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Bäckereigewerbe ist unter Druck

Brot dient seit Jahren als Frequenzbringer, der Preiskampf tobt, die Importe steigen – dementsprechend sind die gewerblichen Bäcker unter Druck. Besonders mittlere Unternehmen sind gefordert.

Ex-Aryzta Verwaltungsratspräsident Gary McCann hat das Handtuch geworfen. Im Bild anlässlich des Besuches von McCann in der Fabrik in Dagmersellen.

Die Menge der importierten Backwaren ist von 2007 bis 2017 um 66 Prozent auf 119 593 Tonnen gestiegen. Dies teilte das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) im Marktbericht Brot und Getreide mit. Wichtigstes Herkunftsland für die Importe war 2017 Deutschland mit einem Anteil von 41 Prozent. 14 Prozent der Backwaren wurden aus Frankreich importiert, 13 Prozent aus Österreich und 13 Prozent aus Italien. Für die Schweizer Bäcker bedeuten die Importe einen zunehmenden Preisdruck. Massive Investitionen in Kapazitäten Es sind jedoch nicht nur die steigenden Importe, die den hiesigen Bäckereien das Leben schwer machen. Es ist auch das vertikal integrierte Geschäftsmodell der Grossverteiler, die in den letzten Jahren massiv in ihre Kapazitäten investiert haben. Zum Beispiel Coop: Im hochmodernen Werk in Schafisheim, das vor einem Jahr eröffnet wurde, werden jährlich 60000 Tonnen Backwaren hergestellt. Und die Migros bäckt an elf Standorten, inklusive den ganz grossen Fabriken in Gränichen und Volketswil, total 166000 Tonnen. Auch der Backwarenkonzern Aryzta mischt mit. Seit dem Wegfall seines Joint-Ventures «Hicopain» mit Coop und damit des Auftrages, müsse Aryzta seine Fabriken in Dagmersellen und Schlieren auslasten und operiere mit dementsprechend tiefen Preisen, monieren manche Bäcker. Letzte Woche eröffnete das Unternehmen in Dagmersellen eine neue Linie – die fünfte, zwei andere betreibt der Konzern in Schlieren. Man habe in neue Technologien investiert, die dem Kundenbedürfnis nach artisanalen, frischen Backwaren gerecht würden, sagt Petra Staudenmaier von Aryzta dazu. Auf der neuen Linie könnten langgeführte Teige mit hohem Wassergehalt maschinell verarbeitet und von Hand geformte Brote im Steinofen gebacken werden. Es sei die weltweit modernste Anlage, schreibt Aryzta in der Medienmitteilung. 65 Mitarbeiter entlassen Diese massive Konkurrenz sorgt in der Branche für einen Strukturwandel. Während dieser in der kleingewerblichen Bäckereiwirtschaft meistens in der Generationenfolge still vor sich geht, läuft er bei mittleren KMU, wo Arbeitsplätze betroffen sind, mit mehr Nebengeräuschen ab. So musste die Backwarenfabrik Ritz AG in Laupen mit 65 Mitarbeitern in diesem Frühling die Produktion stilllegen. Die dominierenden Grossverteiler hätten einem mittleren Betrieb das Leben schwer gemacht, schrieb das Unternehmen in der Medienmitteilung. «Entweder hat man Platz in Nischen oder man hat eine gewisse Grösse», sagt der Geschäftsführer und VR-Präsident Jürg Reinhard von der Ritz AG gegenüber alimenta. Zwar habe das Unternehmen eine gewisse Bekanntheit mit seiner Marke «Ritz» gehabt, doch für die Zukunft hätten sich schon einige Fragen gestellt, sagt Reinhard. Zum Beispiel zur Ersetzung der Anlagen, die in ein gewisses Alter gekommen seien, und zur Handarbeit, die im Betrieb noch sehr wichtig war. Die anstehenden Investitionen hätten sich nie gerechnet, erklärt Reinhard und fügt an: «Insbesondere in Zeiten, in denen die Grossverteiler ultramoderne Bäckereien aufstellen.» Die Schliessung erfolgte, obwohl das Unternehmen mit Regionalität trumpfen konnte und mit seinem Frischlieferdienst einen optimalen Service für das Qualitätsgebäck anbieten konnte. Doch: «Dieser Service war sehr teuer», sagt Reinhard. Jetzt sei die Hälfte des Handelsproduktesortiments an das Unternehmen Euroma AG in Gümmenen abgetreten worden, und das Ritz-Markensortiment werde künftig von der Deliciel AG im aargauischen Birmenstorf produziert. Auch die Produktionsmaschinen seien an die Deliciel verkauft worden. «Noch zwei Linien stehen im Haus», sagt Reinhard. Und auch die würden demnächst das Werk des Traditionsunternehmens, das seit 1889 produzierte, verlassen. Besinnung auf Handwerk Ein anderes mittelständisches Backwarenunternehmen gab Ende August bekannt, dass 60 von 115 Arbeitsplätzen abgebaut werden müssen. Die Groba AG mit Standorten in Brüttisellen und Bern und einem Jahresumsatz zwischen 20 und 25 Millionen Franken verlor ihren grössten Kunden. Denner will künftig verstärkt auf das Aufbacken von tiefgefrorenen Teiglingen setzen und hat daher seinen Liefervertrag mit der Frischbrot-Bäckerei nicht verlängert, wie die Groba AG mitteilte. Es werde daher mit rund 75 Prozent weniger Umsatz gerechnet, wie das Unternehmen mitteilte. Die Groba AG will künftig als «Handwerks-Bäckerei» tätig sein und in der Schwestergesellschaft, der Bäckerei Buchmann in Zürich, ein handwerklich hergestelltes Brotangebot inklusive einem breiten Take-away-Sortiment anbieten. In der ganzen Bäckereiwirtschaft wird es für mittlere Bäckereien schwieriger. Aufträge kämen heute viel kurzfristiger, die Planbarkeit sei schlechter geworden, erklärt ein Bäcker. Jeder Auftrag müsse jedes Jahr neu ausgeschrieben werden – der Günstigste gewinne den Auftrag, sagt ein Bäcker. Und der Günstigste sei meistens derjenige, der industriell produzieren könne. Kein neues Phänomen Dass KMU aus der Schweizer Backwarenlandschaft verschwinden würden, sei zwar kein neues Phänomen, aber für die Branche dennoch einschneidend, wenn Mitarbeiter entlassen werden müssten, betont Urs Wellauer, Direktor des Verbands Schweizer Bäcker- Confiseure (SBC). Die Entwicklung gehe schnell: Vor zehn Jahren seien noch 50 Prozent des Brotes von gewerblichen Bäckereien verkauft worden, heute liege dieser Anteil nur noch bei knapp 30 Prozent. Kampf um Marktanteile «Die Probleme sind keine Überraschung», konstatiert Urs May. Für den Branchenkenner, der bei Délifrance und Pain Paillasse tätig war, hat es einfach Überkapazitäten – nicht nur in der Schweiz, auch in ganz Europa. In der Tschechei, in Polen, aber auch in Deutschland, Belgien und Frankreich gebe es modernste Bäckereien, die in die Schweiz liefern würden, erklärt Branchenkenner May. Das führe logischerweise zu einem Kampf um Marktanteile mit dem dazugehörigen Preiskampf, bei dem die Detailhändler inklusive Discounter Brot als Frequenzbringer nutzen würden. Brot ist austauschbar Zudem habe es niemand wirklich geschafft, nationale oder internationale Marken für Frischbrot aufzubauen, betont May. Auf nationaler Ebene hätten eigentlich nur Jowa, die Bäckerei Hiestand und vielleicht Pain Paillasse eine akzeptable Wiedererkennung beim Konsumenten als Brotmarke. «Warum haben andere Kategorien wie zum Beispiel Waschmittel den Preisverfall begrenzen können? Waschmittel ist einfach weisses Pulver und als Produkt austauschbar», sagt May. Dort habe es die Branche geschafft, starke Marken aufzubauen, die der Konsument nachfrage. Bei den Confiseuren gebe es sehr gute Beispiele, Bachmann in Luzern oder Sprüngli in Zürich hätten gekonnt eine Marke aufgebaut, sagt May. Dazu brauche es jedoch eine ganz strenge Disziplin und ganz klare Prinzipien. Da müsse man auch einmal Expansionspläne zurückschrauben. Man könne nicht gleichzeitig beim Discounter und beim Premiumanbieter auftreten, betont May. Markenexperte Stephan Feige (siehe Box auf Seite 13) sagt, die Industrie versuche, im Backwarenbereich markenfreie Zonen zu ersetzen mit Kooperationen, etwa zwischen Cailler und Hiestand oder Cailler und Kambly. Beim Schoggigipfeli von Hiestand funktioniere die Kombination gut und treffe auch heute noch ein Konsumentenbedürfnis. Doch sei dieses Gipfeli kaum noch am POS präsent. Für viele Konsumenten stehe Hiestand als gut eingeführte Marke. Für Branchenkenner gebe es jedoch im Ausland, zum Beispiel beim geschnittenen Brot, besser eingeführte Marken, etwa «Harry’s» in Deutschland oder «Ölz» in Österreich. Und Bäcker sagen, dass der Dorfbeck ganz klar als Marke stehen würde. Und welche Chancen gibt es für diesen im Brotmarkt überhaupt noch? Da helfe nur eine Spezialisierung mit ganz viel Serviceleistungen, hält Urs May fest. Zum Beispiel der Sonntagmorgen-Verkauf – und selbstverständlich eine ganz gute Qualität. hanspeter.schneider@rubmedia.ch

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