5

Um ohne Wartezeit zum Artikel zu gelangen, benötigen Sie ein Abonnement.

Bereits registriert oder Abonnent:in?

Login

Jetzt Abo abschliessen

Probe Abo

Kostenlos

Geniessen Sie für einen Monat kostenlos alle Vorzüge eines Premiumabos.

Premium

ab CHF 98.–/Jahr

Online

Erhalten Sie uneingeschränkten Zugang zu allen Online-Beiträgen.

mit Papierrechnung ab 123.–

Premium Plus

ab CHF 170.–/Jahr

Online

Print

Uneingeschränkter Onlinezugang

Plus monatlich das gedruckte Magazin im Briefkasten.

mit Papierrechnung ab 195.–

Biofach 18: Hühnerbrühe gegen Vegi-Trend

Der Markt für Bioprodukte wächst seit Jahren. Dazu tragen grosse Händler und eine riesige Produkteausweitung in Richtung Lifestyle bei, mit Superfood und Vegi. Und Fleischbrühe kommt als Proteinbombe zum Zug.

Verkörperten Biolebensmittel früher die Nische für Birkenstockträger und Jutesackbenützer, sind sie heute zur Massenware für Lifestyle-Konsumenten geworden. Statt mit Haferflocken und getrockneten Apfelschnitzen wurde an der diesjährigen Bioweltleitmesse Biofach in Nürnberg mit Kokosmilch oder Matcha-Tee geworben. Die Breite der Rohstoffpalette und der daraus hergestellten Lebensmitteln nimmt enorm zu – der globale Markt für Biolebensmittel auch. Dieser ist in den letzten Jahren auf gegen 90 Milliarden Dollar gestiegen. Dabei werden laut der Organic Trade Organisation (OTA) die kräftigsten Wachstumsraten in den USA und Kanada verzeichnet, wo 2016 mit Bio 43 Milliarden Dollar Umsatz erzielt wurden. In Deutschland wuchs der Biomarkt im 2016 um 10 Prozent auf 9,48 Mrd. Euro, in Frankreich (6,7 Mrd), Spanien (und Schweden (2,6 Mrd.) sogar um 20  Prozent. Mehr Energie aus Datteln und Spirulina Superfood ist für die Biokäuferschaft immer noch ein Thema. Mit dem Megatrend Superfood werden zum Beispiel Fruchtriegel in Hunderten von Varianten, mit Chiasamen, Quinoa, Kokos, Lein, Matcha- oder Moringa angeboten. Samen und Pulver aus Erdmandeln, Maca, Spirulina, Weizengras, Chia oder Quinoa, Hanf, Erbsen oder Kürbiskernen. Öle aus Hanf, Kokos, Argan oder Sacha Inchi und Sirupe aus Datteln, Reis, Yacon oder einfach Ahornsaft. Den ersten veganen Riegel mit Karamel gab es in Nürnberg ebenso zu sehen wie den ersten angeblichen Energy-Drink aus rein biologischen Rohstoffen, der vom Verkaufsmanager «Big Alex» aus dem Hause Pure Bio Products aus Wien angepriesen wurde. Getränke, die wachmachen, wurden zuhauf vorgestellt. Als natürlicher Energy Drink präsentiert wurde auch der «Chococolero», gemixt aus Kaffee und Kakao. Unter dem Slogan: «Stop drugs – try chocolate» warben die Verkäufer damit, dass das Produkt im Vergleich zum grossen Pendant Red Bull weniger Zucker, dafür mehr Protein enthält. Viele Trendgetränke bestanden aus Kaffee. Dabei setzen die Unternehmen nicht auf den Megatrend kaltgebraut, sondern etwa auf grüne Kaffeebohnen. Die grünen Bohnen, die nur sonnengetrocknet werden und dabei dem Geschmack des grünen Kaffees aus der Flasche einen Hauch an frisch gepflückte Erbsen verpassen, verliehen dem Getränk zusätzlich eine süssliche und erdige Note, wie Laura vom jungen Start-up selo good beverages GmbH aus Berlin sagte. Einige «Grünkaffee-Trinker würden den Duft als angenehm nach Heu und Wiese riechend beschreiben. Kaffeebohnen können nicht nur im Milchkaffee als Wachmacher dienen, sondern auch in anderen Milchprodukten nützen - aber nicht in Joghurts, sondern in Käse. So präsentierte die österreichische Käserei «die Käserebellen» den Kaffekäse. Kakaogetränke können selbstverständlich auch mit Kokoswasser gemischt werden, wie die Mitarbeiter der Farmkind GmbH aus Hamburg zeigten. Dies sei die Traumhochzeit im 280-ml-Fläschchen und es sei gesund dank dem iostonischen Bio-Kokoswasser mit den essentiellen Elektrolyten, das richtig erfrische. Kein Wunder, heisst der Slogan: «Taste Nirvana». Ein anderer Anbieter präsentierte Eis, einzig und allein aus tiefgefrorenen Früchten, wo der Anwender die Früchte aber zuerst mixen muss. Echte Schnitzel und Rinderbrühe Immer öfter stehen auch vegane, vegetarische, gluten- und laktosefreie Produkte in Bioqualität in den Regalen der Händler. Seit einigen Jahren ist vegan besonders im Biobereich ein grosser Trend. An der Messe war der vegane Spruch: «Essen für ein besseres Leben» überall zu finden. Trotz dem veganen Trend, trotz Ständen, die mit Slogans wie: «Milk Free Zone» oder «meine Freunde, die Tiere», Werbung machten: Einige Aussteller wollten einen Gegentrend setzen. Die schwedische Bioorganisation KRAV legte ihre original schwedischen Schweinskoteletten aus, der deutsche Feinkosthändler Kattus aus dem Teutoburger Wald präsentierte seine Rinderbrühe. «Rinderbrühe enthält viel Kollagen – das ist gut für die Knochen», sagte Karina Hinna von Kattus, «sie ist isotonisch, so gehen die Nährstoffe viel eher ins Blut». In amerikanischen Städten sei der Trend zu Fleischbrühe schon angekommen – in Europa noch nicht. Auch Metzger Marco Pichler aus dem deutschen Gräfelfing preist seine Rinderbrühe als Heilbrühe bei Erschöpfung und als Energiespender an. Seine Produkte-Range reicht von Hühnerbrühe über Fisch-, Kalbs- Wild- und Enten- bis zur Gänsebrühe, die laut Pichler auch besonders zum Verfeinern des Festtagsbraten geeignet ist. Die Suppen werden im Glas, ohne Konservierungs-, Aroma- oder Geschmacksverstärkungsstoffe eingekocht. Im Tetra-Brik werden die Brühen von der spanischen Firma Aneto Natural angeboten. Zusätzlich zur Bio-Hühner- oder Rinderbrühe umfasst das Sortiment Knoblauch-, Karotten- oder Artischockenbrühe, sagte Gabriel Pejo Méndez. Eiweiss als Protein-Shot Während an der Messe die Firma Veganz ihr künstliches Eigelb als Portion im Rundkarton anbot, präsentierte die dänische Firma Danaeg das echte Eiweiss aus echten Eiern von Hühnern als Proteinshot im PET-Fläschchen. Exportchef Peter T. Munch erklärte, dass das Eiweiss selbstverständlich nicht nur nach dem Fitnesszentrum gut tue, sondern auch zum Kochen und Backen da sei – auch in der Gastropackung. Schweizer Zucker Dass Schweizer Zucker auch im Ausland Fuss fassen kann, wollten gleich drei Schweizer Unternehmen beweisen. Zum die Zuckermühle Rupperswil, die zum ersten Mal an der Biofach war. Man habe gemerkt, dass man in Europa konkurrenzfähig sei, sagt Zuckermühle-Geschäftsführer Max Schärer. Für den europäischen Markt hatte er auch gleich ein neues Produkt, nämlich den Bio-Puderzucker, der auf einer neuen Anlage mit einer neuen Mahltechnologie fabriziert wird. Damit sei das Unternehmen flexibel geworden, man könne zum Beispiel mit Batches arbeiten. Da sollte der Absatz gesteigert werden können, sagte Schärer. Doch momentan würden auf der Anlage weitere Tests gemacht. Im Frühling sollte sie dann komplett bereit sein und der Schweizer Zucker soll auf den europäischen Markt gebracht werden können. Doch Schärer hält fest: «Wir haben nur mit den wirklich ganz spezialisierten Produkten in Europa eine Chance». Voraussichtlich im Herbst will das Unternehmen mit einer neuen Anwendung für die Bäckerei-Konditorei-Branche aufwarten, dann soll nämlich der «Hagelzucker» lanciert werden. Schweizer Zucker AG zusammen mit deutschen Rübenpflanzern Auch die einzige Zuckerfabrik der Schweiz, die Schweizer Zucker AG, war zum ersten Mal an der Biofach präsent, gemeinsam mit der deutschen «rebio», der regionalen Bioland Erzeugergemeinschaft aus Rottenburg, welche die Zuckervermarktung macht. Diese Produzentengemeinschaft lieferte in der letzten Rübenkampagne 40 000 Tonnen nach Frauenfeld. Auch die Hostettler Spezialzucker AG sucht für ihre Produkte - Invertzucker-, Karamellzuckersirup und flüssige Zuckermischungen als Rohstoffe und Halbfabrikate für die Süsswaren- und Getränkeindustrie – Exportmöglichkeiten. Der Schweizer Markt sei zu eng geworden, sagte Marketingleiter Urs Bieler. Auch in die Gastronomie wolle man vorstossen, und zwar mit Zuckermischungen unter der eigenen Marke «Liquiss». Weil die Produkte Halbfabrikate seien, könnten zudem die Zollhürden abgeschwächt werden, sagte Bieler. Präsentieren und entdecken an der Biofach An der Biofach in Nürnberg zeigten Schweizer Unternehmen ihre Produkte. Dabei können Aussteller auch Entdecker spielen und neue Rohstoffe für ihre Produkte evaluieren. Alle Jahre an der Biofach in Nürnberg zu finden ist der Swiss Pavilion, der von Switzerland Global Enterprise (SGE) organisiert wird. An diesem teilten sich zum Beispiel José Amado Blanco von Babybrei-Hersteller Yamo und Wolfang Moritz von Vitarbo den Stand. Die neue Technologie sei einzigartig für Europa, schwärmte Amado Blanco. Denn der Babybrei werde mit Hochdruck hergestellt, so würden die Vitamine viel schonender behandelt als mit der üblichen Hitzesterilisation. Die Rohstoffe seien ausschliesslich aus biologischer und Schweizer Produktion, erklärte Amado Blanco. Natürlich auch aus biologischem Anbau ist der Rohstoff Moringa, den Wolfgang Moritz aus Indien erhält. Danach wird der Moringa in Deutschland verarbeitet. Die Moringa-Blätter werden geschnitten, gesiebt und gemahlen. Daraus entsteht das Moringa-Pulver. Neu sei das Baobab-Pulver, das aus Südafrika stamme, wo mit einem Produzenten eine Partnerschaft aufgebaut worden sei, wie Moritz sagte. Im Fokus hat Moritz besonders die Kunden aus der Industrie, die mit Moringa neue Rezepte für Tee, Suppen, Saucen, grüne Nudeln, Gewürzmischungen oder Wellnessgetränke produzieren. Mit Baobab-Pulver könnten zudem neue Getränke, Süsswaren und Riegel hergestellt werden. Bio als Geschäftsfeld ist auch wichtig für die Gautschi Saucen AG. Als Produkteneuheit päsentierte Verkaufsleiter André Gutmann etwa die vegane Mayonnaise aus Reismehl, auch in den Geschmacksrichtungen Curry und Tartar, für den Sommer ist die Cocktail-Variante geplant. Neu lanciert werden auch Aufstriche wie der Auberginen-, Mango-Curry oder Tomaten-Quinoa-Aufstrich im Glas und in der Tube. Der deutsche Markt sei wichtig und Gautschi wolle dort in den nächsten Jahren Fuss fassen, sagte Gutmann, doch der wichtigste Markt für das zur Haco gehörende Unternehmen bleibt Italien. Heiss oder kalt Die Neuheit der Morga AG aus Ebnat-Kappel sind die Mischsäfte mit 50 Prozent weniger Zucker, sie sind mit Stevia gesüsst. Sie heissen «So und So», weil sie heiss und kalt, als Punsch, Tee oder Sirup getrunken werden können, wie Marlies Lieberherr erklärte. Ebenfalls eine Neuheit sind Biogerichte unter der Marke «Nila’s Kitchen», die im Becher schnell zubereitet werden können, zum Beispiel Quinoa-Chili, Hirse oder Kokosmilchreis. Hauptexportmarkt von Morga sind die Benelux-Staaten. Für Deutschland seien die Produkte zu teuer, sagte Lieberherr. Doch der Export werde stetig ausgebaut. Das Know-how zur Dinkelgluten-Herstellung hat die Firma Blattmann Schweiz AG aus Wädenswil. CEO Giulio De Lucia erklärte, dass Dinkelgluten viel verträglicher für den Organismus sei als Weizengluten und daher für viele Anwendungen gefragt sei. Zum Beispiel für vegetarische Würste, für Vegi-Cordon-bleu oder ganz einfach für die Dinkel-Brotherstellung. Aber auch mit biologischen Weizen- und Dinkelproteinen, mit Glukosesirup und Quellstärke ist das Unternehmen am Markt. Das junge Unternehmen Frooggies AG stellte an der Biofach Fruchtpulver für Müesli, Smoothies, Joghurts und andere Lebensmittel vor. Die Früchte werden nach dem Ernten gefriergetrocknet. Beim Gefriertrockungsverfahren werden die Früchte nicht erhitzt und somit die Vitamine und Nährstoffe erhalten bleiben, wie Sarah Nissl von Frooggies erklärte. Konkurrenz aus der EU Immer wieder an der Biofach anwesend ist Gerhard Marty, CEO der Reismühle Brunnen. Export sei für die Reismühle fast nur mit Bio und Fairtrade möglich. Man sei deshalb am Evaluieren, ob man an der Anuga nochmals teilnehmen werde, sagte Marty. Die Konkurrenz aus der EU sei im konventionellen Bereich einfach zu gross, denn die Reismühle Brunnen müsse im Gegensatz zu einer deutschen Reismühle Zölle zahlen, wenn aus Italien Reis beschafft würde. Da sei das finanzielle Ungleichgewicht zu gross. Die Hälfte der von der W. Kündig & Cie. AG aus Zürich produzierten Lebensmittel sind aus biologischen Rohstoffen. Diese setzen sich gemäss dem Marketingchef Marc-Remo Kündig vor allem aus Getreide und Saaten, Trockenprodukten wie Gemüse, Kräuter oder Pilzen oder Bohnen zusammen. Um zu hundert Prozent rückverfolgbare Rohstoffe zu haben, habe das Unternehmen mit Bauern Joint Ventures abgeschlossen. Etwa in Bayern, wo Landwirte Zwiebeln für Kündig anbauen. Aber auch mit spanischen und Bauern aus dem Baltikum habe das Unternehmen langjährige Verträge abgeschlossen. Es brauche schliesslich nicht nur eine Versorgung aus China, sagt Kündig, die Rohstoffe könnten viel lokaler aus Europa beschafft werden. Die Hauptabsatzmärkte der Firma sind die Schweiz, Deutschland und Österreich. In Frankreich und Italien sei die Firma Kündig ebenfalls tätig, sagte der Marketingchef. Earl-Grey-Schokolade Der Schokoladehersteller Stella Bernrain ist schon seit fünf Jahren an der Biofach vertreten. Hier gehe es laut Marcel Lemann nicht darum, neue Kunden zu finden, sondern vielmehr darum, neue Rohstoffe zu entdecken. So präsentierte Stella Bernrain nun Minze-Moringa, Chai- und Earl-Grey-Schokolade, aus Rohstoffen, welche sie an der letzten Biofach entdeckt hätten. Zum ersten Mal waren Christoph Gsell und Jacques Bossart mit ihrer Firma MiAdelita GmbH aus Au an der Messe. Sie stellen als einziger Produzent in der Schweiz Maistortillas und Tortillachips her. Die Maiskörner werden mit Kalk gekocht und mit einer Lavasteinmühle gemahlen. Der daraus entstehende Teig wird zu Dreiecken geformt, gebacken, frittiert und verpackt. Die Swissgum AG aus Kreuzlingen konnte für die Lebensmittelherstellung naturnahe Stabilisierungssysteme für den Einsatz in verschiedensten Lebensmittelbereichen, vor allem für die Herstellung von Eiscrème, Milchprodukten, Feinkost, Backwaren und Fruchtzubereitungen anbieten. Für Dessertprodukte wurden neue Stabilisierungssysteme für die unterschiedlichsten Texturen geschaffen, wovon viele glutenfrei und frei von Palmfetten seien. Druck des Einzelhandels An der Saftbar des Schweizer Frucht- und Gemüsesaftherstellers Biotta AG aus Tägerwilen spürte Clemens Rüttimann, CEO von Biotta den Druck des Einzelhandels. Vor einigen Jahren habe es noch viel mehr Biofachhändler gegeben, heute würden die «Grossen wie Rewe oder Edeka» kommen, die auch Bioprodukte suchen. So merke man, dass Bio jetzt zum Massenprodukt werde, so Rüttimann. Trost erhielt der Biotta-Chef durch den Erfolg auf dem Exportmarkt in Frankreich. Da heisse es «immer auf Zack sein» und laufend Saftneuheiten und neue Verpackungsformen realisieren, so etwa mit dem ungesüssten Bio Tee «Vivitz», mit einer (!) Kalorie pro Flasche, vegan mit frisch aufgebrühtem Früchte-, Grün-, Zitrone-, Apfel-Holunder- oder Rhabarber-Tee. Man müsse allgemein aktiver sein als früher, sagt Rüttimann. Die Leute würden durch die sozialen Medien sofort Trends aufgreifen und diese weiter kommunizieren. Dennoch habe die Biofach immer noch etwas Familiäres. So sei das Schöne für Rüttimann immer wieder, dass es so viel Neues, soviel Kreativität und Innovation an der Messe gebe. Man rede miteinander, auch unter Konkurrenten, und niemand sei sich spinnenfeind. hanspeter.schneider@rubmedia.ch

Eigenwerbung Veranstaltungen Eigenwerbung Veranstaltungen

Ähnliche Beiträge

Wichtige Nachricht verpasst?

Nicht wenn Du den kostenlosen Newsletter abonniert hast.