Festplatten und Fertigrösti

Der Onlinehändler Brack steigt neu in den Handel mit lang haltbaren Lebensmitteln ein und sieht dort ein grosses Potenzial. Auch Handels-Experten bescheinigen Brack gute Chancen.

Wer beim Online-Händler Brack neue Druckerpatronen, Halogen-Lampen und Speicherkarten bestellt, kann nun auch noch einen Wocheneinkauf dazupacken: Uncle Ben’s Reis, Barilla Teigwaren und Saucen, Hero Rösti, Knorr Stocki, Zweifel Chips, Thomy Senf, Wernli Biscuits oder Lindor-Kugeln sind nur ein paar der Markenprodukte, die Brack seit dem 6. März im Sortiment führt. Insgesamt über 1000 Produkte von 70 Marken bietet Brack neu an, alles länger haltbare Produkte, die ungekühlt transportiert werden können. Damit kann Brack die bestehende Logistik umstandslos auf Lebensmittel ausweiten. Das Sortiment soll bis Ende Jahr auf 2000 ansteigen. Bereits bisher bot Brack 5000 Artikel des täglischen Bedarfs wie Babynahrung, Tierbedarf, Körperpflege- und Reinigungsartikel an. Man erachte das Potenzial als sehr gross, sagte Brack-Marketingleiter Marc Iseli bei der Vorstellung des neuen Angebots im Brack-Pop-up-Shop an der Zürcher Bahnhofstrasse. Im Unterschied zu Frischprodukten, bei denen die Konsumentinnen und Konsumenten die Produkte direkt prüfen möchten, wollten sie beim Kauf von haltbaren Produkten möglichst wenig Aufwand mit Auswählen, Bezahlen und Schleppen haben. Hier könne Brack einspringen und in einem Paket nicht nur Heimelektronik und Haushaltartikel, sondern neu auch Lebensmittel liefern. Für die Kunden gibt es keine Mindestbestellmenge, auch einzelne kleine Produkte werden ausgeliefert, allerdings mit einem Kleinmengenzuschlag von 50 Franken. Keine Tefpreise Verantwortlich für den Food-Bereich ist die neue Senior Product Managerin Food Patricia Zwyssig, die auch schon bei Unilever und Danone gearbeitet hat. Brack führe derzeit Markengetränke und auch Bier, sagt sie, künftig sollen auch Weine und Spirituosen verkauft werden. Die Preise liegen auf dem Niveau von Coop@home. Man wolle nicht preislich konkurrenzieren, sagt Zwyssig. Brack sei bekannt als Fachhändler, nicht als Online-Discounter. Frischprodukte ins Sortiment zu nehmen ist laut Zwyssig bis auf weiteres kein Thema, Kühllogistik wäre eine andere, weitaus anspruchsvollere Disziplin. Brack hat bisher vor allem grosse Markenhersteller anvisiert, weitere Renner-Produkte wie etwa Nutella sollen noch folgen. Brack arbeitet seit letztem Herbst bei der Auslieferung auch mit der Migros zusammen, bestellte Produkte können in Migros- oder Alnatura-Filialen abgeholt werden. Kann man sich bei Brack auch den Verkauf von Migros-Produkten vorstellen? Zwyssig sagt, man sei grundsätzlich offen dafür, es liege an der Migros zu entscheiden. Bei der Migros-Industrie sagte man dazu weder ja noch nein. «Wir beobachten die Marktentwicklung und Kundenbedürfnisse im Onlinehandel in der Schweiz und im Ausland aufmerksam», teilt die Sprecherin Andrea Schlenker mit. «Aktuell laufen keine Gespräche.» Zum Online-Angebot kommt ab April auch das Sortiment von Ziano, einem Online-Spezialitäten-Shop, den Brack im Februar übernommen hat. Ziano bietet Spezialitäten von meist kleinen Herstellern aus der ganzen Welt. Der grösste Teil davon ist haltbar und damit für Brack geeignet, wie Zwyssig sagt. Wie viele von den 800 Ziano-Produkten Brack anbieten wird, ist noch nicht klar. Sie werden aber einen grossen Anteil haben an den 1000 Produkten, die bis Ende Jahr dazu kommen sollen. Der Start-up Ziano wurde 2014 gegründet, Brack-Inhaber Roland Brack war als Investor dabei. Im Februar habe man dann beschlossen, dass Brack Ziano übernehme, sagt Zwyssig. Mit Brack verbandelt ist auch der Online-Bioladen Mahler & Co, dort ist Brack-CEO Markus Mahler Präsident. Positionierung im wachsenden Markt Ist das Potenzial für Brack tatsächlich so gross, oder kaufen Online-Kunden nicht doch eher frische und haltbare Lebensmittel am gleichen Ort ein, nämlich bei LeShop und Coop@home? Der Online-Handelsexperte und -Berater Thomas Lang sieht durchaus Potenzial. Er hält einen künftigen Online-Anteil am Lebensmittelmarkt von 5 bis 8 Prozent für realistisch. Heute sei man bei 2 Prozent, es liege deshalb noch ein starkes Wachstum drin. «Ich sehe durchaus Potenziale, dass Brack Kunden abholen kann, die bislang noch nie Lebensmittel online bestellt haben, aber die Services von Brack schätzen», sagt Lang. Die starken Marken dienten für Brack als Türöffner und mit Ziano könne Brack sich differenzieren und profilieren. Auch für KMU könne es interessant sein, neben Drucker-Verbrauchsmaterial noch Kaffee, Lebensmittel oder Toilettenpapier beim gleichen Lieferanten zu beziehen. Thomas Hochreutener, Direktor Handel beim Marktforscher GfK, sagt, im Schweizer Lebensmittelmarkt mit einem Gesamtumsatz von 40 Milliarden Franken seien knapp die Hälfte haltbare und Near-Food-Produkte. Wenn Brack hier einen guten Service biete, sei das für die Kunden sicher interessant. Im Netz geht es um Aufmerksamkeit, tendenziell sei es für Grosse deshalb einfacher zu wachsen, sagt Hochreutener. Für Brack könne die Übernahme von Ziano helfen, neue Kunden zu gewinnen. Anastasia Li-Treyer, die Geschäftsführerin des Markenherstellerverbandes Promarca, sagt, ihre Mitgliedsfirmen hätten in der Schweiz mit der hohen Konzentration im Detailhandel und mit dem hohen Eigenmarkentanteil einen schweren Stand. Deshalb sei jeder neue Absatzkanal willkommen, der nicht zu Coop oder Migros gehöre. «Brack ist eine wichtige Ergänzung - aber auch nicht mehr.» Der stationäre Handel werde noch für eine Weile der weitaus wichtigste Verkaufskanal bleiben. In der Schweiz werde sich der Online-Handel auch deshalb nicht so rasant entwickeln, weil die Dichte an Läden sehr hoch sei, sagt Li-Treyer. Alles, was derzeit im Bereich Online-Lebensmitteltelhandel passiert, passiert vor dem Hintergrund, dass auch Amazon früher oder später mit Lebensmitteln und Near-Food in den Schweizer Markt drängen wird. Wird dieser Markteintritt alles auf den Kopf stellen? Hochreutener glaubt es nicht. Dass es rasch gehen könne, zeige zwar die Firma Zalando, die sich seit dem Schweizer Start 2012 zum grössten Mode-Verkäufer entwickelt habe. Im Lebensmittelhandel sei aber alles etwas komplizierter, dort werde es nicht so schnell gehen. «Aber es kommt sicher Bewegung rein.» roland.wyss@rubmedia.ch

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