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«Viel Fleisch fördert den Konsum»

Der Strukturwandel in der Metzgereiwirtschaft ist enorm und wer sich nicht anpassen konnte, den gibt es nicht mehr, sagt Paul Lüthi. Er ist kein Freund von Label-Programmen. Damit werde die Produktion ausgebremst.

alimenta: Seit 2006 verarbeitet Lüthi & Portmann im neuen Betrieb in Deisswil Fleisch. Was ist Ihre Erfahrung nach über einem Jahrzehnt? Paul Lüthi: Die Auslagerung der Schlachtung war ein grosser Schritt. Damit, und mit dem ganzen modernen Ablauf der Produktion, realisierten wir geradlinige Prozesse, was eine grosse Effizienz und eine hohe Sicherheit bei der Qualität mit sich brachte. Diese Verbesserung der Wirtschaftlichkeit wurde jedoch vom Markt verlangt. Wenn wir das nicht realisiert hätten, gäbe es uns wahrscheinlich gar nicht mehr. Der Neubau rückte Ihr Unternehmen näher zu den «Grossen» der Schweizer Fleischwirtschaft. Der Markt hat sich total verändert, wobei diese Marktverlagerung von den kleinen Metzgereien zu den Grossverteilern natürlich schon vor Jahrzehnten angefangen hat. Diesen Umstrukturierungsprozesse musste man jedoch mitmachen. Wer sich nicht anpassen konnte – den gibt es nicht mehr. Wir haben es geschafft, dass wir einen modernen Betrieb haben. Heute liefern wir anteilsmässig viel mehr in den Detailhandel als zu Zeiten der kleinen Metzgereien. Heute verkaufen wir zum grössten Teil verpackte Ware in Detailhandelspackungen, früher fand der Fleischverkauf offen statt. Früher war es viel einfacher. Die Marge ist sicher auch gesunken? Die Grossverteiler bezahlen ja nicht die Preise, welche die Metzgereien früher bezahlten. Das ist klar. Ein Grund dafür ist der harte Preiskampf unter den Mitbewerbern. Wir brauchen eine Grundauslastung unseres Betriebes mit Standardartikeln. Spezialitäten machen vielleicht noch zehn Prozent aus. Dermassen spezialisiert kann man nicht arbeiten, wenigstens nicht ab einer bestimmten Grösse. Die Marktanteile der beiden deutschen Discounter wachsen. Wie stark profitiert Lüthi & Portmann davon? Wir konnten von Anfang an beide Discounter beliefern. Das war damals eine Chance. Wir können uns jedoch nicht zu stark auf einzelne Kunden fokussieren. Denn ein Händler allein kann uns nicht die Sicherheit geben, die wir brauchen, und man weiss nie, ob und wie sich ein Abnehmer verändert. Sie realisieren gegen zehn Prozent des Umsatzes mit eigenen Läden. Wie wichtig ist das? Das ist ein wichtiger Teil und ausbaufähig, wobei wir extrem Rücksicht nehmen, keine neuen Läden zu eröffnen, sondern nur bestehende Metzgereien zu übernehmen. In den Läden können wir mit eigenen Aktivitäten zielgerichtet auf die Kundschaft eingehen. Verkauft werden dort Grosspackungen, aber auch Spezialitäten in der bedienten Frischfleischtheke, zum Beispiel Biofleisch von einem Landwirt aus der Nachbarschaft. Einerseits wollen die Konsumenten nur «gute» Stücke, andererseits sollte vermehrt das ganze Tier verwertet werden. Ja, wir haben die Herausforderung, dass wir ganze Tiere verwerten müssten. Sobald wir für Labels arbeiten, ist die Vollverwertung noch wichtiger. Wenn es bei Label-Fleisch zu Abschreibungen kommt, also Fleisch degradiert werden muss, stimmt die Rechnung nicht mehr. Der Trend zu veganer Ernährung ist unübersehbar. Werden Rind und Schwein bald durch Soja, Erbsen und Pilze oder durch im Labor gezüchtete Zellen ersetzt? Wir müssen selber aufpassen, dass wir in unserer Branche nicht immer selber von Dingen reden, die für Fleisch negativ sein könnten. Zum Beispiel können wir nicht immer sagen, dass das ausländische Fleisch schlecht sei – dort gibt es auch ganz gutes Fleisch. Das Hauptproblem ist das Konkurrenzdenken in der Branche. Das fängt mit den Labels an, wo jeder noch immer eines draufsetzen und so besser sein will. Kritiker sagen, dass Fleisch ein «Klimakiller» sei. Die Grüne Partei fordert zum Beispiel, dass in der Schweiz 25 Prozent weniger Tiere gehalten werden. Das Klimaproblem müssen wir ernst nehmen. Der Fleischkonsum hat hier schon einen Einfluss. Dennoch muss man klar festhalten, dass das, was wir in der Schweiz diskutieren, international kein Thema ist. Und dass es global gesehen auch keinen Einfluss auf die Klimaveränderung hat. Hierzulande stagniert der Fleischkonsum trotz Bevölkerungswachstum. International aber prognostiziert man im Fleischkon­sum bis ins Jahr 2050 ein 30-prozentiges Wachstum. Dabei saugt die Nachfrage in China alles weg. Dann müsste Lüthi & Portmann sofort einen Ableger in China errichten oder wenigstens im Ausland tätig sein? Ja, wenn man expandieren möchte, dann müsste man effektiv ins Ausland. Wir machten uns vor einigen Jahren Gedanken, in Süddeutschland ein Werk zu errichten, weil es dort noch ähnlich ist wie bei uns. Das haben wir jedoch wieder verworfen. Jetzt fokussieren wir uns mehr darauf, unser Werk in Deisswil auszulasten und zu optimieren. Wir nutzen die Möglichkeit, unter dem Regime des aktiven Veredelungsverkehrs zollfrei Rohmaterial einzukaufen und die verarbeiteten Produkte wieder auszuführen. Dabei stellen wir Produkte im hochpreisigen Segment her, so zum Beispiel Salami- und Schinkenspezialitäten. Und einfach direkt Schweizer Fleisch exportieren, geht das nicht? Mit dem Rohstoff von hier funktioniert das natürlich nicht. Wenn man 2,5 Mal teurer als im umliegenden Ausland einkaufen muss, dann kann man einfach nicht exportieren. Dann sind wir im Ausland mit ähnlich vergleichbaren Produkten viel zu teuer. Damit sind wir beim Stichwort «Liberalisierung». Wie stehen Sie zum Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten? Logisch stellt Freihandel mit Südamerika für die Schweizer Landwirte eine Konkurrenz dar. Deshalb sollte das Abkommen mit gewissen Regulierungen begleitet werden. Für die übrige Wirtschaft ergäbe es aber grosse Chancen, Produkte nach Südamerika zu exportieren, und für uns ergäbe das natürlich einen Zugang zu günstigem Rohmaterial. Dabei würde in der Schweiz ein zusätzlicher Markt für südamerikanisches Fleisch entstehen. Im Handel mit den Südamerikanern stellte ich bereits fest, dass sie bereit sind, uns mit der allerbesten Ware zu beliefern, wenn man nur ein wenig mehr bezahlt. Die Bauern hätten aber ganz klar etwas dagegen. Ja, aber man könnte einen Dialog mit den Produzenten zu finden. Zum Beispiel, wenn man ihnen im Inland garantierte kostendeckende Abnahmepreise und fixe Marktanteile anbieten könnte. Garantierte Preise und Marktanteile? Zum Beispiel 7 Franken pro Kilogramm Schlachtgewicht bei Kühen und 9 Franken für Bankvieh bei 80 Prozent Inlandproduktion und 4 Franken bei Schweinen mit 90 Prozent Anteil. Im Gegenzug sollten dann die Bauern nichts mehr gegen den Ausgleich von Importen haben. Damit wären die Probleme gelöst? Wir sollten importieren können, was wir brauchen und uns nicht gegenseitig ausbremsen. Wir hatten zum Beispiel Anfang Jahr beim Schweinefleisch einen Konsumrückgang von sieben Prozent. Das war ja klar, wir hatten das Angebot gar nicht, weil wir nicht importieren konnten. Ein hohes Angebot ist besser für den Fleischkonsum, doch man bremst die Aktivitäten künstlich aus. In der öffentlichen Wahrnehmung spielen die hohen Fleischpreise keine Rolle. Bei der Milch wird immer über einige Rappen Milchpreiserhöhung gestritten. Sie kritisieren Label-Programme. Warum? Die Bauern können durch die Regulierungen, aber auch durch die Verlagerung in LabelProgramme weniger produzieren. Das stellen wir zum Beispiel gerade beim Rindfleisch klar fest. In den Statistiken liest man dann wieder von ein bis zwei Prozent Konsumrückgang. Das ist aber klar, wenn das Angebot gar nicht da ist. Wenn es im Laden mehr Aktionen gäbe, würde der Konsument noch oft einen Zusatzkauf tätigen. hanspeter.schneider@rubmedia.ch

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