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Nebenprodukte im Rampenlicht

Aus «Abfallhühnern» werden köstliche Pasteten, aus Tierblut Bioplastik und vielleicht ist Extrusion auch eine Schlüsseltechnologie für Nose to tail: Eine Tagung der Proviande lieferte spannende Impulse.

Genuss aus Nebenprodukten: Nicole Amrein (3. Platz), Marcel Müller (1. Platz) und Urs Wenger (2. Platz).

«Vom Schnörrli bis zum Schwänzli» war früher keine hippe Kochphilosphie, sondern ökonomische Notwendigkeit. Längst geht der Konsumtrend aber in die entgegengesetzte Richtung. Edelstücke wie Filet und Entrecôte werden immer gefragter. Die Preise für weniger beliebte Fleischstücke hingegen sinken. Um Gegensteuer zu geben und den Fleischkonsum nachhaltiger zu machen, lancierte die Branchenorganisation Proviande 2016 die Nose-to-Tail-Initiative «Savoir Faire». Zum Abschluss des Projekts präsentierte Proviande an der Veranstaltung «Mehr als Filet, Entrecôte & Co.» vom 13. November in Bern Erkenntnisse und Impulse des Projekts (s. Kasten) und kürte die Gewinner des Innovationswettbewerbs zur Nutzung von Pouletnebenprodukten (Kasten auf Seite 20). Drei Fachleute zeigten das Innovationspotenzial von Nebenprodukten auf. Hackfleisch aus dem Extruder? Einen spannenden Input gab es von Lukas Böni. Der ETH-Lebensmittelwissenschafter ist Mitgründer des Start-ups Planted Foods AG, das mittels Extrusion aus Erbensprotein ein Pouletimitat herstellt, das dem Aussehen, der Textur und dem Geschmack von echtem Pouletfleisch verblüffend nahe kommt. Die Technologie hinter dem Fleischersatz könnte auch für die Fleischbranche interessant sein, zeigte sich Böni überzeugt. «Was wir mit Pflanzenproteinen machen, ist rein technisch auch mit tierischen Proteinen möglich.» So könnte man zum Beispiel aus dem Protein in Tierblut mit den modernen Extrusionsmethoden ein Hack herstellen. «Tierische Nebenprodukte geniessen wenig Akzeptanz, weil die Konsumenten oft nicht mehr wissen, wie sie diese zubereiten sollen», sagte Böni. Produziere man daraus aber Produkte, bei denen die Leute wüssten, wie sie schmecken und wie man sie kocht, steige die Akzeptanz. Künftig werde es im Supermarkt nicht mehr ein Fleischregal geben, sondern ein «Proteinregal mit Produkten aus tierischen und pflanzlichen Proteinen in verschiedenen Strukturen, von Wurst, Hack und Geschnetzelten bis zum Filet». Damit solche Innovationen möglich seien, müsse aber auch der rechtliche Rahmen angepasst werden, gab Böni zu bedenken. Vielfältige Proteine «Nebenprodukte der Fleischproduktion bestehen oft aus hochwertigen Inhaltsstoffen, die sich lukrativer weiterverarbeiten lassen als nur zu Düngemittel oder Brennstoff», das war die Hauptbotschaft von Anne Maria Mullen. Sie erforscht am irischen Teagasc Food Research Centre neue Anwendungsmöglichkeiten für Nebenprodukte. Blut zum Beispiel biete viele Möglichkeiten im Lebensmittelbereich, aber auch bei Pharmaprodukten und biomedizinischen Anwendungen. Mullen und ihr Team haben etwa aus Blutprotein einen Bioplastik hergestellt. Potenzial sieht Mullen auch in den Peptiden, kurzkettigen Proteinen, die in vielen Nebenprodukten vorkommen. Diese Peptide wirken antimikrobiell und antioxidierend, isoliert können sie verwendet werden, um zum Beispiel die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern. Mullen riet der Fleischbranche, über den Tellerrand zu schauen. Die Milchindustrie zum Beispiel sei bei der Verwertung von Nebenprodukten schon weiter. 9000 Suppenhühner verwertet Ausrangierte Legehennen landeten früher im Suppentopf, heute enden sie in der Biogasanlage. 700000 sind es jedes Jahr in der Schweiz. Ein Skandal, fand der 21-jährige Fleischfachmann Raffael Jenzer, der seine Berufslehre vor zwei Jahren abgeschlossen hat. Im Rahmen seiner Berufsmatura-Arbeit kreierte er darum 2017 die Pouletpastete Coq au Vin, die zu rund drei Vierteln aus «Abfall» besteht, wie Jenzer provokativ sagte: Schenkelfleisch von alten Legehennen, knuspriger Poulethaut und Pouletleber. Dass er sich für eine Pastete entschied, ist kein Zufall. Denn die elterliche Metzgerei Jenzer, in der Raffael arbeitet, ist berühmt für ihre Pasteten. 23 Versionen seiner Pouletpastete entwickelte Jenzer, bevor er zufrieden war. Dabei konnte er auch auf hauseigenes Know-how zurückgreifen. Ein langgedienter Wurster gab ihm den Tipp, die Geflügelleber in Cognac einzulegen. Und seine Grossmutter fand, ein bisschen Peterli würde der Pastete guttun. Jenzer nahm sich beide Tipps zu Herzen. Das Resultat überzeugt: Die Medien berichteten über die Pastete, der innovative Jungmetzger erhielt mehrere Preise. «Seit 2017 verwerteten wir auf diese Art 9000 Suppenhühner und verkauften 21000 Pasteten.» Die Vollverwertung macht auch vor dem Pastetenteig nicht Halt. So verwendet der lokale Bäcker für den Teig ausschliesslich Schweineschmalz, den Jenzers liefern. «Es ist doch blödsinnig, Palmöl zu importieren und gleichzeitig in der Schweiz Schweinefett wegzuwerfen», brach Jenzer eine Lanze für tierische Fette. Er räumte auch mit einem Missverständnis auf: Viele Leute glaubten, Legehennenfleisch sei als «Abfallprodukt» sehr billig. Das stimme nicht. Legehennen hätten wenig Fleisch am Knochen, für ein Kilogramm Fleisch brauche es vier Hennen, und der Schlachtprozess sei aufwendig. «Normales Pouletfleisch ist billiger», so Jenzer. stephan.moser@rubmedia.ch

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