5

Um ohne Wartezeit zum Artikel zu gelangen, benötigen Sie ein Abonnement.

Bereits registriert oder Abonnent:in?

Login

Jetzt Abo abschliessen

Probe Abo

Kostenlos

Geniessen Sie für einen Monat kostenlos alle Vorzüge eines Premiumabos.

Premium

ab CHF 98.–/Jahr

Online

Erhalten Sie uneingeschränkten Zugang zu allen Online-Beiträgen.

mit Papierrechnung ab 123.–

Premium Plus

ab CHF 170.–/Jahr

Online

Print

Uneingeschränkter Onlinezugang

Plus monatlich das gedruckte Magazin im Briefkasten.

mit Papierrechnung ab 195.–

«Mercosur-Handel ist Einbahnstrasse»

Beim Mersocur-Deal geht es auch um den Import von Poulet- und Rindfleisch aus Südamerika. Die Schweizer Fleischbranche macht auf Schadensbegrenzung und fordert möglichst geringe Konzessionen.

Rindfleischimporte? Ja, aber nur so viel, dass es der einheimischen Produktion nicht weh tut, fordert Proviande.

Die Schweizer Milchwirtschaft rechnet sich beim Abschluss eines Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten Chancen aus, mehr Käse und Babynahrung nach Südamerika exportieren zu können. Heinrich Bucher hingegen macht sich da keine Hoffnungen. «Beim Fleisch ist der Handel mit den Mercosur-Staaten eine Einbahnstrasse. Daran wird auch ein Freihandelsabkommen nichts ändern», sagt der Direktor von Proviande, der Branchenorganisation der Schweizer Fleischwirtschaft. Die Exportchancen für Fleischspezialitäten aus der Schweiz seien praktisch gleich Null, nicht nur in den Mercosur. «Einzig Bünderfleisch kann in beschränktem Umfang nach Frankreich oder Deutschland verkauft werden.» Umgekehrt sieht das ganz anders aus: Rindsfilets aus Uruguay oder brasilianische Pouletbrüstli sind in der Schweiz bereits heute gefragt. Und die Südamerikaner mit ihrer riesigen Agrarwirtschaft haben ein Interesse daran, noch mehr Rind- und Pouletfleisch zu exportieren. Der hiesigen Fleischbranche geht es deshalb bei einem allfälligen Freihandelsabkommen darum, über das die Schweiz und die anderen Efta-Staaten zurzeit mit den vier Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay verhandeln, vor allem um eines: Schadensbegrenzung. Nicht mehr Importe als nötig «Wir wollen uns nicht überschwemmen lassen, schon gar nicht von unterpreisigem Fleisch», sagt Andreas Aebi klipp und klar. Der Berner SVP-Nationalrat sitzt in der aussenpolitischen Kommission und ist Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Rinderzüchter. Die Schweiz habe beim Fleisch einen hohen Selbstversorgungsgrad von 82 Prozent. «Den wollen wir halten. Es gibt keinen Grund, mehr ausländisches Fleisch zu importieren.» Das sieht auch Heinrich Bucher von Proviande so. Zwar seien Fleischimporte nötig, um die Nachfrage zu decken, auch beim Rindfleisch. Allfällige Zugeständnisse an die Südamerikaner beim Mercosur-Deal dürften aber nur innerhalb des bestehenden WTO-Kontingents erfolgen. Sprich: Unter dem Strich dürfe bei einem Abschluss nicht mehr Rindfleisch zu tiefen Zöllen in die Schweiz kommen als bisher. Und die Bewirtschaftung allfälliger Importkontingente müsse wie heute über eine periodische Freigabe und Versteigerung von Teilkontingenten erfolgen, bei der auch die Fleischbranche mitreden könne. «Spielraum» beim roten Fleisch Um welche Mengen Rindfleisch im Mercosur-Deal konkret gefeilscht wird, ist nicht bekannt. Das federführende Staatssekretariat für Wirtschaft Seco äussert sich wegen den laufenden Verhandlungen dazu nicht. Einen Anhaltspunkt liefert das Freihandelsabkommen, das die EU Ende Juni mit den Mercosur-Staaten abgeschlossen hat. 99 000 Tonnen Rindfleisch dürfen die Südamerikaner zu einem günstigen Zolltarif in die EU einführen. «In Anlehnung daran müsste die Schweiz wohl in etwa 2000 Tonnen zugestehen», schätzt Bucher. «Das würde im Moment nicht weh tun.» Die Schweiz hat laut Bucher in den letzten Jahren nämlich weit mehr Rindfleisch innerhalb des Zollkontigents importiert als die von der WTO vorgeschriebenen 2000 Tonnen, 2018 waren es rund 15 500 Tonnen. «Deshalb besteht hier ein gewisser Spielraum», sagt Bucher. Zugeständnisse über das WTO-Zollkontingent hinaus könnten aber eine gefährliche Signalwirkung für weitere Freihandelsabkommen haben, etwa mit der USA. «Wir würden Gefahr laufen, dass die Aufnahmefähigkeit des Schweizer Marktes überschritten wird und die Preise für Schweizer Rindfleisch unter Druck geraten.» Rinderzüchter Aebi hält sich mit einer Aussage zu den Auswirkungen eines Abkommens zurück. «Solange die konkreten Zahlen nicht auf dem Tisch liegen, sage ich dazu nichts.» Preisdruck beim Geflügel Keinen Spielraum sieht Proviande-Direktor Heinrich Bucher beim weissen Fleisch, also Schwein und Geflügel, wobei das Geflügel entscheidend sei. Hier habe man das WTO-Kontingent in den letzten Jahren jeweils nur knapp oder nicht erfüllt. «Zusatzkontingente, sofern sie nicht marginal ausfallen, würden den Markt belasten.» Ausserdem könnte es zu Klagen wegen Nichterfüllung der Quoten kommen, so Bucher. «Wir haben natürlich gros­-sen Respekt vor einem Mercosur-Abkommen», sagt Robert Raval, Prä­sident der Schweizer Geflügelproduzenten. Rund 45 000 Tonnen Geflügel importierte die Schweiz letztes Jahr, 13 100 Tonnen davon als Pouletbrüstli aus Brasilien. «Der Markt konnte dies verkraften und läuft ausgeglichen», erklärt Raval. Weil die Schweizer immer mehr Poulet essen, konnten die Schweizer Produzenten ihre Produktionsmenge letztes Jahr um sechs Prozent auf 78 000 Tonnen Verkaufsgewicht steigern. Die Inlandproduktion deckt heute 64 Prozent des Konsums. Zusätzliche Importmengen könnten den Preis aber unter Druck bringen, fürchtet Raval. Die Mercosur-Länder seien grosse und äusserst effiziente Ge-flügelfleischproduzenten, die nicht nach den strengen Tierschutz- und Umweltauflagen der Schweiz produzierten. «In der Schweiz produzieren wir zum Beispiel seit 20 Jahren ohne Wachstumsförderer und ohne vorsorglichen Antibiotikaeinsatz», betont Raval. Zu diesen Errungenschaften bekenne sich die Branche. Aber natürlich habe dies auch ihren Preis. Er habe deshalb kein Verständnis für zusätzliche Importe von billigem Geflügel aus Südamerika. Die Schweinefleischproduzenten sehen einem allfälligen Freihandelsabkommen entgegen. «Nach meinen Informationen geht es in den Verhandlungen um 200 Tonnen Schweinefleisch», sagt Suisseporcs-Geschäftführer Felix Grob. «Damit könnten wir leben, das würde den Markt nicht gross belasten.» Trotzdem gelte es vorsichtig zu sein. «Brasilien hat ein komplett anderes Produktionssystem mit den weltweit tiefsten Produktionskosten.» Weitergehende Konzessionen könnten deshalb kritisch sein. «Gleich lange Spiesse? Illusorisch» Müsste die Schweiz bei einem Mercosur-Deal also darauf pochen, dass auch die Mercosur-Ländern nach Schweizer Standards produzieren müssten? Er sei skeptisch, ob solche Vorgaben zur Produktion in ein Freihandelsabkommen gehörten – und ob sie überhaupt umgesetzt werden könnten, sagt Heinrich Bucher. «Selbst wenn wir Auflagen machen, produzieren die Südamerikaner günstiger als wir», gibt er zu bedenken. Bucher sieht eher die Importeure in der Pflicht, bei ihren Lieferanten Standards einzufordern und auch zu kontrollieren. Politiker und Bauer Andreas Aebi bezeichnet die Forderung nach gleich langen Spiessen, wie sie etwa die europäischen Rinderzüchter geäussert haben, als «Augenwischerei». «Gleich lange Spiesse? Das würde auch heissen: gleiche Löhne, gleiche Sozialstandards usw.» Das sei schlicht nicht möglich. Er fordere aber eine klare Deklaration, ob Antibiotika oder Wachstumsförderer verabreicht worden seien. Eine entsprechende Deklarationspflicht gebe es bereits, sagt Bucher. «Die Transparenz ist also gegeben.» Und letztlich liege es am Konsumenten zu entscheiden, ob er ausländisches oder Schweizer Fleisch essen wolle, so der Proviande-Direktor. stephan.moser@rubmedia.ch

Eigeninserat Veranstaltungen Eigeninserat Veranstaltungen

Ähnliche Beiträge

Wichtige Nachricht verpasst?

Nicht wenn Du den kostenlosen Newsletter abonniert hast.