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Ampel-Diskussionen gehen weiter

Sechs multinationale Lebensmittelhersteller möchten bei den Nährwert­angaben eine Ampel­kennzeichnung pro Portion einführen. Die Konsumentenschützer kritisieren das. Auch das Bundesamt ist skeptisch.

Ende November hat Frankreich das Label Nutriscore eingeführt. Es soll den französischen Kunden helfen, sich für gesunde Lebensmittel zu entscheiden. Mit Nutriscore wird ein Lebensmittel auf der Verpackung mit einer Farbskala zwischen grün und rot als mehr oder weniger gesund klassifiziert, ähnlich wie die Energieeffizienz von elektrischen Geräten gekennzeichnet wird. Nutriscore ist freiwillig, die sechs grossen Händler und Hersteller Intermarché, Leclerc, Danone, McCain, Fleury Michon und Auchan wenden das Label zur Zeit an. Nutriscore ist Frankreichs Antwort auf die Ampel-Diskussion, die in Europa und in der Schweiz schon seit Jahren läuft. Konsumentenschutzorganisationen verlangen, dass die Lebensmittelindustrie eine Ampelkennzeichnung einführt, wie sie in Grossbritannien und Irland schon seit 2006 in Kraft ist: Mit einem Farbcode für Kalorien, Zucker, Salz, Fett und gesättigte Fettsäuren. EU-weit hat sich die Industrie bisher dagegen gewehrt, zusammen mit den südlichen EU-Ländern, die eine Diskriminierung von Spezialitäten wie Käse oder Olivenöl befürchten. Eine eigene Ampel Seit dem Frühjahr 2017 prüfen nun die sechs grossen Hersteller Coca-Cola, Mars, Mondelez, Nestlé, PepsiCo und Unilever die Einführung einer eigenen Ampel. Diese nennt sich «Evolved Nutrition Label» (ELN) und funktioniert grundsätzlich gleich wie die britische Ampel - allerdings mit Angaben pro Portion und nicht pro 100 Gramm. Und die Portionengrösse definieren die Unternehmen selber. «Die Kontrolle der Portionen ist zentral bei der Gewichtskontrolle, eine Kennzeichnung pro Portion macht deshalb Sinn», erklärte der irische Ernährungswissenschafts-Professor Michael Gibney, der das Projekt der Industrie-Ampel wissenschaftlich begleitet, bei der Vorstellung des Projekts. Dass Portionen nicht europaweit definiert seien, sei kein Hindernis. Unterschiedliche Lebensmittel würden zwar unterschiedlich häufig gegessen, aber die Portionengrössen seien überall ähnlich. «Eine Pizza-Portion in Grossbritannien ist ähnlich gross wie eine in Italien», sagte Gibney. Mit ENL werde auch die Industrie dazu angehalten, kleinere Portionen anzubieten. Und die Konsumenten könne man so «nudgen», also «schubsen», hin zu einer gesünderen Ernährung. Die Industrie-Ampel ENL wurde Ende November 2017 der EU-Plattform für Ernährung, körperliche Bewegung und Gesundheit vorgestellt. Die Plattform ist ein EU-Gremium, das 30 Organisationen von Gesundheitsexperten, Industrie und Konsumentenvertretern zusammenbringt. Die sechs Unternehmen machen eine allfällige Einführung vom Feedback dieser Stakeholder abhängig. «Fieses Lobby-Manöver Die Meinung der Konsumentenschützer ist bereits gemacht. Die deutsche NGO Foodwatch zerpflückte die neue Ampel Anfang Jahr. Diese «Pseudo-Ampel» sei «ein fieses Lobby-Manöver» und «der dreiste Versuch, eine wirklich verbraucherfreundliche Nährwert-Kennzeichnung zu verhindern». Selbst bei Produkten wie Nutella, das zu 90 Prozent aus Zucker und Fett bestehe, oder den Tuc-Biskuits, die sehr salzig und fettig seien, springe diese Ampel nicht auf rot. Der gleichen Meinung ist die Stiftung für Konsumentenschutz. Die Angabe von Portionengrössen führe dazu, dass die Konsumenten keine direkte Vergleichsmöglichkeit hätten wie bei den 100-Gramm-Angaben. Die Portionenangaben seien ferner «sehr unrealistisch und irreführend», sagt Josianne Walpen vom Konsumentenschutz. Man habe Ende 2017 die Schweizer Vertretungen der sechs Firmen angeschrieben und sie aufgefordert, die Ampel mit den 100-Gramm-Angaben einzuführen. Für Coca-Cola Schweiz ist das kein Thema. Auch die Einführung der eigenen ENL-Ampel sei zur Zeit nicht geplant. Kommunikationschef Matthias Schneider sagt, man werde die Resultate der europäischen Konsultation abwarten und dann evaluieren, was dies für den Schweizer Markt bedeuten könnte. Er bestätigt auch, dass beim eigenen Ampel-Vorschlag die Angaben für manche Produkte, wenn man sie mit der britischen Ampel vergleiche, von rot auf gelb springen. Das widerspiegle, dass bei kleineren Portionen weniger als 15 Prozent des empfohlenen Tagesbedarfes enthalten seien. «Die Konsumenten essen nicht 100 Gramm Margarine oder 100 Gramm Nüsse.» Schneider betont ferner, dass für Getränke die Kennzeichnung genau gleich erfolge wie bei der britischen Ampel. BLV skeptisch gegenüber Ampeln Beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hält man beide Arten der Ampelkennzeichnung für ungeeignet. «Es ist kaum möglich, Lebensmittel mit einem so vereinfachten System in die Kategorien ‹gesund› oder ‹ungesund› einzuteilen», sagt Liliane Bruggmann, die Leiterin des Fachbereichs Ernährung beim BLV. «So müssten nach dem britischen Ampelsystem eine Portion Rapsöl oder auch eine Portion Mandeln aufgrund der hohen Gehalte an Fett mit einer roten Ampel ausgezeichnet werden.» Beide Lebensmittel gehörten aber zu einer gesunden und abwechslungsreichen Ernährung. Bei der ENL-Ampel stört Bruggmann, dass die Hersteller die Portionengrösse selber definieren können. «Bei Frühstücksflocken zum Beispiel essen die Menschen oft mehr, als die Hersteller für eine Portion vorgeben», sagt sie. Die Kennzeichnungsfrage sei für das BLV derzeit nicht aktuell, sagt Bruggmann: «Wir beobachten die Entwicklungen im europäischen Raum.» Studien zeigten, dass die Konsumentinnen und Konsumenten Mühe häten, die Informationen auf den Verpackungen zu verstehen. «Dies ist jedoch eine der Voraussetzungen, um eine bewusste Lebensmittelwahl zu treffen.» Das BLV habe sich 2010, als man das Thema breit diskutiert habe, für das Label «Healthy Choices» ausgesprochen. Dieses wurde ursprünglich von Unilever lanciert und kennzeichnet «gesunde» Produkte, hat sich aber nicht durchgesetzt. Das französische Nutriscore-Label habe man noch nicht im Detail analysiert, sagt Bruggmann. Das BLV könne sich deshalb auch nicht dazu äussern. Geteilte Meinungen auch zu Nutriscore Matthias Schneider von Coca-Cola hält die eigene ENL-Variante für «transparenter und informativer» als Nutriscore. Man glaube, dass sowohl Nutriscore als auch ENL Beiträge sein könnten zu einer letztlich einheitlichen EU-weiten Kennzeichnung, die es den Konsumenten ermögliche, «eine gesunde Wahl zu treffen». Der deutsche Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) verweist auf eine Studie der französischen Behörde für Lebensmittel, Umwelt und Arbeitsschutz ANSES, die zum Schluss kam, dass kein Effekt für die öffentliche Gesundheit nachgewiesen werden könne. Die Weltgesundheitsorganisation WHO lobte Nutriscore, die deutsche Regierung hielt allerdings in einer Stellungnahme fest, dass das Label gegen die Vorgaben der europäischen Lebensmittelinformationsverordnung verstosse. Für den Konsumtenschutz könnte Nutriscore eine sinnvolle Variante sein. Josianne Walpen erklärt, man wolle im laufenden Jahr gemeinsam mit den Konsumentenschutzorganisationen aus der Romandie und dem Tessin mit einer Studie prüfen, ob für die Konsumenten die britische Ampel oder der französische Nutriscore verständlicher sei. «Je nach Ergebnis werden wir uns dann für das eine oder andere einsetzen.» Ganz anders das Konsumentenforum. Für dessen Präsidentin Babette Sigg kommen weder eine Ampel noch Nutriscore in Frage. «Das bringt nur eine Scheinsicherheit.» Viel wichtiger seien eine gute Prävention in den Schulen und gesunder Men schenverstand. Hingegen würde Sigg begrüssen, wenn die Nährtwertangaben auf den Verpackungen einheitlich als Tabellen dargestellt werden müssten. roland.wyss@rubmedia.ch

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