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Unternehmerische Eigenverantwortung

Die neue Hygiene-Verordnung bringt für die Hersteller mehr Selbstverantwortung. Kontrolliert wird nur noch die Selbstkontrolle. Umso wichtiger ist, dass bei Überschreitung von Richtwerten richtig reagiert wird.

Bärbel Hintermeyer.

In seiner Zusammenfassung «Lebensmittelrecht 2017 – Das Wichtigste» stellt das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) klar, dass «die Revision das Ziel hat, das schweizerische Recht an dasjenige der EU anzupassen». Auch die neue Schweizer Hygieneverordnung (kurz CH-HygieneVO) ist angelehnt an die europäische Verordnung Nr. 2073/2005 über mikrobio­logische Kriterien für Lebensmittel und die Verordnung Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene. Dieser Artikel soll die Bedeutung dieser Reform zum einen im Hinblick auf die Eigenverantwortung von Lebensmittelunternehmern in Bezug auf die neue CH-HygieneVO und zum anderen für die Überwachung aus europäischer Sicht näher erläutern. Abstufung der mikrobiologischen Kriterien Ebenso wie die europäische Verordnung sieht die CH-HygieneVO in Art. 4 sowohl Lebensmittelsicherheits- als auch Prozesshygienekriterien als mikrobiologische Kriterien vor. Darüber hinaus kennt das Schweizer Recht auch sog. «Richtwerte für die Überprüfung der guten Verfahrenspraxis». Nach Art. 4 Abs. 5 CH-HygieneVO bezeichnet dieser Richtwert «die Anzahl Mikroorganismen, die erfahrungsgemäss in hergestellten, verarbeiteten oder zubereiteten Produkten während ihrer Haltbarkeitsdauert nicht überschritten wird, wenn die Rohstoffe sorgfältig ausgewählt werden, die gute Verfahrenspraxis eingehalten und das Produkt sachgerecht aufbewahrt wird.» Die Definitionen für Lebensmittelsicherheitskriterien, als «die Akzeptabilität eines sich im Handel befindlichen Produktes oder einer sich im Handel befindlichen Partie Lebensmittel» nach Art. 4 Abs. 3 CH-HygieneVO und für Prozess­hygienekriterien, die als «die akzeptable Funktionsweise des Herstellungsprozesses verstanden werden, bei deren Überschreitung die erforderlichen Korrekturmassnahmen zur Sicherstellung der Prozesshygiene zu treffen sind», entsprechen den Definitionen im europäischen Recht. Insoweit ist hier, wie im europäischen Recht, eine Abstufung erkennbar. Während Lebensmittelsicherheitskriterien auf allen Stufen einzuhalten sind und ein Lebensmittel bei Nichteinhaltung dieser Kriterien als nicht sicher, weil gesundheitsgefährdend gilt, gelten die Prozesshygienekriterien lediglich für die Produktionsstufe, das heisst während der Herstellung des Lebensmittels, nicht jedoch für im Handel befindliche Produkte. Neben den Lebensmittelsicherheitskriterien wurden im schweizerischen Recht für im Handel befindliche Lebensmittel die sogenannte «Richtwerte für die Überprüfung der guten Verfahrenspraxis» etabliert. Diese Werte sind – wie der Wortlaut bereits sagt – Richtwerte, die aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt wurden (Art. 4 Abs. 5 CH-HygieneVO). Insoweit können diese Werte lediglich als Orientierungswerte dienen, bei deren Einhaltung davon ausgegangen werden kann, dass die gute Verfahrenspraxis eingehalten wurde. Das heisst aber auch, dass eine Überschreitung nicht zwingend eine Gesundheitsgefahr zur Folge hat. Diese Richtwerte sind im Vergleich zu Lebensmittelsicherheitskriterien daher graduell unterhalb dieser anzusiedeln. Anforderungen an die Analytik zur Selbstkontrolle Für Lebensmittelunternehmer bedeutet dies, dass Sie in angemessenen Abständen ihre Produkte zu überprüfen und insofern die Einhaltung aller mikrobiologischen Kriterien zu verantworten haben. Hierbei ist in Art. 68 CH-HygieneVO festgehalten, dass die verantwortliche Person im Rahmen der Selbstkontrolle über die angemessene Häufigkeit, Art und Grösse der Lebensmittelpartie entscheidet, sofern die Sicherheit der Lebensmittel jederzeit gewährleistet ist. Letztlich heisst das, dass jeder Lebensmittelunternehmer ein systematisches und risikoorientiertes Probenahmenprogramm festlegen sollte, um so bei Auffälligkeiten stets situationsadäquat reagieren zu können. Zeigt die Überwachung der Einhaltung der mikrobiologischen Kriterien keine Auffälligkeiten, so kann die Probenhäufigkeit auf ein gewisses Minimum reduziert werden. Hierbei helfen die Branchenleitlinien. Als Beispiel können hier die Branchenleitinien von Fromarte herangezogen werden, die eine minimale obligate Überwachung für bestimmte Kriterien vorsehen. So haben Hersteller von Weichkäse ganz oder teilweise aus Rohmilch ihre Produkte mindestens einmal wöchentlich auf E.coli zu analysieren. Umgekehrt ist es bei Auftreten abweichender Ergebnisse bei der Überprüfung der mikrobiologischen Kriterien (unabhängig von weiteren Massnahmen) erforderlich, dass die Probenahmehäufigkeit erhöht wird. Erst bei erneuten, konstant guten Ergebnissen, kann die Probenhäufigkeit wieder nach und nach reduziert werden. Massnahmen bei Überschreiten der Richtwerte Mit dem revidierten Lebensmittelrecht sind grundsätzlich alle Lebensmittel erlaubt, wenn sie sicher sind und den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Ob ein Produkt vom Markt genommen werden muss, das heisst, eine Rücknahme oder ein Rückruf durchgeführt werden muss, hängt in der Schweiz nunmehr ebenso wie im europäischen Recht (Art. 14, 19 EU BasisVO 178/2002) vorgesehen, zunehmend von einer Risikobewertung ab. Hierbei spielen die mikrobiologischen Kriterien der CH-Hygieneverordnung eine wichtige Rolle. Art. 71 CH-HygieneVO legt dabei die Massnahmen bei unbefriedigenden Ergebnissen im Rahmen der Untersuchungen anhand der in Anhang 1 festgelegten Kriterien fest. Lediglich im Hinblick auf die Einhaltung der Lebensmittelsicherheitskriterien wird vorgesehen, bei einer Überschreitung dieser Werte das Produkt oder die Partie Lebensmittel vom Markt zu nehmen oder ggfs. zurückzurufen. Im Hinblick auf die Überschreitung der Richtwerte regelt Art. 71 Abs. 1 d. CH-HygieneVO:

«Bei Überschreitung von Richtwerten gilt die gute Verfahrenspraxis als nicht erfüllt. Es sind die erforderlichen Korrekturmassnahmen zu treffen»
Die hier vorgesehenen Massnahmen für die Überschreitung von Lebensmittelsicherheits-, Prozesshygienekriterien und den Richtwerten der guten Verfahrenspraxis spiegeln die oben genannte Abstufung der Kriterien wider. Dies führt dazu, dass einzelfallabhängig und situationsadäquat reagiert werden kann und muss. Dabei richten sich die zu ergreifenden Massnahmen nach der Art des Kriteriums. Insoweit kommt es bei der Überschreitung der Prozesshygienekritierien als auch der Richtwerte darauf an, ob eine Gesundheitsgefahr vorliegt oder nicht und damit auf eine Risikobewertung im konkreten Fall. Auch die Branchenleitlinien des Dachverbands der Schweizer Käsespezialisten Fromarte sehen bei der Überschreitung der festgelegten Richtwerte nicht vor, dass ein Produkt vom Markt zu nehmen oder zurückzurufen wäre. Vielmehr solle zunächst eine intensivere Beprobung erfolgen und nach einer Ursachenanalyse für die Überschreitung der Sollwerte Kontrollmassnahmen ergriffen werden. Hierzu gehören insbesondere die Überprüfung der Rohstoffqualität, Milchlagerung und der Herstellungsprozess. Bedeutung für die Überwachungsbehörden Die Abkehr vorm früheren Toleranz- und Grenzwertprinzip hin zu einem Höchstwertprinzip soll es dem Vollzug erlauben, bei Überschreitung eines Höchstwertes situationsgerecht darauf zu reagieren (3.2 des Papiers «Lebensmittelrecht 2017 – Das Wichtigste» des Schweizer Bundesministeriums für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen, BLV). Situationsgerecht meint dabei, dass die Interessen im Einzelfall zu betrachten sind, wobei neben dem Hauptinteresse eines effektiven Gesundheitsschutzes immer auch die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens zu berücksichtigen sind. So kann beispielsweise ein Rückruf bei Nichtvorliegen einer Gesundheitsgefahr unverhältnismässig im Hinblick auf die mit einem Rückruf verbundenen Kosten für das Unternehmen sein. Insoweit ist die Abstufung der mikrobiologischen Kriterien bei einer Überschreitung im Einzelfall immer im Hinterkopf zu behalten. Welche Massnahme im Einzelfall situationsgerecht ist, entscheidet sich gerade auch nach dieser Abstufung. Fazit Während das Schweizer Lebensmittelrecht früher vom Verbotsgrundsatz geprägt war, so zeugt es nunmehr von «Freiheit». Mit der Reform im Lebensmittelrecht stärkt die Schweiz die Eigenverantwortung ihrer Lebensmittelunternehmer. Dies bedeutet umgekehrt für die Überwachungs- und Kontrollorgane, dass diese in Anlehnung an das europäische Recht «nur» noch die Kontrolle der Eigenkontrolle vornehmen. Vor diesem Hintergrund sind anzuordnende Massnahmen der Lebensmittelüberwachung situationsgerecht und risikoorientiert zu wählen. Die Eigenverantwortung für die Lebensmittelunternehmer bedeutet, dass diese mehr als bereits zuvor risikoorientierte und systematische Prozesse definieren sollten, um so effektiv und situationsgerecht auf mögliche Krisen vorbereitet zu sein. redaktion@alimentaonline.ch

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