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Neuartige Räuchermethode am Start

Der Salezer Metzgermeister Ernst Goldener hat ein neuartiges Räucherverfahren entwickelt. Nun lanciert er die innovative, Qualität und Effizienz verbessernde Räucheranlage, die ohne Kamin auskommt.

Dass heute noch Handwerker der Lebensmittelbranche neuartige Verfahren erfinden und patentieren, hat Seltenheitswert. 1879 erfand der Berner Chocolatier Rudolf Lindt die Conchiermaschine und verbesserte damit die Schokoladequalität um Welten. Heute stammen interdisziplinäre Erfindungen meistens von Konstruktionsfirmen oder aus der Industrie, wie etwa die Nespresso-Kaffeekapsel. Aber es gibt ein aktuelles Beispiel einer Handwerker-Erfindung: Metzgermeister Ernst Goldener räucherte bis vor einigen Jahren Fleisch und Wurstwaren in seiner kleinen Dorfmetzgerei in Salez SG in einer herkömmlichen Anlage. Als er einen neuen Feinstaub­filter der Sarganserländer Firma Oekosolve montieren liess, war er von dessen Wirkung fasziniert. Der Filter funktioniert mit Ionisierung: Die Feinstaubpartikel werden durch Hochspannung elektrisch aufgeladen und so aus den Rauchabgasen ausgeschieden. Sie lagern sich am Kaminrand ab und können mit der normalen Kaminreinigung entfernt werden. Im Kontakt mit Oekosolve kam Goldener auf die Idee, das Prinzip umgekehrt anzuwenden, das heisst, den Rauch in der Räucheranlage elektrisch aufzuladen und so seine flüssigen und festen Bestandteile gleichmässig auf das Räuchergut zu verteilen. Oekosolve rüstete dazu eine alte Räucheranlage von Goldener um, doch rasch wurde klar, dass man eine komplett neue Anlage bauen musste. Goldener fand Technikpartner, die das Projekt unterstützten: Lippuner EMT AG in Grabs sowie Sawatec AG in Sax. Die Lüftungsspezialisten von Lippuner EMT bauten das Ionisations-Verfahren der Oekosolve in eine neue Anlage ein. Dabei zeigte sich, dass der Rauch im Umluftbetrieb aufgebraucht wird, so dass die Anlage kein Kamin benötigt – ein grosser Vorteil angesichts der hohen Auflagen der Luftreinhalteverordnung. Mildere Rauchnote Goldener nennt auch Vorteile für die Produktqualität: «Die Ionisierung macht den Rauch wasserlöslich. Er kondensiert vor allem auf dem Produkt, weil dieses eine poröse, trockene Oberfläche besitzt. Sogar Schleimstellen des Wurstdarms nehmen ihn an. Und die Rauchnote ist lieblicher als beim normalen Räuchern». Ferner könne man mit der Ionisation alle Produktarten bis 70 Prozent relativer Feuchte räuchern, was konventionnell nur bis 60 Prozent relativer Feuchtigkeit möglich sei. Goldener installierte den Ionisations-Prototypen 2013 in seiner Metzgerei - ohne Kamin, nur mit einem Abluftstutzen. Er staunte über die Wirkung: «Mit der neuen Technologie werden die Fleischwaren gleichmässiger geräuchert, und sie müssen viel weniger lang in der Anlage bleiben, was Zeit und Energie spart». Rauch ohne Ionisation ist in seinem Prototypen zwar auch noch machbar, aber Goldener schaltet die Ionisation nur noch zu Demonstrationszwecken aus. Innovation für Raucherzeugung Derzeit wird die Ionisations-Rauchkammer noch von einem normalen Reiberaucherzeuger gespiesen, aber die Anlagenbauer der Sawatec entwickelten gleichzeitig auch einen neuartigen Platten-Raucherzeuger. Dabei wird das Glimmgut bei einer programmierbaren Temperatur über eine gleichmässig beheizte Platte geschoben und das verbrauchte Material nach aussen weggeschoben. Dadurch erzeugt die Maschine bereits ab 320 Grad einen feinen Rauch mit langer Standzeit. Goldener freut sich: «Dieser gradgenau erzeugbare Rauch hat die schönste Qualität und ein geringeres Brandrisiko. Man kann auf diese Art auch Kräuter und Gewürze verglimmen, die ätherische Öle abgeben und nicht verharzen». Bei konventionellen Apparaten wäre die Glimmtemperatur 700 bis 900 Grad. Seit vier Jahren testet der Metzgermeister nun schon den neuen Plattenraucherzeuger. Vermarktungsfirma gegründet Im Februar 2017 wurde das Patent für die Rauchionisation erteilt. Goldener, Oekosolve, Lippuner EMT AG und Sawatec AG gründeten mit dem Rheintaler Unternehmer Alois Bischof die Firma Ecogold in Grabs, um das innovative Räucherverfahren zu kommerzialisieren. Die Partner sind überzeugt, dass solche Anlagen auch für andere kleine, aber auch industrielle Metzgereien geeignet sind. Der Systemtechniker Michael Eberli treibt als Geschäftsführer dieser Engineeringfirma die Weiterentwicklung des Produktes voran und führt die Technologie im Markt ein. Das Bundesamt für Umwelt fördert die Entwicklung innovativer Umwelttechnologien mit Bundesbeiträgen. Auch eine neue Regelung aus Brüssel könnte das Projekt beflügeln: Die EU will die Deklaration verschärfen. Fleischwaren mit Flüssigrauch gelten dann nicht mehr als geräuchert. In der Zutatenliste muss dann «Aroma» deklariert werden (wie heute schon in der Schweiz). «Im Gegensatz zur Bestrahlung von Lebensmitteln mit ionisierenden Strahlen ist «die Ionisation von Rauch nicht bewilligungspflichtig», sagt Goldener. Ein Gutachten von Prof. Dr. Roger Stephan, Direktor des Instituts für Lebensmittelsicherheit und –hygiene der Universität Zürich äussert keine gesundheitlichen Bedenken und empfiehlt, nur zu zeigen, «dass keine erhöhten Gehalte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen auftreten und dass die mikrobiologische Stabilität der Produkte vergleichbar mit konventionell geräucherten ist». Frisch erzeugter Rauch gilt notabene lebensmittelrechtlich nicht als Zutat im Gegensatz zu Flüssigrauch. Suche nach Referenzbetrieb Ecogolds will nun einen führenden Industriepartner aus der Fleischbranche gewinnen, der sich als industrieller Referenzbetrieb anbietet und die Entwicklung eines Serienmodells unterstützt. Die Dorfmetzgerei von Goldener ist dafür zu klein. Fachleute aus anderen Metzgereien begutachten nun in seinem Betrieb die neue Anlage und degustieren Produkte aus dem neuen Räucherprozess. Umgekehrt macht Goldener Parallelversuche auf Grossanlagen von Interessenten mit deren Produkten. Ecogold wird die bei den Partnern gebauten Ionisations-Komponenten, alles Schweizer Produkte, an den Rauchanlagespezialisten Reich und andere Maschinenbaufirmen liefern. Eberli schätzt die Entwicklungskosten auf mehrere 100000 Franken. Andere Metzgereien bestätigen die Vorteile des Verfahrens und zeigen Interesse, halten sich aber noch mit Investitionen zurück, denn Räucheranlagen sind bis zu 20 Jahre im Einsatz und werden nicht von heute auf morgen ersetzt. «Nachrüsten einer bestehenden Anlage ist nur bedingt möglich und nicht optimal, da die Luftgeschwindigkeit zu hoch und unregelmässig ist. Die Ionisation braucht eine laminare Strömung», erklärt Goldener. guido.boehler@rubmedia.ch

Milchwirtschaftliches Museum

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