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Vollmilch ist Konsumenten-Täuschung

Wie widersprüchlich die Schweizer Agrarpolitik ist, sieht man bei der Milch. Dort wird eine Qualitätsstrategie beschworen, aber die Anforderungen an Schweizer Milchprodukte werden auf EU-Niveau abgesenkt. Ein Beispiel dafür ist standardisierte Vollmilch. Die Schweizer Milchproduzenten sprechen von Konsumenten-Täuschung.

Auch Personen mit Laktoseintoleranz und Galaktosämie müssen nicht auf alle Milchprodukte verzichten. Kenntnis der Laktosekonzentration hilft bei der Wahl.

Die Branchenorganisation Milch (BOM) sucht derzeit nach Möglichkeiten, den Mehrwert von Schweizer Milchprodukten auszuloben. Der Fokus ist dabei ganz auf die Milchproduzenten gerichtet, sie sollen möglichst hohe Anforderungen bei der Produktion erfüllen. Auf EU-Niveau gesenkt Wenig Beachtung findet dagegen die Milchverarbeitung. Dabei hat der Bund die Anforderungen an Milchprodukte in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen auf EU-Niveau gesenkt. Dank Cassis-de-Dijon darf z.B. in der Schweiz Vollrahm mit 30% Fett, statt mit 35% Fett in den Handel gelangen. Reibkäse muss nicht nur aus Käse bestehen, sondern kann - wie in der EU - noch Stärke oder Kartoffelmehl enthalten. Ein allgegenwärtiges Beispiel ist die Standardisierung der Konsummilch. Sie wurde vor zehn Jahren eingeführt, um die Schweizer Gesetzgebung mit der EU zu „harmonisieren“. Bis dahin hatte Vollmilch hierzulande mindestens 3,8% Fett. Sie war folglich gehaltvoller, vitaminreicher und schmackhafter als die europäische Vollmilch, die auf einen Fettgehalt von 3,5% eingestellt war. Dieser Mehrwert ist seither dahin. Milchfettgehalt steigt Milch ist ein Naturprodukt. Abhängig vom Futter und der Jahreszeit enthält Milch mehr oder weniger Fett. Dank Zuchtfortschritt und Verbesserung in der Fütterung ist der Milchfettgehalt in den letzten Jahren permanent gestiegen. Vor 30 Jahren lag der Jahresschnitt bei 3,9% Fett, heute sind es beinahe 4,1%. Die Bauern haben kaum etwas davon, dass sie Milch mit mehr Inhaltsstoffen liefern. In den meisten Fällen wird die Milch nämlich nicht nach Gehalt bezahlt. Es ist sogar umgekehrt: Je mehr Fett die Bauern abliefern, desto grösser wird der Druck auf den Milchpreis. Das liegt daran, dass die Verarbeiter den Rahm, den sie bei der Standardisierung absahnen, zu Butter verarbeiten. «Gesetzlich erlaubte Konsumenten-Täuschung» Durch die Standardisierung fallen jährlich etwa 1'000 Tonnen zusätzliche Butter an. Und sobald zu viel Butter auf dem Markt ist, drückt das auf den Milchpreis der Bauern. Um überschüssige Butter im Ausland absetzen zu können, müssen die Milchproduzenten C-Milch zum Weltmarktpreis liefern. Einem Preis, der die Produktionskosten hierzulande bei weitem nicht deckt. Die Milchfett-Standardisierung ist deshalb sowohl für die Bauern als auch die Konsumenten negativ. Rückgängig machen lässt sich das kaum noch. Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) fordern aber, dass wenigstens die Bezeichnung "Vollmilch" für standardisierte Milch aus der Verordnung über Lebensmittel tierischer Herkunft (VltH) gestrichen wird. Laut SMP-Mitarbeiter Thomas Reinhard handelt es sich dabei um eine gesetzlich erlaubte Täuschung der Konsumenten, da der Fettgehalt der vollen Milch weit über 3,5% liegt. "Das ist nicht fair gegenüber den Milchviehhaltern, die Milch mit hohem Gehalt abliefern", sagt Reinhard. Und auch nicht fair gegenüber den Konsumenten, die glauben, dass die Milch den vollen Nährwert hat. Reinhard: "Fettreduzierte Milch muss unserer Meinung nach entsprechend deklariert sein damit die Konsumenten die Wahlfreiheit haben." Natürlicher Fettgehalt bei Bio Suisse, Heumilch und Die Fair Milch Diese Wahlfreiheit haben sie seit zehn Jahren nur noch gegen Aufpreis. Im Handel werden mehrere Arten Konsummilch mit natürlichen Fettgehalt angeboten, die alle mehr kosten als die Standardmilch. Knospe-Vollmilch enthält z.B. stets mindestens 3,9% Fett, weil Bio Suisse ihren Lizenznehmern die Bezeichnung "Vollmilch" verboten hat, wenn die Biomilch auf 3,5% Fettgehalt standardisiert wurde. Auch bei Heumilch wird der natürliche Fettgehalt der Vollmilch belassen. Und bei "Di fair Milch Säuliamt" haben die Konsumenten neben der Gewissheit, dass die Bauern einen fairen Produzentenmilchpreis bekommen, als Bonus auch eine Milch mit natürlichem Fettgehalt. Ob den Konsumenten das bewusst ist, ist allerdings fraglich. Der Anteil der "echten" Vollmilch beträgt nur gerade 15% der Konsummilch, 40% wird dagegen mit fix eingestelltem Fettgehalt verkauft. Vollfette Vollmilch ist die Ausnahme Die meisten Milchprodukte werden in der Schweiz in Form von Käse konsumiert. Konsummilch macht, bezogen auf die Milchäquivalente, nicht einmal 10 Prozent des Schweizer Milchkonsums aus. Rund 40% der Konsummilch gelangt mit standardisiertem Fettgehalt in den Verkauf. Noch begehrter ist mit 45% einzig die fettreduzierte und ganz magere Milch. "Es ist ein Konsumentenbedürfnis" Lorenz Hirt von der Vereinigung der Milchindustrie sieht das sogar als Bestätigung dafür, dass standardisierte Milch ein Konsumentenbedürfnis ist, "da der Konsument, welcher eine 3,5% standardisierte Vollmilch kauft, stets ein identisches Produkt erhält, welches weder mit der Futterqualität noch mit der saisonalen Veränderung des Gehaltes der Milch variiert." Auch beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat man für das Anliegen der SMP kein Gehör. BLV-Mediensprecher Stefan Kunfermann verweist auf das Landwirtschaftsabkommen Schweiz-EU. Man habe die Definitionen der EU übernommen und in der EU dürfe Konsummilch mit einem standardisierten Fettgehalt von 3,5% nun mal als Vollmilch bezeichnet werden. Dabei gibt es durchaus Bereiche bei denen die Schweiz nicht der EU nacheifert, etwa bei der Auszeichnung von Produkten aus gentechfreier Produktion. Schweizer Milchprodukte dürfen zwar in der EU mit dem Prädikat "ohne Gentechnik" angepriesen werden, weil hierzulande kein gentechnisch verändertes Futter zum Einsatz kommt. In der Schweiz ist diese Auslobung dagegen nach wie vor nicht erlaubt. Milchfett ist ein spezielles Fett Dass Fett Energie liefert, fettlösliche Vitamine mit sich führt und Träger von Geschmack- und Aromastoffen ist, weiss man schon lange. Trotzdem war Fett lange Zeit verpönt. Erst in jüngerer Zeit konnten Forschungsergebnisse belegen, dass Milchfett längst nicht so schlecht ist wie sein Ruf. Die Zusammensetzung des Milchfetts ist sehr komplex, es besteht aus mehr als 400 verschiedenen kurz-, mittel- oder langkettigen Fettsäuren. Die Wirkung hängt von der Kettenlänge ab: Die kurzkettige Buttersäure dient z.B. als Energielieferant, verbessert das Milieu im Dickdarm und scheint bei der Krebsprävention eine positive Rolle zu spielen;die mittelkettigen Fettsäuren Capron-, Capryl- und Caprinsäure haben dagegen einen geringeren Energiegehalt und werden besonders leicht verstoffwechselt. Sie helfen das Körpergewicht und die Körperfettmasse zu senken, wirken antitumoral und laut neueren Studien auch antiviral; eine antibakterielle Wirkung wurde zudem für die Laurinsäure nachgewiesen. Je höher der Anteil Grünfutter in der Ration desto höher ist der Anteil jener Fettsäuren denen eine Wirkung gegen Atherosklerose und Krebs nachgesagt wird. Offenbar kann mit Milch aus graslandbasierter Produktion auch der Cholesterinspiegel gesenkt werden, da sie mehr Omega-3- Fettsäuren und mehr konjugierte Linolsäuren enthält. Es gäbe also durchaus auch gesundheitliche Gründe das Fett in der Milch zu lassen.

Milchwirtschaftliches Museum

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