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Kartoffel-Konsum soll steigen

Kartoffeln gehören zur Schweiz wie Kühe und Uhren. Allerdings ist der Verzehr hierzulande von 45 kg pro Kopf und Jahr im europäischen Vergleich niedrig. Das will die Kartoffelbranche ändern. Covid-19 scheint dabei unfreiwillig zu unterstützen.

«Kein Tag ohne Kartoffel» verkündete Ruedi Fischer, Präsident der Vereinigung Schweizerischer Kartoffelproduzenten (VSKP), an der Mitgliederversammlung im Februar 2019. Die neue Vision: Der Konsum der «tollen Knolle» soll in den nächsten zehn Jahren auf 60 Kilo pro Kopf und Jahr gesteigert werden. Wie sieht es gut ein Jahr später damit aus?

Grundnahrungsmittel in Europa
Spanische Eroberer und englische Seeleute brachten die Kartoffel in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Europa. Zu Beginn freuten sich die Menschen vor allem an den schönen Blüten; die Knolle zu essen schreckte sie eher ab. Da anfänglich die oberirdischen Pflanzenteile verzehrt wurden, kam es hin und wieder zu Vergiftungen. Die Hungerkrisen im 18. und 19. Jahrhundert ebneten der Kartoffel den Weg in Europa. Die Erträge waren höher als beim Getreide und sie konnte rasch zu einer schmackhaften Mahlzeit zubereitet werden. Die Kartoffel wurde zum Grundnahrungsmittel in ganz Europa. Während der Anbauschlacht im zweiten Weltkrieg, als in der Schweiz Parks und Fussballfelder unter den Pflug genommen wurden, stieg die Anbaufläche bei den Kartoffeln nahezu um das Doppelte auf 90'000 Hektaren im Jahr 1944. Kartoffeln kamen in den meisten Haushalten täglich auf den Tisch.
Die Kartoffel ist ein modernes Nahrungsmittel
2016 lag der Durchschnitt der EU-28-Länder bei 70 kg pro Kopf und Jahr. Die Schweiz liegt mit 45 Kilo im unteren Bereich. Lettland, Rumänien und Polen führen die Liste mit über 100 Kilo an; aber auch Frankreich, Schweden und Deutschland liegen mit gut 60 kg pro Kopf und Jahr deutlich über der Schweiz. Allerdings sinkt der Kartoffelkonsum auch dort. Einer losen Tendenz folgend steigt der Verzehr von Kartoffeln in den Schwellenländern, während er in den Industrieländern sinkt. Mit dem Wohlstand steigt auch die täglich verfügbare Auswahl an Lebensmitteln. Ausserdem haften dem Knollengemüse einige hartnäckige Vorurteile an: Kartoffeln würden dick machen zum Beispiel. Dafür ist allerdings vor allem das Öl schuld, mit dem sie häufig zubereitet werden. Im Gegenteil: „Die Kartoffel ist ein sehr modernes Nahrungsmittel“, sagt Christine Heller, Geschäftsführerin von Swisspatat, der Schweizerischen Branchenorganisation für Kartoffeln. Swisspatat vereint Produzenten, Handel und Industrie und deckt damit die gesamte Wertschöpfungskette ab. „Die Kartoffel enthält weder Gluten noch Lactose und eignet sich auch für die vegetarische oder vegane Ernährung. Ausserdem hat sie weniger Kalorien pro Gewichtseinheit als andere Stärkebeilagen.“ Ganz zu schweigen von den übrigen Inhaltsstoffen: Mehr Vitamin C als ein Apfel, dazu Vitamine B1, B2, B5 und B6 und verschiedene Mineralstoffe.
Nahrungsmittelvielfalt verdrängt Kartoffel
Allerdings seien diese ernährungsphysiologischen Vorteile der Kartoffel zu wenig bekannt, bedauert Christine Heller. In der Gruppe der über 50-jährigen isst heute noch knapp jede zweite Person mehrmals wöchentlich Kartoffeln. Bei den 30 bis 49-jährigen ist es nur noch gut jede dritte und bei den 15-29-jährigen noch knapp jede dritte Person. Das hat die Marktforschung von Swisspatat ergeben. Ist die Kartoffel aus der Mode gekommen? Nein, sagt Christine Heller. Generell habe die Vielfalt an Nahrungsmitteln zugenommen. Sie vermutet, dass jüngere Menschen andere Essgewohnheiten haben, nicht mehr so häufig selber kochen oder vielleicht finden, dass Kartoffeln schwierig zuzubereiten seien.
Erfolgreicher Start ins Kartoffeljahr 2020
Covid-19 könnte der Kampagne von Swisspatat zusätzlich Anschub geben. Während des Lockdowns waren alle Restaurants geschlossen, viele Menschen arbeiteten daheim, und so kochte die Schweiz mehrheitlich selbst. Laut der Marktbeobachtung des BLW vom 21. August 2020 gingen mit 52,4 Millionen Tonnen so viele Kartoffeln über den Ladentisch wie in keinem Halbjahr seit zwölf Jahren. Auch auf der Webseite www.kartoffel.ch stiegen die Besucherzahlen während des Lockdowns. Swisspatat reagierte mit „Ferienrezepten“: Wer seine Ferien streichen musste, konnte die Kulinarik aus dem Ausland nach Hause holen: ukrainische Borschtsch, polnische Piroggen, dänisches Smörebröd oder französische Tarte Tatin. Laut Christine Heller führen die rund zwei Dutzend „Ferienrezepte“ die Hitliste des ersten Halbjahres 2020 an. Fast alle der rund 200'000 Interessierten, die die Webseite besuchen, schauen sich auch Rezepte an. 42 Prozent der Besuchenden sind zwischen 25 und 40 Jahren. Diese liegen in den beiden Altersgruppen, die Swisspatat in den nächsten Jahren besonders ansprechen will: «junge haushaltsführende Personen zwischen 20 und 39 Jahren» und „Familien mit Kindern“ (30-50 Jahre). Die Botschaft: „Egal wie das Leben spielt, die Kartoffel passt zu dir und deinem Lifestyle.“ Seit Mai 2019 ist die Kartoffel auch auf Instagram. Dort wechseln sich Rezepte mit Wissenshäppchen ab, Fitness-InfluencerInnen schwärmen von der Kartoffel oder nutzen sie gleich säckeweise für Übungen. Die Kartoffel gehört zur Schweiz - das hat sie nicht zuletzt im Krisenfall Covid-19 bewiesen. Inwiefern sie es schafft, über Rösti, Härdöpfelstock und Gschwellti hinaus zu einer alltäglichen Zutat in der heutigen Küche zu werden, wird sich in den nächsten Jahren weisen. Das Potenzial dazu hat sie allemal.

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