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Mikroalgen auf dem Teller

Mikroalgen haben Potenzial, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren. Bis die Algen auf unseren Tellern sind, ist jedoch noch eine grosse technologische Entwicklung nötig.

Algen haben ein grosses Potenzial als neue Nahrungsmittelquelle. Sie wachsen schnell, können wassersparend produziert werden und brauchen keinen fruchtbaren Boden. Sie sind reich an Protein, haben einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und enthalten essentielle Vitamine und Mineralien. Doch bis diese Potenziale ausgeschöpft werden können, muss noch eine grosse technologische Entwicklung erfolgen. Während die traditionelle Landwirtschaft auf eine über 10‘000 Jahre alte Geschichte zurückschauen kann, werden industrielle Aquakulturen zur Algenproduktion erst seit etwa 60 Jahren betrieben. Welche Rolle Algen als zukünftiger Lebensmittellieferant spielen, kann aufgrund des aktuellen Entwicklungsniveaus nur schwer v orausgesagt werden. Anbau von Algen Je nach Art und Umgebung können Algen autotroph oder heterotroph wachsen. Autotrophe Algen benutzen ausschliesslich Kohlendioxid als Kohlenstoffquelle und betreiben Photosynthese, wobei heterotrophe Algen auch Zucker als Energiequelle verwenden können und nicht auf Licht angewiesen sind. Spirulina ist eine autotrophe Mikroalge, Chlorella kann auch heterotroph gezüchtet werden. «Der autotrophe Anbau von Algen ist sehr anspruchsvoll“ sagt Dominik Refardt, Leiter der Forschungsgruppe Aquakulturen der ZHAW in Wädenswil. Damit alle Algenzellen gleichmässig mit Licht versorgt werden, müssen sie ständig bewegt werden. In einem unbewegten System würden die Algen in unteren Schichten schnell absterben. Je nach Algenart muss darauf geachtet werden, dass die Algen bei der Bewegung nicht beschädigt werden. Chlorella ist robust, bei Spirulina können die Zellen durch mechanische Belastung zerstört werden. Zudem müssen die Algen mit Kohlendioxid versorgt und der entstehende Sauerstoff muss abgeführt werden. Die Algen brauchen Dünger mit den richtigen Mengen an Makronähstoffen wie Stickstoff oder Phosphor, sowie Mikronährstoffen wie Eisen oder Magnesium. Um die optimale Temperatur einzuhalten, muss Wärme zu- oder abgeführt werden. In unseren Breitengraden muss die Algenproduktion aufgrund der Kälte in den Wintermonaten eingestellt werden. Für den autotrophen Anbau von Algen werden offene oder geschlossene Systeme eingesetzt. Beim offenen System wird die Algenkultur durch ein Becken bewegt. Weil das System offen ist, ist es anfällig auf Umwelteinflüsse und Infektionen. Sicherer und effizienter, jedoch aufwändiger sind Photobioreaktoren, bei denen die Kultur in einem geschlossenen System durch Glasröhren gepumpt wird. Die Firma Roquette Klötze GmbH produziert in der Nähe von Wolfsburg seit dem Jahr 2000 in einem 500 Kilometer langen Röhrensystem Chlorella, welche in Pulverform oder als Pellets in Lebensmittelqualität vermarktet werden. Wesentlich einfacher zum Züchten sind heterotrophe Algen. Weil sie nicht vom Licht abhängig sind, wachsen sie schneller, platzsparender und können sehr gut unter Kontrolle gehalten werden. Allerdings brauchen heterotrophe Algen Zucker zum Wachsen, was sich negativ auf die Energiebilanz auswirkt. Ferner muss hier äusserst hygienisch gearbeitet werden, um zu verhindern, dass Pilze oder Bakterien auf dem Zucker wachsen. Herausforderungen in der Forschung Derzeit werden Mikroalgen vor allem als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Das Genfer Start-up Alver bietet Chlorellapulver für 118 Franken pro Kilogramm an, Roquette Klötze GmbH verkauft Chlorellapulver für 117 Euro pro Kilogramm. Eine kommerzielle Anwendung über Nahrungsergänzungsmittel hinaus ist aufgrund der hohen Herstellungskosten nicht möglich. Auch in Bezug auf die Ökobilanz ist der Anbau von Algen noch nicht konkurrenzfähig. «Der Technologiereifegrad ist noch nicht auf der höchsten Stufe entwickelt und es fehlt die Economy of Scale» sagt Alexander Mathys, Professor für nachhaltige Lebensmittelverarbeitung an der ETH Zürich. Um die Ökobilanz von Algen fair mit herkömmlichen Lebensmitteln vergleichen zu können, müssen weitere Grundlagen zur Algenkultivierung und -verarbeitung erforscht und in grösserem Massstab angewendet werden. «Bis wann die Algenkultivierung konkurrenzfähig wird, ist unvorhersehbar», sagte der US-amerikanische Algenforscher John Benemann. «Wir müssen Forschung und Entwicklung betreiben, wobei wir noch nicht wissen, wohin uns die Ergebnisse führen.» Man sei noch weit von der Optimierung der Prozesse entfernt, sondern befinden sich bei der Grundlagenforschung. Bene­mann geht davon aus, dass es eher zehn Jahre oder länger dauern wird. Diese Unsicherheit hindert Investitionen in die Forschung. Eine weitere Hürde für die Algenforschung ist die regulatorische Seite. Lediglich Chlorella, Spirulina und wenige andere Mikroalgen sind als Lebensmittel zugelassen. Über die meisten Algenarten ist sehr wenig bekannt. Die Investition in Forschung von neuen Algenarten wird durch ein kosten- und zeitaufwendiges Zulassungsverfahren gebremst. Dazu kommen weitere bürokratische Hindernisse durch das Nagoya-Protokoll, welches den Zugang zu genetischen Ressourcen für die wirtschaftliche Nutzung regelt. Algen als Bestanteile von Kreisläufen «Es muss ein Umdenken stattfinden», sagt Refardt. «Es geht nicht linear vom Rohstoff zum Abfall, sondern es bewegt sich alles in einem Kreislauf. Als Bestandteil eines Kreislaufes haben Algen eine Chance.» Für die Forschung gilt es, diese Kreisläufe zum Laufen zu bringen. Ein Forschungsgebiet der Forschungsgruppe Aquakulturen an der ZHAW beschäftigt sich mit der Kombination einer Algen- mit einer Fischzucht. Algen wurden erfolgreich dem Fischfutter zugefügt und das Abwasser aus der Fischzucht konnte für die Düngung der Algen verwendet werden. Damit konnte demonstriert werden, dass zwei wichtige Schritte im Kreislauf möglich sind. Ein Forschungsgebiet am Institut für Nachhaltige Lebensmittelverarbeitung an der ETH Zürich befasst sich mit der Kombination einer Biogasanlage und einer Algenzucht. Aus der Biomasse der Algen sollen eine Reihe von wertvollen Substanzen wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamine, Lipide oder Proteine extrahiert werden. Die verbleibende Biomasse wird zu Biogas verarbeitet, wobei Dünger und Kohlendioxid für die Algenkultivierung anfällt. Ein weiteres Beispiel ist die Kultivierung von heterotrophen Algen zur Verwertung von Lebensmittelabfällen, welche durch Daniel Pleissner, Professor für nachhaltige Chemie an der Universität Leuphana in Lüneburg entwickelt wurde. Lebensmittelabfälle werden durch einen Schimmelpilz hydrolysiert und bilden ein Substrat für die heterotrophe Kultivierung von Chlorella. Dabei können Kohlenhydrate, Nitrate und Phosphate aus den Lebensmittelabfällen zurückgewonnen werden. redaktion@alimentaonline.ch

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