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Lebensmittelindustrie «en marche»

Emmanuel Macron hat sein Wahlversprechen eingelöst und «états généraux de l’alimentation» angekündigt. Diese Branchentreffen sollen in wenigen Tagen beginnen, gesucht ist ein Weg aus der Krise.

Die Lebensmittelindustrie und die Bauern reagierten euphorisch auf die Ankündigung des frisch gewählten, französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Dieser versprach anfangs Juni im Beisein seines Ministers für Landwirtschaft und Ernährung Jacques Mézard, Versammlungen mit allen Mitgliedern der Lebensmittel-Wertschöpfungskette zu organisieren. Diese «états généraux de l’alimentation» sollen Bauern, Lebensmittelproduzenten, Gastronomiebetriebe, Detailhändler und Konsumentenorganisationen vereinen. Inzwischen wurde zwar der Minister bereits wieder ersetzt. Doch sein Nachfolger Stéphane Travert änderte nichts an den Plänen. Von Mitte Juli bis Ende Oktober 2017 sollen 14 Workshops zu verschiedenen Themen und Problematiken stattfinden. Eines der Hauptziele: Das Überleben von Bauern zu sichern und der Lebensmittelindustrie aus der Krise zu helfen. Denn es sind vor allem diese zwei Branchen, die leiden. Sie klagen, dass viele ihrer Betriebe nicht rentabel sind und kaum überleben. Vertreter der Bauern und der Lebensmittelindustrie warten deshalb gespannt darauf, in den geplanten Workshops endlich ihre Vorschläge und Lösungen zu platzieren. «Seit Jahren analysieren und diskutieren wir die Probleme. Es ist Zeit, dass nun endlich gehandelt wird», meint Christiane Lambert. Sie ist Präsidentin des grössten französischen Bauernverbandes FNSEA. Ähnlich tönt es beim nationalen Verband der französischen Lebensmittelindustrie ANIA. Pressesprecherin Sophie Ionascu erklärt: «Wir kämpfen seit vielen Jahren. Endlich haben wir nun die Möglichkeit, etwas an der Situation zu ändern». Preiskampf im Detailhandel Die Krise in Frankreich widerspiegelt sich in den Zahlen: Die Betriebsmargen der Nahrungsmittelunternehmen sind seit dem Jahr 2000 stetig gesunken. Die Investitionen sanken seit 2008 um 20 Prozent. Gründe für den Rückgang gibt es mehrere. Der Verband der französischen Lebensmittelindustrie ANIA macht hauptsächlich die sinkenden Lebensmittelpreise im Detailhandel verantwortlich. Die Deflation in den letzten drei Jahren betrug jährlich -1,2 Prozent. Der Grund: Seit 2013 gibt es jedes Jahr harte Verhandlungen zwischen den Lebensmittelherstellern und den vier grossen Detailhändlern Intermarché, Carrefour, Auchan und Leclerc. Die Lebensmittelhersteller beklagen sich denn auch über die Übermacht der Detailhändler und darüber, dass sie gezwungen seien, sogar bei unrentabel tiefen Preisen einzuwilligen, nur damit ihre Produkte im Sortiment bleiben. Sophie Ionascu von ANIA kritisiert: «Die Preise sinken immer weiter, andererseits werden immer höhere Ansprüche gestellt bezüglich Qualität, Transparenz und Nachhaltigkeit.» Diesen Widerspruch gelte es zu beseitigen (s. Kasten). Preisdruck wird an die Bauern weitergegeben Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Problematik entlang der Wertschöpfungskette fortsetzt und die Bauern unter denselben Problemen leiden. Insbesondere Betriebe im Bereich Milch- und Fleischproduktion kämpfen in Frankreich ums Überleben. «Die grossen Detailhändler gewinnen, die Bauern verlieren», meint Christiane Lambert vom FNSEA. Gut möglich, dass die Forderungen der Bauern beim neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron auf offene Ohren stossen. Im Wahlkampf versprach er, sich als Präsident für faire Preise einzusetzen:

«Die grossen Detailhändler müssen aufhören, nach dem tiefsten Preis zu selektionieren».
Sogar die Konsumentenorganisation UFC-Que savoir spricht sich nicht per se gegen höhere Preise aus und kritisiert die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Lebensmittelherstellern und dem Detailhandel. Allerdings fordert UFC-Que savoir, dass alle Mitglieder in der Wertschöpfungskette ihre Margen transparent offenlegen. «Um zu verhindern, dass schlussendlich nur Einzelne von höheren Preisen profitieren.» Ähnlich tönt es bei den grossen Detailhändlern selber. Carrefour erklärt, sie hätten bereits begonnen, vereinzelt die Preise zu erhöhen. Zudem würden sie ihre Margen transparent offen legen. «Diese Transparenz bei den Margen fordern wir auch von der Lebensmittelindustrie». Sie hoffen bei den angekündigten Branchentreffen «echte» Lösungen zu finden. Exporte gehen zurück Höhere Preise im Detailhandel würden die Probleme in der Wertschöpfungskette allerdings nur teilweise beseitigen. Denn auch der Export ist in Frankreich stark rückläufig (s. Kasten). Während der Anteil französischer Waren auf dem Weltmarkt im Jahr 2000 noch 8,3 Prozent betrug, sank er bis 2014 auf 5,0 Prozent. So nahmen beispielsweise die Importe von Frischobst aus Spanien um 21 Prozent zu, während die Exporte in diesem Bereich um 34 Prozent abnahmen. «Diese Entwicklung muss aufgehalten werden», erklärt Olivier Dauvers. Er ist Lebensmittelexperte und Direktor des «Think Tank agroalimentaire» . Die Forderung nach höheren Preisen beurteilt er kritisch. «Preiserhöhungen sind keine nachhaltige Lösung, um die Krise zu bewältigen». Stattdessen müsse die internationale Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Die grosse Herausforderung in Frankreich sei es, dass mehr produziert als konsumiert werde.
«Wir sind zwingend auf Export angewiesen, um zu überleben».
Deshalb liest man in den vor wenigen Tagen publizierten Empfehlungen des Think Tanks nichts von Preiserhöhungen. Stattdessen hat der Think Tank als erstes Ziel definiert: Frankreich solle wieder Haupt-Exporteur auf dem europäischen Markt und die Nummer zwei auf dem Weltmarkt werden. Es bleibt spannend, welche Ursachen von der neuen Regierung prioritär angegangen und welche Lösungsansätze mehrheitsfähig sein werden. Bis jetzt ist nur eines klar: Die französische Lebensmittel-Wertschöpfungskette steckt in der Krise und ihre Mitglieder scheinen tief gespalten. In welche Richtung es weitergehen soll, wird man in einem halben Jahr erfahren. Dann soll der Schlussbericht zu den états généraux de l’alimentation erscheinen. redaktion@alimentaonline.ch

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