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Die Online-Revolution im deutschen Lebensmittelhandel ist abgesagt

Selbst der US-Gigant Amazon konnte die Machtverhältnisse im Lebensmittelhandel bislang nicht verändern. Bei Fleisch, Obst und Gemüse bleiben die deutschen Konsumenten Edeka, Rewe, Aldi und Lidl treu. Aber wird das immer so bleiben?

Ihre Lebensmittel kaufen die Deutschen nach wie vor am liebsten im Laden ein. (Symbolbild Pixabay)

Schon die Hälfte aller Computer wird in Deutschland online gekauft. Ausserdem mehr als ein Drittel der Konsumelektronik und fast ein Viertel aller Kleidung. Doch in einem Bereich machen die deutschen Verbraucher nach wie vor einen Bogen um das Internet: Lebensmittel. Aber auch Waschmittel und Zahncreme kaufen sie nach wie vor fast ausschliesslich im Laden nebenan.

Dabei hatte es vor zwei Jahren noch ganz anders ausgesehen. Als Amazon Anfang Mai 2017 seinen Lebensmittel-Lieferdienst Amazon Fresh in Deutschland startete, fürchteten viele Händler, jetzt werde der US-Internetgigant auch die Art und Weise revolutionieren, wie in der Bundesrepublik Lebensmittel gekauft werden. So wie er zuvor den Einkauf von Büchern und Elektronik verändert hatte.

«Dem stationären Handel treu»

Doch die Internet-Revolution im Lebensmittelhandel ist Studien zufolge erst einmal abgesagt. In einer Untersuchung kommt der Marktforscher Nielsen zu dem Ergebnis: «Bei Lebensmitteln bleiben die Deutschen dem stationären Handel treu.» Die Zahl der Online-Lebensmittel-Shopper stagniere hierzulande seit über fünf Jahren. Nur jeder sechste deutsche Haushalt kaufe zumindest ab und zu Waren des täglichen Bedarfs online. Auch eine Studie des Digitalverbandes Bitkom kommt zu ähnlichen Ergebnissen.

«Die Deutschen nutzen den Online-Handel für Lebensmittel deutlich weniger als für andere Produkte wie beispielsweise Bücher oder Möbel», betont die Nielsen-Expertin Nina Gemkow. Besonders bei frischen Produkten wie Obst und Gemüse gingen sie lieber auf Nummer sicher und kauften im stationären Handel.

Deutschland: Dichtestes Ladennetz in ganz Europa

Der Verzicht auf Online-Angebote werde den Verbrauchern durch das dichteste Ladennetz in ganz Europa erleichtert, betonten die Nielsen-Experten. Es gebe gemessen an der Einwohnerzahl in der Bundesrepublik zwei bis drei Mal so viele Supermärkte, Discounter und Drogeriemärkte wie in Frankreich oder Grossbritannien.

Edeka, Rewe und Co. beobachten die Entwicklung natürlich sehr genau und kommen zu ganz ähnlichen Schlussfolgerungen. Edeka-Vertriebsvorstand Claas Meineke sagte kürzlich mit Blick auf das Thema E-Food, also den Online-Handel mit Lebensmitteln: «Da halten sich die deutschen Verbraucher nach wie vor zurück.» Auch der Rewe-Digital-Vorstand Jan Kunath urteilt: «Der Bereich wächst langsamer als viele angenommen haben.» Das Online-Wachstum sei in diesem Bereich kein Selbstläufer wie bei Büchern.

Eher noch härter fällt das Urteil über die Internetgeschäfte beim Drogeriemarkt-Riesen Rossmann aus. Im Drogeriehandel habe der E-Commerce «noch keine Zugkraft», stellte Raoul Rossmann, der Sohn des Firmengründers, im Gespräch dem Branchenfachblatt «Lebensmittel Zeitung» fest. Rossmann hat die Kooperation mit Amazon Prime Now deshalb inzwischen eingestellt. Seinen eigenen Online-Shop sieht der Konzern in erster Linie als Kommunikationsinstrument. «Kunden informieren sich bei uns über Öffnungszeiten, Produkte, deren Verträglichkeit, Mikroplastik oder Produktbewertungen. Rund 99 Prozent der Shop-Besucher kaufen aber nicht.»

Kein Wunder also, dass der Ausbau des Online-Angebots an Lebensmitteln vielerorts ins Stocken geraten ist. Beim deutschen Branchenvorreiter Rewe etwa stagniert die Zahl der von seinem Lieferservice abgedeckten Regionen seit geraumer Zeit bei 75. Stattdessen findet sich immer häufiger die Möglichkeit, online bestellte Ware in einer Filiale abzuholen.

Edeka beschränkt seinen Lieferservice Bringmeister nach wie vor auf Berlin und München. Zwar gibt es inzwischen zusätzlich eine Online-Plattform, mit deren Hilfe die selbstständigen Edeka-Kaufleute ihren Kunden Waren im Internet verkaufen können. Doch auch die sei «längst noch kein Massenphänomen», beobachtete die «Lebensmittel Zeitung». Bei den Kaufleuten überwiege die Sorge, mit dem Einstieg ins Online-Geschäft nur rentable Umsätze im Laden gegen unrentable Erlöse im Internet zu tauschen. Aldi und Lidl halten sich beim Thema E-Food in Deutschland ohnehin vornehm zurück.

Newcomer sorgen für Bewegung

Für Bewegung im Online-Lebensmittelhandel sorgen deshalb zurzeit vor allem vergleichsweise kleine Newcomer. Etwa der holländische Online-Supermarkt Picnic, der mit seinen kleinen Elektrokarren zu festgelegten Zeitfenstern immer mehr Gemeinden im Rheinland beliefert. Oder das Start-up Getnow, das für seine Kunden in immer mehr Städten in den Metro-Märkten einkauft und die bestellte Ware auf Wunsch noch am selben Tag ins Haus liefert. Doch hinterlässt all das bislang kaum Spuren in den Bilanzen der Platzhirsche.

Ist die Internet-Revolution im Lebensmittelhandel also endgültig abgesagt? Das wagt im Einzelhandel dann doch bislang kaum jemand zu hoffen. Zwar sei Deutschland bei diesem Thema langsamer unterwegs als andere Länder, aber am Ende werde sich der Online-Handel mit Lebensmitteln doch in der einen oder anderen Form etablieren, heisst es oft in der Branche. Rewe-Chef Lionel Souque jedenfalls ist zuversichtlich, dass sein Konzern darauf vorbereitet ist: «Wenn es sich beschleunigt, sind wir da.»

Milchwirtschaftliches Museum

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