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Eine weltweite Verpflichtung

Die Networking Days des Technologiekonzern Bühler sind Netzwerkanlass und Leistungsschau in einem. Bühler will seinen Weg in die Nachhaltigkeit noch beschleunigen – gemeinsam mit den Partnerfirmen.

«Das globale Ernährungssystum ist kaputt.» Sunny Verghese, CEO des indischen Rohstoffhändlers Olam International und Präsident des World Business Council for Sustainable Development, brauchte an den Networking Days, die vom 23. bis 25. Au­gust beim Bühler Hauptsitz in Uzwil stattfanden, klare Worte: Zwei Milliarden Menschen sind unterernährt, 870 Millionen leiden Hunger, 1,9 Milliarden Menschen sind übergewichtig, gleichzeitig geht ein Drittel aller produzierten Lebensmittel verloren. Dazu komme, sagte Verghese, dass die Landwirtschaft 25 Prozent der Treibhausgas-emmissionen produziere und 71 Prozent des Wassers verbrauche. 75  Prozent aller Biodiversitätsverluste gingen ebenfalls auf das Konto der Landwirtschaft. Das Ziel der Weltgemeinschaft müsse «Null Hunger» sein. Die alles entscheidende Frage sei deshalb: «Können wir zehn Milliarden Menschen im Jahr 2050 ernähren, ohne den Planeten zu ruinieren?» 600 von 800 Teilnehmern der Networking Days seien aus dem Lebensmittelsektor, fuhr Verghese fort. Gemeinsam sei man heute verantwortlich dafür, dass mehr als vier Milliarden Menschen ernährt würden. Die gemeinsame Herausforderung sei also klar. «Wir können nicht einfach so weiter machen wie bisher. Wir müssen Alternativen auf einer nachhaltigeren Grundlage finden, um Nahrungs- und Futtermittel für uns alle zu produzieren.» Bühler hatte für den dreitägigen Anlass Networking Days eine eindrückliche Liste von Referenten aufgeboten: Gro Harlem Brundtland zum Beispiel, die 1987 mit dem Brundtland-Bericht zur nachhaltigen Entwicklung berühmt wurde, Stefan Palzer, Chief Technology Officer bei Nestlé, oder Isabel Wijsen, die junge Gründerin von «Bye Bye Plastic Bags», die auf Indonesien gegen Plastik in der Umwelt kämpft. Neue, ehrgeizigere Ziele Ian Roberts, Technologiechef von Bühler, betonte, der jüngste Bericht des Weltklimarates IPCC habe gezeigt, dass die Menschheit noch zwölf Jahre habe, um das Klima in Ordnung zu bringen. Bühler habe deshalb seine Ziele revidiert. 2016, bei den ersten Networking Days, formulierte Bühler das Ziel, bis 2030 in den Wertschöpfungsketten seiner Kunden 30 Prozent weniger Energie und Wasser zu verbrauchen und 30 Prozent weniger Abfall zu produzieren. Das sei aber nicht genug, sagte Roberts. Das neue Ziel sei, den Energie- und Wasserverbrauch um 50 Prozent zu senken. Alleine könne Bühler dieses Ziel nicht erreichen, es brauche dazu Zusammenarbeit mit den Partnerfirmen, neue Denkweisen und Vernetzung über Wertschöpfungsketten und Branchen hinweg. Die grosse Chance sei, dass mit digitalen Technologien und biotechnologischen Methoden viele Instrumente vorhanden seien, um Probleme zu lösen und gleichzeitig Mehrwert für die Firmen zu schaffen, sagte Roberts. Bühler ist nicht nur als Mühlen- und Sortiererhersteller in der Lebensmittelbranche tätig, sondern als Hersteller von Spezialmaterialien und Batteriepasten auch in der Automobilindustrie. Eindrücklich war das Statement von Christoph Elliott, Biologieprofessor an der Universität Belfast. In Bezug auf Pflanzenkrankheiten und Toxine sei der Klimawandel das grösste Problem, fand er. Höhere Durchschnittstemperaturen in gemässigten Regionen führten zu neuen Krankheitsbefällen und zu neuen Risiken, die man im Auge behalten müsse. Aflatoxin beispielsweise, ein Schimmelpilz, der häufig Nüsse und Gewürze, aber auch Mais und Reis befällt, wandere immer mehr gegen Norden und breite sich weiter aus. Digitale Technik werde es künftig vereinfachen, kontaminierte Waren rasch zurückzuverfolgen und gezielt aus dem Verkehr zu nehmen. Bühler-CEO Stefan Scheiber betonte, man wolle künftigen Generationen eine bessere Welt übergeben. «Wir haben erkannt, wie dringend die Herausforderungen sind. Und wir hoffen, dass die Bühler Networking Days 2019 dabei als Wendepunkt dienen.» Pflanzliche Proteine als kommendes Massengeschäft Die Menschen ernähren, ohne den Planeten zu ruinieren: Alexander Mathys, Professor an der ETH Zürich, zeigte konkrete Wege auf, in welche Richtung es gehen könnte. Ein Mensch brauche pro Tag 50 bis 70 Gramm Protein, typischerweise sei das heute Fleisch. Den Proteinbedarf von künftigen zehn Milliarden Menschen mit Fleisch zu decken, sei aber ein Blödsinn, dafür gebe es nachhaltigere Alternativen wie Hülsenfrüchte oder Mikroalgen. Um Fleisch zumindest nachhaltiger zu produzieren, böten sich Insekten als Futtermittel an. Nicht nur, weil Insekten wie die schwarze Soldatenfliege in der Produktion wenig Platz brauchen und eine gute Futterverwertung haben, sondern weil man ihnen idealerweise Food Waste füttern kann, der sonst für die Lebensmmittelkette verloren wäre. «Insekten werden in ganz vielen Zusammenhängen eine wichtige Rolle spielen», sagte Mathys. Soja sei derzeit die effizienteste Alternative, sagte Mathys, die Verwertung von Insekten heute schon effizient, aber noch nicht weit entwickelt. Laborfleisch sei bisher auch nicht effizient, werde sich wohl aber auch noch stark entwickeln. Der Erfolg von Produkten wie Beyond Burger oder Impossible Burger zeige, dass pflanzenbasierte Proteine ein sehr interessentes Feld seien, wo auch viel investiert werde. Auch Mikroalgen seien eine spannende Alternative, die Methoden, auch biotechnologische, seien noch in der Entwicklung. Innovationen im Schaufenster Im hauseigenem Innovationszentrum Cubic, das Bühler im Frühjahr 2019 in Uzwil eröffnet hatte, präsentierte das Unternehmen eigene Lösungen, die mit digitaler Technik und künstlicher Intelligenz arbeiten. Safefood.ai beispielsweise sucht öffentliche Datenbanken, Webseiten, News und soziale Medien nach Informationen zu Themen der Lebensmittelsicherheit ab und erkennt so Fälle von beeinträchtigten Lebens- und Futtermitteln. Die Nutzer erhalten so aktuell wie möglich auf die eigene Branche abgestimmte Informationen über Krankheiten, Verunreinigungen oder Betrugsfälle. «Damit wird für Einkäufer und QM-Verantwortliche die Risikoevaluation einfacher, Rückrufe und Betrug können einfacher vermieden werden», sagte Barbora Dubovcova, Food Safety Manager bei Safefeood. Das System ist seit einem Jahre online. Ebenfalls mit künstlicher Intelligenz arbeitet ein Prognosetool für Rohstoffpreise. Neben Börsendaten werden tägliche News, Wetterdaten und weitere relevante Informationen eingespeist. Als erstes interessiert sich Bühler – verständlicherweise – für den Stahlpreis, künftig sollen alle möglichen Rohstoffe, auch im Lebensmittelbereich, dazu kommen. Ziel ist, möglichst zuverlässige Prognosen auf ein halbes Jahr hinaus zu machen. Das System läuft seit sechs Monaten und soll in zwei Monaten online gehen. Bühler «Insights» ist die firmeneigene Cloud-Lösung, die Bühler gemeinsam mit Microsoft entwickelt hat, mit der sich beispielsweise sämtliche Vorgänge in einer Mühle oder sonst einer Produktionsanlage aufzeichnen und jederzeit nachvollziehen lassen. Damit können Prozesse optimiert und Fehlerquellen besser behoben werden. DNA als Barcode Im Cubic stellten sich auch verschiedenste Start-ups vor, die neuartige Lebensmittel, Ingredienzen oder neue technologische Lösungen präsentierten. Beispielsweise Michaela Puddu, Gründerin des ETH-Spinoffs Haelixa. Sie will für alle möglichen Rohstoffe und wertvollen Waren Rückverfolgbarkeit gewährleisten, indem die Ware mit DNA-Lösung besprayt wird: Die Herkunft ergibt sich also nicht mehr aus mitgelieferten Zertifikaten, sondern aus der Ware selber. Die DNA funktioniert wie eine Art Barcode und ist inert, also inaktiv, sehr resistent und übersteht Transporte, unterschiedliche Temperaturen und teilweise sogar Verarbeitungsprozesse. Puddu ist im Textilbereich bereits kommerziell unterwegs, für Kakaobohnen hat sie mit Bühler die industrielle Anwendung getestet und hofft, bald erste Projekt zu realisieren. Um Rückverfolgbarkeit geht es auch beim italienischen Start-up Xfarm. Mit vollständigem Monitoring beispielsweise von Reisfeldern hat die Reismühle Einblick in alles, was auf den Feldern ihrer Reislieferanten oder in Lagern passiert, wie der Gründer Matteo Vanotti erklärte. Auch mit dem Kaffeehersteller Lavazza und mit einem Weinhändler hat Vanotti Projekte gestartet. Laatu, ein Bühler-Projekt, stellte eine neue Methode zur Dekontaminierung von trockenen Lebensmitteln vor, die bei einem US-amerikanischen Gewürzhändler und auch beim Schweizer Ingredienzenhersteller Kündig bereits im Einsatz ist. Dabei wird das Gewürz von zwei einander gegenüber liegenden Lampen mit tiefenergetischen Elektronen beschossen, Bakterien und Sporen werden so unschädlich gemacht. Das sei eine interessante Alternative zur Behandlung mit Dampf, Chemikalien oder zur Bestrahlung, sagte Nicolas Meneses, der Leiter des Projekts. roland.wyss@rubmedia.ch

Milchwirtschaftliches Museum

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