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Geringere Erträge wegen Corona

Bald beginnt die Zeit der Ernte. Zuerst im Gemüsebau, dann bei den Obstproduzenten. Ob dafür genügend Saisonarbeitskräfte rekrutiert werden können, ist noch offen. Doch geben spezifische Angebote von Jobvermittlungs-Plattformen jetzt Hoffnung.

as Ernte der Spargeln - wie hier auf einem Betrieb im Seeland - ist harte körperliche Arbeit. (Bild lid/ji)

Schon bald beginnt auf dem Betrieb von Ronny Köhli im bernischen Kallnach die Spargelernte. Zehn Hektaren seines Betriebes sind mit dem beliebten Frühlingsgemüse bepflanzt. Doch ist es in Zeiten der Corona-Pandemie schwierig genügend Erntehelfer zu finden. Ronny Köhli hatte dieses Problem Anfang dieser Woche mit anderen Spargelbauern per Telefonkonferenz diskutiert. Die Probleme sind überall ähnlich: Vor allem die Arbeitskräfte aus Polen, die im Normalfall den Grossteil der Helfer ausmachen, wollen aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr in die Schweiz einreisen. «Ich habe jedoch immerhin sechs Slowaken gefunden, die bereit sind, mir bei der Ernte zu helfen», sagt Köhli. Er müsse diese Leute aber wegen der erschwerten Einreisebedingungen 14 Tage früher in die Schweiz holen als nötig gewesen wäre. «Das heisst, dass ich ihnen auch für zwei Wochen mehr Lohn zahlen muss», gibt er zu bedenken. Normalerweise sind es zehn Erntehelfer, die ihn unterstützen. Doch könne er sich noch glücklich schätzen, ist er überzeugt. Denn manche andere Spargelbauern müssen mit nur einem Drittel der Belegschaft oder gar ganz ohne Helfer aus dem Ausland auskommen. «Mit Arbeitskräften aus dem Inland habe ich bisher leider nicht allzu gute Erfahrungen gemacht. Es ist sehr harte körperliche Arbeit. Es gibt kaum Schweizer Erntehelfer, die dies gut verkraften», sagt Köhli. Deshalb sei er zurückhaltend, was inländische Hilfe angehe.
2 Hektaren weniger
Ronny Köhli setzt jetzt alles daran, die Ernte seines Spargelhofes möglichst normal einfahren zu können. Dafür hat er die Spargelfläche um zwei Hektaren reduziert. Ohne Minderertrag wird es in der kommenden Saison aber kaum gehen. Er sei Optimist, betont er. «Ich gehe auch selber aufs Feld und helfe mit. Denn es wird jede Hilfe brauchen, damit die Ernte relativ normal eingebracht werden kann», sagt er. Ronny Köhli befürchtet, dass die Nachfrage nach Spargeln in diesem Jahr wegen Corona tiefer sein könnte. Doch das sei aktuell noch schwierig einzuschätzen. «Es könnte auch durchaus sein, dass die Nachfrage auch gerade deswegen höher sein wird», sagt er. Grossverteiler wie Denner, mit dem er normalerweise zusammenarbeite, würden jedenfalls aktuell, von einer normalen Spargel-Nachfrage ausgehen. «Und wie gesagt: Ich bin Optimist. Ich glaube daran, dass nach dem 19. April alles allmählich wieder seinen normalen Gang gehen wird», sagt Köhli.
Hilfe aus dem Inland
Laut Markus Waber, stellvertretender Direktor des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP), ist der Spargelhof von Ronny Köhli keine Ausnahme. «Viele Gemüsegärtner haben aufgrund der Situation neben der bestehenden Belegschaft einen Teil ihrer Arbeitskräfte schon früher auf den Betrieb geholt», sagt er. Immer mehr Gemüsekulturen würden in den nächsten Wochen zur Ernte bereitstehen. Da sei es wichtig, genügend Leute zu haben, betont Waber. Er gehe davon aus, dass vermutlich nicht alle Betriebe die komplette Belegschaft zusammenbringen werden. «Jedoch sind wir daran Lösungen zu finden, um den Arbeitskräftemangel so gut es geht mit inländischem Personal zu überbrücken», sagt Waber. Laut Christian Schönbächler, Marketing- und Kommunikationsleiter beim Schweizer Obstverband, besteht diese Problematik auch bei den Obstproduzenten. «Insgesamt haben wir seitens Spezialkulturen, also nicht nur Obst, einen Bedarf von rund 25'000 Erntehelfern. Dies jedenfalls hat eine Umfrage von 2014 ergeben», sagt Schönbächler. Es braucht also viele helfende Hände, damit Gemüse- und Obstproduzenten ihre Ernten einigermassen normal einbringen können. Deshalb haben sich die beiden Verbände zusammengetan und bereits am 13. März einen gemeinsamen Corona-Krisenstab ins Leben gerufen.
RAV als wichtige Anlaufstelle
Um weitere Hilfskräfte rekrutieren zu können verweisen die Verbände gemeinsam auf die regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV). «Betroffene, die sich beim RAV anmelden und angeben, dass sie in der Landwirtschaft arbeiten möchten, können unter Umständen bereits berücksichtigt werden», sagt Markus Waber vom VSGP. Gleichzeitig werde in Zusammenarbeit mit den Behörden versucht eine Lösung zu finden, damit Personen auf Kurzarbeit einen finanziellen Mehrwert hätten, wenn sie in der Landwirtschaft arbeiten, sagt er. Für die Rekrutierung von zusätzlichen Erntehelfern haben der VSGP und der Schweizer Obstverband mit Europas grösster Plattform für flexible Personallösungen coople.com zusammengespannt, wie die Verbände gemeinsam mit anderen Partnern wie Hotellerie Suisse und Jucker Farm vermelden. «Wir haben den Kontakt mit coople.com aufgenommen, damit Hotellerie- und Gastronomie-Personal, das aufgrund der Pandemie aktuell ihrer Arbeit nicht nachkommen kann, schnell über die Plattform vermittelt werden kann», heisst es in einer Mitteilung. Um die Attraktivität dieser Jobs kurzfristig noch weiter zu erhöhen, müsse jedoch der Lohn stimmen, sagt Coople-Gründer Viktor Calabrò. Er gibt damit den Grundtenor einer Diskussionsgruppe von Verbänden und Landwirten wieder, als dessen Sprecher er fungiert. Die Gruppe erwarte deshalb vom Bund, dass er die notwendigen Massnahmen treffe, um die Löhne in der Landwirtschaft während dieser Ausnahmesituation marktgerecht zu subventionieren. So könnten auch die aktuell 315’000 Personen, die von Kurzarbeit betroffen sind, von dieser neuen Kooperation besser profitieren, sagt er. Die Kosten von etwa CHF 17 - je nach Mindest-Bruttolohn im Kanton - beinhalten den Bruttolohn für den Mitarbeitenden, alle relevanten Sozialabgaben und die gesamte administrative Abwicklung der Lohnzahlungen. «Da dieser Abrechnungsprozess bei uns sehr weit automatisiert ist, können wir diesen Service sehr günstig zur Verfügung stellen», sagt Annette Burgard von Coople. «Wir verzichten aufgrund der Krisensituation auf unseren Profit», ergänzt sie.
Kantonale Stellen miteinbeziehen
Der Schweizer Bauernverband (SBV) hat in diesem Zusammenhang die nationale Arbeitsvermittlungsplattform agrix.ch für die Deutschschweiz ausgebaut. Die Plattform wird vom Waadtländer Landwirtschaftsverband Prometerre betrieben und sei für die kommende Zeit und die die darüber laufende Personalvermittlung kostenlos. «Agrix war für die Westschweiz schon in Betrieb. Für die nationale Anwendung brauchte es zusätzliche Spezifikationen», sagt Urs Schneider, stellvertretender Direktor des SBV. «Im Gegenzug können auch Personen, die arbeitslos sind oder aufgrund einer Umstellung auf Kurzarbeit aktuell nicht arbeiten dürfen, sich ebenfalls auf dieser Plattform registrieren und schauen, wo in ihrer Umgebung Bedarf besteht», heisst es in einer Mitteilung des SBV. Der SBV fordert die Arbeitgeber zudem auf, ihre offenen Stellen auch den zuständigen kantonalen Stellen zu melden (telefonisch oder via Jobroom). Auch diese könnten Arbeitskräfte auf Betriebe vermitteln, heisst es. Gleichzeitig verweist der SBV auf die Jobvermittlungsplattform agrarjobs.ch. Das Portal sei normalerweise kostenpflichtig und es müsse aufgrund der aktuellen Eingabemasken auch eine Rechnungsadresse eingegeben werden, schreibt der SBV. Agrarjobs verschicke jedoch für die Kategorie «Erntehelfer und temporäre Aushilfe» aktuell keine Rechnungen. In seiner Mitteilung verweist auch der SBV auf die Plattform coople.com. «Wie viele Arbeitskräfte in der Landwirtschaft in den nächsten Monaten fehlen werden, ist schwierig einzuschätzen», sagt Urs Schneider. Insgesamt brauche es pro Jahr jeweils etwa 35'000 Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland, damit die Ernten und verschiedenste landwirtschaftliche Arbeiten bewerkstelligt werden können. Für die nächsten Monate liege der Bedarf also bei einigen Tausend. Wie viele in diesem Jahr effektiv in der Schweiz auf Feldern und in Obstplantagen im Einsatz stehen werden, wird sich zeigen.

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