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Genug Lebensmittel trotz Corona

Konsumentinnen und Konsumenten decken sich mit Nahrungsmitteln ein, viele fühlen sich verunsichert. Und etlichen wird die Bedeutung der inländischen Nahrungsmittelproduktion bewusst. Die Versorgung ist derzeit sichergestellt.

Der Selbstversorgungsgrad beim Fleisch liegt aktuell bei 80%. (Bild lid/ji)

Das Corona-Virus hat der Schweiz in den letzten Wochen vor Augen geführt, wie wichtig eine gesicherte Versorgung der Bevölkerung ist. Obwohl überall in den Medien betont worden ist, dass die Versorgungslage in der Schweiz gut sei, kommt es nach wie vor bei einzelnen Sortimenten zu Hamsterkäufen. Daran vermochten auch die Hinweise auf bestehende Pflichtlager durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) nichts zu ändern. Der Brutto-Selbstversorgungsgrad der Schweiz hat sich in den letzten Jahren stets zwischen 58% und 64% bewegt, der Netto-Selbstversorgungsgrad zwischen 50% und 59%. Beim Netto-Selbstversorgungsgrad wird berücksichtigt, dass ein Teil der Inlandproduktion auf importierten Futtermitteln beruht. Im Falle des «Graslands» Schweiz kein unerheblicher Teil. Die Versorgungslage mit Import-Futtermitteln sei trotz der Krisensituation gut, sagt Hansjörg Reiss, Leiter Fenaco Getreide, Ölsaaten und Futtermittel (GOF). Die Landwirtinnen und Landwirte könnten ihre Produktionsmittel bislang wie gewohnt beziehen. Keine grösseren Probleme zu erwarten «Aufgrund der verstärkten Grenzkontrollen verzögern sich jedoch Lieferungen, beispielsweise für Getreide und Futtermittel-Rohwaren, zusehends. Die weitere Entwicklung hängt von den Behördenentscheiden in ganz Europa ab», sagt Reiss. «Beim Import von Aminosäuren und Vitaminen aus China bestehen nach wie vor gewisse Engpässe. Allerdings zeichnet sich dort eine Entspannung der Situation ab», sagt er. Auch beim Saatgut seien keine grösseren Probleme zu erwarten. Denn das Saatgut, welches zur Aussaat innerhalb der nächsten zwei Monate benötigt werde, befinde sich grösstenteils bereits auf den Schweizer Betrieben, sagt Feitknecht. Das ist insbesondere im Falle von Zuckerrüben zentral, da es in der Schweiz keine Zucht oder Vermehrung gibt. Das gilt teilweise auf für Mais, Sojabohnen und Saatkartoffeln. «Beim Getreide werden nur vier Prozent importiert, beim Buchweisen nahezu nichts», betont Michael Feitknecht, Leiter Fenaco Pflanzenschutz und Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung der Fenaco Genossenschaft. Die Abhängigkeit von Importen hängt also stark von den einzelnen Kulturen ab. Auch bei Dünger und Pflanzenschutzmitteln sei die Versorgungslage noch immer gut, sagt Feitknecht. Es könne zwar zu einzelnen Engpässen oder Verspätungen kommen, jedoch nicht mehr als in anderen Jahren auch.
Hoher Selbstversorgungsgrad beim Fleisch Die pflanzliche Inland-Produktion ist also soweit gesichert. Und auch beim Fleisch sieht es gut aus. In den letzten 10 Jahren konnte die Nachfrage nach Fleisch zu 80 Prozent über die Inlandproduktion abgedeckt werden, heisst es in einer Medienmitteilung von Proviande. Einzig bei den Edelstücken und beim Verarbeitungsfleisch musste auf Importe zurückgegriffen werden. Beim Geflügelfleisch steigt die inländische Produktion von Jahr zu Jahr. Der Inlandanteil liegt aktuell bei 65 Prozent und auch die inländische Eierproduktion ist gestiegen. So konnte 2019 63 Prozent des Schweizer Eierbedarfs durch inländische Produktion abgedeckt werden. Die Coronakrise hat auf die landwirtschaftliche Produktion und die Versorgung der Bevölkerung also bisher einen geringen Einfluss. Trotzdem bringt sie gewisse Effekte mit sich. So haben beispielsweise Restaurantschliessungen Absatzschwierigkeiten beim Kalbfleisch und beim Wein zur Folge, heisst es beim BLW. Deshalb hat der Bundesrat kürzlich für die Einlagerung von überschüssigem Fleisch drei Millionen Franken gesprochen. Kurzfristige Nachfrageverlagerungen Bei den Grossverteilern kommt es aufgrund der besonderen aktuellen Situation zu kurzfristigen Nachfragesteigerungen, so zum Beispiel bei Kartoffeln, Mehl, Butter oder Eiern. Das führt vorübergehend zu einzelnen leeren Regalen. Deshalb hat der Bund jetzt das Teilkontingent für Konsumeier erhöht. Das BLW hat zudem die Kompetenz erhalten bei Bedarf, die Teilzollkontingente bei Butter und Milchpulver ebenfalls zu erhöhen. Das BLW weist zudem auf die erschwerte Rekrutierung von Erntehelfern hin. Doch betreffe dies vor allem Spezialkulturen wie Spargeln oder Salat. Die mechanisierte ackerbauliche Produktion sei dadurch nicht gefährdet. «Es ist daher derzeit nicht davon auszugehen, dass der Selbstversorgungsgrad im Jahr 2020 aufgrund mangelnder Arbeitskräfte wesentlich beeinträchtigt werden sollte», sagt BLW-Mediensprecherin Florie Marion. Auch der Schweizer Bauernverband geht davon aus, dass das Virus auf die inländische Produktion keinen grossen Einfluss hat. «Zumindest solange der Zugang zu den Produktionsmitteln wie Saat- und Pflanzgut sowie Dünger gesichert ist», sagt Sandra Helfenstein, SBV-Mediensprecherin. SBV und BLW betonen, dass gewisse Schwankungen beim Selbstversorgungsgrad normal seien. Dies sei auf Wettereinflüsse zurückzuführen. Die Schwankungsbreite lag in den letzten Jahren bei plus/minus 3 Prozent.
Versorgung aus Inlandproduktion wäre möglich Doch im internationalen Vergleich fällt auf, dass der Selbstversorgungsgrad der Schweiz mit knapp 60% unterdurchschnittlich ist. «Doch muss dabei berücksichtig werden, dass in der Schweiz pro Einwohner im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich mit 5 Aren nur sehr wenig Ackerland pro Kopf zur Verfügung stehen», sagt Florie Marion vom BLW. In Deutschland stehen pro Kopf 15 Aren zur Verfügung, in Frankreich sogar 28 Aren. «Doch steht die Schweiz im Vergleich zu Norwegen, Korea oder Japan noch immer besser da», sagt Marion. Das wirft die Frage auf, ob in der Schweiz unter optimaler Nutzung der zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Fläche in Krisensituationen ausreichend Nahrungsmittel produziert werden könnten, um ganz vom Ausland unabhängig zu sein. Dazu hat Agroscope im Auftrag des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) eine interessante Modellrechnung durchgeführt. Maximal könnten 2340 kcal pro Einwohner und Tag produziert werden. Der von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung empfohlene tägliche Richtwert liegt bei 2300 kcal – er könnte also knapp abgedeckt werden, doch liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Konsum aktuell bei 3015 kcal. Eine Versorgung durch die Inland-Produktion wäre als im Notfall möglich, wenn dabei auch auf einiges verzichtet werden müsste. Dazu müssten die für die Produktion von Tierfutter genutzte Ackerfläche (aktuell rund die Hälfte der Gesamtfläche) mit Nahrungsmitteln für die menschliche Versorgung also Kartoffeln, Weizen oder Raps bebaut werden. Ein mögliches Szenario für Krisenzeiten, aber in Normalzeiten ist eine solche Intensivierung kaum sinnvoll. «Die Intensität der landwirtschaftlichen Produktion in der Schweiz liegt heute schon teilweise über dem ökologisch tragbaren Niveau», sagt Marion abschliessend. Eine solche Intensivierung wäre also kontraproduktiv. Eine Intensivierung würde sich langfristig negativ auf die Produktivität der Landwirtschaft auswirken.

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