anworten liefern würden auf die grossen Volkskrankheiten: Alzheimer, Depressionen, Diabetes, Herz-Kreislauf-Probleme und Übergewicht.
Personalisierte Nahrung
Die Zukunft laut Brabeck: Immer mehr Menschen werden ihr Genom entschlüsseln lassen, um so die eigenen Gesundheitsrisiken besser zu kennen und beispielsweise mit personalisierter Ernährung vorbeugen zu können. Die Kosten für eine Genom-Sequenzierung liege heute noch bei 1000 Dollar, in ein paar Jahren vielleicht bei zehn Dollar. Der Nutzen davon sei enorm und noch gar nicht vollständig absehbar. Darüber hinaus werde es möglich sein, das Mikrobiom, also die 100 Billionen Bakterien, die einen Menschen besiedeln (hauptsächlich im Verdauungstrakt), zu bestimmen. Die Wichtigkeit des Mikrobioms nicht nur für im engeren Sinne ernährungsbedingte Krankheiten, sondern überhaupt für die Gesundheit der Menschen zeigt sich in der Forschung immer mehr, wie Brabeck anhand von Beispielen zeigt. Als positiv wertet er auch, dass die Menschen mit «wearables», also mit kleinen internetfähigen Geräten, künftig unterschiedlichste Körperdaten wie Blutdruck, Puls, Blutzucker, Temperatur, Schlafverhalten oder sogar Kalorienverbrauch rund um die Uhr überwachen und mit Smartphone-Apps auswerten können. Diese können dann die richtigen Ernährungsempfehlungen geben.
Verantwortung von Menschen, Firmen und Politik
Dass es letztlich in der Verantwortung der Menschen selber liegt, diese Ernährungsempfehlungen auch wirklich umzusetzen, und dass es hier schon heute oft hapert, sieht auch Brabeck. Noch schwieriger wird es dadurch, dass viele Ernährungsentscheidungen vom Mikrobiom mitbeeinflusst werden: «Die Mikroben manipulieren das Verhalten des Menschen, um damit ihr eigenes Wohlbefinden zu sichern, auch wenn dies die Gesundheit des Menschen schädigt.»
Nebst einem ausführlichen Kapitel über die Verantwortung jedes Einzelnen gibt es auch ein Kapitel über die Verantwortung der Lebensmittelhersteller. Dort geht Brabeck aber vor allem auf Nestlés Produkteentwicklungen bei Baby- und Seniorennahrung ein, und es wird nicht ganz ersichtlich, ob Nestlé hier speziell Verantwortung übernimmt oder einfach eine kluge Strategie umsetzt. Brabeck selber schreibt an anderer Stelle:
«Dass Nestlé sich als ein Gesundheitskonzern positionierte, war nicht in erster Linie eine ethische Entscheidung, sondern eine geschäftliche.»
Auch über die Verantwortung der Politik schreibt Brabeck. Diese sieht er vor allem darin, dass der Staat durch geeignete Prävention die Krankheitskosten einer Volkswirtschaft im Zaum hält. Dazu gehörten Information und Bildung über Gesundheitsrisiken, nicht aber interventionistische Massnahmen wie Zuckersteuern oder ähnliches. Brabecks Buch ist ein interessanter und umfangreicher Überblick über das aktuelle Wissen zu Ernährung und Nahrungsmitteln, ergänzt mit Highlights aus Nestlés Firmengeschichte, insgesamt etwas trocken geschrieben, aber gut verständlich und lehrreich.
Peter Brabeck-Letmathe, «Ernährung für ein besseres Leben», Campus-Verlag, ISBN 978-3-593-50596-1
roland.wyss@rubmedia.ch