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Zur Rose wird Konkurrentin der Migros

Supermärkte verkaufen Produkte, die in Apotheken nur mit Fachberatung zu haben sind. Migros will mehr Heilmittel frei verkäuflich anbieten, obwohl sie auch die Apotheke Zur Rose integriert.

Medizinprodukte in der Migros. Magen-Darm-Relax (oberste Reihe, vierte und fünfte Schachtel von links) enthält den Hauptwirkstoff Simeticon, der nach Wirkstoffliste von Swissmedic gar nicht frei verkauft werden darf.

Der Kauf von Flatulex-Magen-Darm-Kautabletten in der Apotheke unterscheidet sich nicht unbedingt vom Kauf einer Packung Magen-Darm-Kapseln bei Migros. Das wird auch nicht anders sein, wenn die zweite Etappe des revidierten Heilmittelgesetzes (HMG), die noch dieses Jahr in Kraft treten soll, es den Supermärkten ermöglicht, mehr Heilmittel zu verkaufen. Die Pharmaassistentin in der Apotheke mag fragen, wozu die Arznei verwendet wird. Wer sich etwas auskennt, benötigt die professionelle Beratung bei klinisch-kompetentem Geruch zwischen Regalen von Salben und Mitteln nicht und geht zu Migros, Coop, Müller oder einem Discounter. In der Apotheke heisst das Heilmittel des Bayer Konzerns Flatulex, bei Migros Actilife Magen-Darm-Relax – das einzige Medizinprodukt im Regal und zu finden bei Nahrungsergänzung. In Deutschland gibt es Flatulex auch frei verkäuflich als Kapseln unter dem Namen Lefax. Beide Produkte enthalten als Hauptwirkstoff Simeticon. Simeticon darf aber nach Wirkstoffliste des Heilmittelinstituts Swissmedic in der Schweiz nicht frei verkauft werden. Er zählt zu den Swissmedic-Kategorien C oder D, was eine behördliche Zulassung und eine Fachberatung erfordert, auch wenn die Kategorien nur rezeptfreie Medikamente enthalten. Migros produziert die Actilife-Kapseln im eigenen Migrosbetrieb Elsa und verkauft sie legal unter der Klassifizierung «Medizinprodukt» im Supermarkt. Migros ist sich seiner Sache sicher. «Wir sind verpflichtet, bei Medizinprodukten die entsprechende Konformitätserklärung beim Hersteller zu verlangen und bei uns aufzubewahren. Deshalb können wir hier jeweils auf die Zusicherung des Herstellers vertrauen, dass es sich um ein Medizinprodukt handelt», erklärt Sprecherin Monika Bosshard. Auch Coop verkauft ein Magen-Darm-Medizinprodukt gegen Verdauungsstörungen, hergestellt von der deutschen Abtei OP Pharma GmbH. Die Kautabletten enthalten Simeticon. Dazu sagt Sprecher Ramon Gander: «Der Artikel ‹Abtei Magen Darm Kautabletten› ist ein registriertes Medizinprodukt. Die Dosierung und die Aussagen auf der Packung entsprechen den gesetzlichen Vorgaben.» Identische Produkte Im Detailhandel finden sich weitere Medizinprodukte wie Lutschtabletten gegen Husten aus Isländisch Moos, einem Wirkstoff, der in Apotheken als Hustentabletten «Lapidar 16» abgegeben wird. Swissmedic-Sprecher Lukas Jaeggi räumt ein, dass sogar identische Produkte existieren: «Ein Beispiel für ein vergleichbares Präparat, das als Arznei mit Abgabekategorie D gekauft werden kann und im Einzelhandel frei erhältlich ist, sind Brennesselblätter.» Die Einteilung hänge aber nicht nur vom Wirkstoff ab, sondern etwa auch von der Indikation, der Dosierungsempfehlung und der Anwen-dungsdauer.«Bei den Beispielen mit dem Wirkstoff Simeticon kommt dazu, dass die Wirkung rein physikalisch ist. Präparate, die als Medizinprodukte gelten, sind entsprechend verkehrsfähig, im Gegensatz zu Simeticon in Kombinationspräparaten mit anderen Wirkstoffen.» In der Praxis ist die Kategorisierung durch Experten nicht immer einfach. Lukas Jäggi erklärt: «Die Qualifizierung wird auch in Zukunft vom konkreten Einzelfall abhängen.» Laut Beipackzettel wirkt auch Flatulex rein physikalisch und wird somit vom Körper wieder ausgeschieden. Mit den Kategorisierungen beschäftigten sich die Zulassungsbehörden. In der EU und der Schweiz gelten dieselben Vorschriften. Fabian Vaucher, Präsident des Apothekerverbandes Pharmasuisse, hält dazu fest: «Gewisse Wirkstoffe können ohne Nennung einer Indikation auch als Medizinprodukte angeboten werden. Die Zulassung erfolgt aufgrund eines Antrages des Herstellers an Swissmedic.» Dazu kommt: Das Apothekenprodukt Flatulex wird laut Fabian Vaucher von der Krankenkasse bezahlt. Umkategorisierungen Rezeptfreie Medikamente machen ein Siebtel des Schweizer Medikamentenmarktes oder rund 766 Millionen Franken aus – ein gutes Geschäft für Pharmafirmen und Apotheken. Bayer erzielte im 3. Quartal mit Consumer Health und Pharmaceuticals ein Umsatzplus von 320 Mio. Franken. Davon profitieren Drogerien bisher nicht umfassend, der Einzelhandel gar nicht. 2009 klagte der Berner Drogistenverband erfolglos gegen Swissmedic. Mit der Revision des Heilmittelgesetzes ändert sich die Kategorisierung, einige Medikamente werden neu zugeordnet. Drogerien dürfen alle rezeptfreien Medikamente verkaufen und der Einzelhandel kann einige ins Sortiment aufnehmen. «Es wird sich hier aller Voraussicht nach um Stoffe handeln, die den Charakter eines Nahrungsmittelzusatzes haben, in den heutigen Listen D und E», klassifiziert Heinz Brand, Präsident des Krankenkassen-Verbandes Santésuisse und SVP-Nationalrat, die Möglichkeiten im Einzelhandel. Eine direkte Auswirkung auf die obligatorische Krankenversicherung gebe es nicht. Heute vergüten die Kassen mit der Kategorie D, sofern ärztlich verschrieben und durch die Verpflichtung zur Apotheke, einen Anteil von 5 Prozent aller kassenpflichtigen Medikamente, der 270 Mio. Franken ausmacht – in einigen Fällen ohne Grund, wie die geplanten Umkategorisierungen belegen. Pharma-Konzerne bringen zudem weiterhin rezeptfreie Mittel auf den Markt, die nur in Apotheken verkauft werden dürfen. Der Bayer Konzern bewirbt seit einigen Wochen «Iberogast» auf einer Webseite, ein pflanzliches Medikament der Kategorie C und damit apothekenpflichtig. Versandapotheken wie Zur Rose werden auch nach der Revision des Heilmittelgesetzes keine beratungspflichtigen rezeptfreien Medikamente verschicken dürfen, ohne dass der Patient einen Arzt konsultiert hat. Das Bundesgericht hat im Herbst 2015 ein entsprechendes Urteil gefällt. «Es braucht ein neues, korrigierendes Gerichtsurteil», erklärt Geschäftsführerin Sara Stalder. Nun will Zur Rose bei Migros-Apotheken als Shop-in-Shop-Konzept eröffnen. Die Vorteile bleiben damit insgesamt auch hier bei der Apotheke. Frei verkäufliche Produkte finden sich damit doppelt, zusätzlich zu den Medizinprodukten. Denn Migros-Sprecherin Martina Bosshard kündigt an: «Sobald die Revision abgeschlossen ist, werden wir unser Sortiment erweitern.» Der Grund seien die höheren Preise in Apotheken und Drogerien. «Dies hat zur Folge, dass viele Konsumentinnen und Konsumenten solche rezeptfreien Heilmittel im nahen Ausland einkaufen, wo sie im Detailhandel zu finden sind.» Zu den angestrebten frei verkäuflichen Kategorien zählten etwa Einschlafhilfen auf Baldrian- und Hopfenbasis, Herz-Kreislaufmittel mit Weissdorn oder Halsweh-Tabletten. Schmerzmittel wie Aspirin oder Neocitran stünden nicht zur Diskussion. In Deutschland hat Rewe Eigenmarken von Zur Rose gelistet. Trotz der Vorteile der Apotheken erklärt auch Aldi-Suisse-Sprecher Philippe Vetterli: «Sobald die gesetzlichen Grundlagen geschaffen sind, prüfen wir die Möglichkeiten.» redaktion@rubmedia.ch

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