Transparenz im Biohandel
Wer im grenzüberschreitenden Handel mit Bioprodukten aktiv ist, muss gut informiert sein. Die neue FiBL-Plattform «OrganicExportInfo» schafft die notwendige Übersicht.

Im Gegensatz zum Fairtrade-Markt bestehen im globalen Biohandel einheitliche Grundanforderungen. Die effektive Marktzulassung basiert jedoch auf bilateralen Anerkennungs- und Harmonisierungsverfahren. Die Federführung liegt in der Schweiz beim Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Die wichtigste dieser «Äquivalenz»-Vereinbarungen besteht seit vielen Jahren und erleichtert den Biohandel zwischen der Schweiz und der EU entscheidend. Mittlerweile hat das BLW vergleichbare Abkommen mit Kanada, Japan sowie im Jahr 2015 mit den USA erreicht.
OrganicExportInfo schafft Klarheit
In allen weiteren Fällen gelten sogenannte Drittlandregelungen oder Einzelzulassungen. In solchen Fällen stehen dem Biohandel oft grosse Hürden im Weg. «Die Regeln und Bestimmungen zum Import und Export biologischer Produkte ändern fast so schnell wie das Wetter», betont Beate Huber, Leiterin des FiBL-Departements für Internationale Zusammenarbeit. Im Dschungel der stetig ändernden Einfuhrbestimmungen schafft die neue Website «OrganicExportInfo» Klarheit.
Marktsicherheit aufbauen
Wie die Bio-Grundanforderungen sind auch die Bestimmungen und Abläufe der globalen Zertifizierungen einheitlich geregelt. Wo es noch an professionellen Strukturen fehlt, können die Bio-Zertifizierungsstellen die Aufbauarbeit nicht alleine leisten. Als Vollzugstellen sind sie zudem nicht befugt, Beratungen im engeren Sinn anzubieten. Hier setzen die FiBL-Beratungsangebote an: von der landwirtschaftlichen Produktion bis hin zu Verarbeitung, Handel und Verkauf. Beate Huber zu den Aktionsfeldern: «Wir gehen dabei auf den jeweiligen Bedarf ein, sei es zur Planung, Umsetzung oder Beratung von Marktentwicklungsprojekten. Wir unterstützen Verarbeitungs- und Handelsfirmen bei der Beschaffung von biologischen Produkten oder bei Produktionsfragen.» Für den Aufbau einer gesicherten Biovermarktung sind professionelle Vermarktungsstrukturen und insbesondere Zertifizierungsabläufe von entscheidender Bedeutung. Seit rund zehn Jahren bildet die
Ukraine ein wichtiges Schwerpunktsland. Ausgangspunkt war das grosse Potenzial für den Bioanbau und der gleichzeitige Mangel an sicheren Strukturen mit Blick auf die garantierte Bioqualität.
Transparente Wertschöpfungskette
An der Weltleitmesse Biofach in Nürnberg bietet der Swiss Pavilion eine Leistungsschau für die Schweizer Biolebensmittelbranche. Mit dabei war 2017 die Vitarbo AG aus Arbon. Das Unternehmen importiert pflanzliche Biolebensmittelrohstoffe (Moringa und Baobab) von Primärproduzenten zum Beispiel in Indien und Südafrika. «Die Zusammenarbeit mit hiesigen Zertifizierern funktioniert sehr gut. Trotz komplizierter Abläufe mit Lohnverarbeitungen im europäischen Ausland konnten wir Lösungen finden», sagt Wolfgang Moritz, Leiter Qualitäts- und Produktmanagement. Moritz betont, dass sich Zertifizierung und Selbstverantwortung dabei ergänzen müssen: «Entscheidend für einen guten Ablauf sind sehr kompetente und zuverlässige Partner vor Ort, die sich mit den lokalen regulatorischen Anforderungen genau auskennen. Transparenz der Produktion ist wichtig, um die Qualität sicher beurteilen zu können. In Indien gibt es zum Beispiel zahlreiche Vorschriften, die wir aus der Schweiz nur schlecht einsehen und interpretieren können und die ineinandergreifen. Eine gute Kommunikation mit unseren Produzenten ist hier Grundlage für das Geschäft.»
Beschaffungspartnerschaften im Detailhandel
Andrea Bergmann von der Coop-Medienstelle fasst die Beschaffungsstrategie des führenden Schweizer Biovermarkters zusammen: «Wir halten uns an die Richtlinien von Bio Suisse, nach denen Schweizer Produkte und Schweizer Verarbeitungsorte erste Priorität haben. Bei Importprodukten unterliegen diese den Anforderungen von Bio Suisse.» Zu den Exportstrategien der Coop-eigenen Unternehmen ergänzt Urs Meier, Leiter Coop-Medienstelle, am Beispiel der wichtigsten Bioverarbeiter: «Chocolats Halba exportiert hauptsächlich Bio-, Fairtrade- und CO2-neutrale Produkte, in erster Linie in mitteleuropäische Länder sowie in die USA, nach Kanada und Australien. Die Reismühle Brunnen, europaweit führend bezüglich Fairtrade- und Bioreis, exportiert hauptsächlich in angrenzende Länder sowie nach Nordeuropa.» Die neue OrganicExportInfo-Plattform stärke die etablierten Kooperationen mit FiBL, Bio Suisse und bio.inspecta zusätzlich. «Insbesondere die Reismühle Brunnen verfügt über ein starkes Netzwerk aus Kunden, Händlern und Bauern», ergänzt Urs Meier.
Längst ist Coop Schweiz auch ein wichtiger Akteure im europäischen Biohandel etwa in Kooperation mit Rewe-Kette in Deutschland sowie dem in fast ganz Europa bis nach Russland präsenten Transgourmet-Gruppe. Urs Meier zur Lieferstrategie in diesen Kanälen: «Der Abnehmer entscheidet, welcher Bio-Standard gewünscht ist, abhängig von den Standards im jeweiligen Land.»
«Bei den Migros-Bioprodukten stammt der grösste Teil aus der Schweiz. Die einheimischen Rohstoffe stammen von Bio-Suisse-zertifizierten Bauernbetrieben», so Migros-Mediensprecherin Aurélie Deschenaux. «Je nach Verfügbarkeit sind wir auf den Import angewiesen, etwa bei Früchten und Gemüsen sowie bei nicht heimischen Rohstoffen wie Rohrzucker und Kakao». Im Gegensatz zu Coop verlangt die Migros beim Import als Standard die Anforderungen der Europäischen Bioverordnung, basierend auf dem Anerkennungsabkommen der Schweiz mit der EU.
Neben dem Sortiment mit dem eigenen Label «Migros Bio» tritt die Migros seit einiger Zeit auch mit der Marke «Alnatura» auf. Die Importartikel stammen vor allem aus Deutschland und der EU und erfüllen teilweise weitere gehende Biostandards, darunter vermehrt Demeter-Qualität. «Die Migros-Industrie produziert Bioprodukte je nach den Anforderungen der Kunden», sagt Deschenaux zur Bioqualität bei den Migros-Herstellbetrieben. Das Exportengagement ist dabei unterschiedlich gross. Während der Export für den Back- und Süsswarenhersteller Midor ein wichtiges Geschäftsfeld bildet, fokussiert sich die Jowa-Grossbäckerei bisher vor allem auf den Schweizer Markt. Die Micarna importiert keine Bio-Fleischprodukte und setzt auf einheimische Zutaten mit hohen Standards, darunter auch Bioprodukte für den Migros-Bedarf. Laut Mediensprecherin Deborah Rutz spielt die Bioqualität auch beim Export keine Rolle: «Die Micarna konzentriert sich in erster Linie auf den Schweizer Markt. Exportiert werden klassische Schweizer Spezialitäten, wie beispielsweise Natura Trockenfleischprodukte aus dem Bündnerland, vor allem nach Frankreich, Deutschland und Österreich.»
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