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Agri-Food-Technologie hat Fahrt aufgenommen

«Agro-Food-Automation». Unter diesem Motto gaben Vertreter aus der Landwirtschaft, der Forschung, Bildung, Industrie und dem Gewerbe am ersten Innovationsforum der Ernährungswirtschaft, einen Einblick in ihre Arbeit.

«Das Innovationsforum als Plattform zwischen Forschenden und Produzierenden soll sich etablieren», sagte Monika Knill, Regierungsrätin des Kanton Thurgaus. Sie freue sich, dass die Forschungsanstalt Tänikon, die Tagung verantworte. Schliesslich sei es das Ziel, dass sich der Kanton im Food Cluster weiter etablieren könne. Das Bewusstsein für die Land- und Ernährungsindustrie, habe sich gerade während der Corona-Pandemie geschärft. Aber auch die Automatisierung habe einen Sprung erlebt, sagte Knill und: «Vielen Konsumenten wurde auf einmal klar, was es bedeutet, wenn sie auf zuverlässige Lieferdienste zählen konnten». Sie freue sich auf zahlreiche Projekte, die zwischen Forschern und der Ernährungsindustrie abgeschlossen würden. Aus der Ernährungsindustrie kommt Peter Hinder. Er ist Leiter Business Unit Convenience der Bischofszell Nahrungsmittel AG (BINA). Der Agronom ETH und Absolvent der Uni St. Gallen mit verschiedenen Weiterbildungen, arbeitete vor der Bina beim Fleischverarbeiter Micarna. Er gab am Forum einen Einblick in das Trend-Scouting anhand der berühmtesten Knolle der Schweiz, der Kartoffel. Bina verarbeitet jährlich 55 000 Tonnen Kartoffeln, davon 96 % aus der Schweiz, zu den verschiedensten Produkten. Bina sei die einzige Verarbeiterin, die das gesamte Kartoffelsortiment, von Chips, Frites, Rösti, Flocken, Pommes Duchesse oder Salate abdecke. Dies biete Vorteile, sagte Hinder. Denn mit dieser breiten Aufstellung könnten praktisch 100 % der Knolle verarbeitet werden und zum Beispiel Abschnitte aus der Pommes Frites oder der Chips-Produktion, noch zu Flocken verarbeitet werden. Die verarbeitete Kartoffel gewinne gegenüber der unverarbeiteten Knolle Marktanteile, sagt Hinder. Dies obwohl das Jahr 2020 die Ausnahme war, wo der Konsument lieber selber Kartoffel schälte als nur Corona-News zu hören, sagte Hinder. Trends aufnehmen Total verarbeitet Bina mehr als 1000 verschiedene Produkte, die vom Frühstückstisch übers Apéro bis zum Znacht und zum Dessert reichen. Dabei würden gemäss Hinder verschiedene Trends in die Fertigprodukte einfliessen, wie zum Beispiel «No Sugar», «Free from», «Clean» mit möglichst keinen E-Nummern oder Allergenen und weiter: «Plant based» und vegane Produkte, was auch bei ultrafrischer Schnellverpflegung gefragt sei. Weitere Themenfelder, die in die Produkteanforderungen einfliessen müssten, seien: Ökologie im Anbau, aber auch in der Weiterverarbeitung, oder in die Verpackung ohne Plastik. Da sei man gefordert Alternativen zu entwickeln, sagte Hinder. Ausserdem werde Herkunft und Rückverfolgbarkeit, was früher bei Früchten und Gemüsen nicht ein grosses Thema gewesen sei, heute grossgeschrieben. Rückverfolgbarkeit bedinge eine grosse Komplexität. In der Fabrik würde mach auch mit intelligenten Anlagen arbeiten. So zum Beispiel im Wareneingang, wo nach dem automatischen Schälen, Kameras die Kartoffeln optisch, je nach Farbe, Grösse usw. überprüfen. Nach der Waschung würden die Knollen auf den «Sherlock-Sortierer», gelangen, wo Fremdkörper und schlechte Knollen aussortiert würden. Neue Kartoffelanlage Dennoch gebe es immer noch viel Handarbeit, sagte Hinder und Mitarbeiterinnen müssten von Hand schlechte Stellen aus den Kartoffeln herausschneiden. Momentan werde eine neue Kartoffelanlage installiert, womit eine bessere Rückverfolgung gewährleistet werde, weil die Daten verknüpfbar seien. Die relevanten Daten könnten auch für die vorgelagerte Stufe aufgearbeitet werden, und daraus könnten dann die richtigen Lehren gezogen werden. Die Daten sollen gemäss Hinder für die Sortenwahl, zur Lagerung und der Kriterien im Anbau zur Verfügung stehen. Also, gegenüber den Lieferanten aufzeigen, welche Werte seine Lieferung gebracht habe, sagte Hinder. Ja, man habe schon die Vision, unter dem Stichwort von «Smart Production», entlang der Wertschöpfungskette, keine Lebensmittelverluste mehr zu erhalten. Dazu brauche es alle, die Landwirtschaft, das Gewerbe, die Verpackungsindustrie, die Forschungsanstalten und die Politik mit den richtigen Rahmenbedingungen, so Hinder. Digitalisierung könne einen grossen Beitrag zu den Ressourcenzielen des Unternehmens beitragen, die lauten: «Bis im 2025 den Verbrauch von Energie, Abfall und Wasser um die Hälfte reduziert zu haben». Intelligente Assistenzsystemen Was die smarte Mühle bedeutet, dies erklärte Gernot Ruppert, Programm Manager Smart Mill bei Bühler Group. Auf dem Weg zur digitalisierten, autonomen Mühle befinde man sich momentan auf Level 2. So würden bei der Arbeit in einer Mühle, den Fachleuten verschiedene Assistenzsysteme zur Hand gehen. Diese seien nicht nur in grossen Maschinen der Müllereiunternehmen eingebaut, sondern würden auch als mobile Systeme mithelfen, die Produkte sicherer zu machen. Ruppert erklärte das mobile System «GrainiGo», womit eine schnelle Analyse von Mais, direkt auf dem Feld gemacht werden könne. Die Landwirte könnten die kleine Box mit dem GrainiGo aufs Feld mitnehmen und die Analyse mit dem Smartphone machen, wobei nicht nur Feuchtigkeit, Kleber und Proteingehalt festgestellt werden könnten, sondern auch unterschiedliche Grössen, Risse im Korn, gebrochene Körner, oder farbliche Unterschiede eruiert würden. Nach dieser Schnellanalyse könne gesagt werden, wie gut sich der Mais bei der Verarbeitung eigne und welche Ausbeute erwartet werden könne. Somit könnten die Stillstandzeiten verringert werden, sagte Ruppert. Eine Mühle in Süddeutschland habe seit dem Einsatz dieses Systems, die Ausbeute um 2 Prozent gesteigert, was einen Mehrertrag von 300 000 Euro ausgelöst habe. Das Smartphone sei ein «Gamechanger», sagte Ruppert. Die Müllereibranche plage Nachwuchssorgen. Die Leute, welche mit der Hand das Produkt spüren können, würden immer weniger. Doch das Smartphone sei nicht nur bei Jüngeren, sondern auch bei älteren Fachleuten akzeptiert. Zum Beispiel bei der Grüninger Mühle in Flums, die gemäss Ruppert die wohl weltweit am meisten digitalisierte Mühle ist. Dort schaue auch der etwas ältere Müller am Morgen nach dem Aufwachen gleich aufs Smartphone und kontrolliere die Arbeit in der Mühle. Investition für Fleisch-Ersatzprodukte Doch auch in der Schweiz setzen Müller auf Technologie. Zwar sei die Branche seit der Erfindung des ersten Mühlsteines immer technologielastig gewesen, sagte Ralf Hahn, Verkaufsleiter Schweiz der E. Zwicky AG in Müllheim-Wigoltingen. Besonders wenn es um das Thema Ausbeute gehe. Doch die Technologie habe in den letzten Jahren Fahrt aufgenommen. «Investitionen in Technologie ist absolut zentral», sagte Hahn. Zum Beispiel wenn es um Ersatzprodukte von Fleisch auf pflanzlicher Basis gehe. Das früher sogenannte «Arme Leute-Essen», sei heute wieder in. So habe man schon vor mehr als zwanzig Jahren angefangen, mit der Extruder-Technologie zu arbeiten und schnell ein komplettes Produktportfolio, das von Mehlen bis zu Extrudaten reiche, realisiert. Wer in der Müllerei auch im Export tätig sein wolle, der müsse auch technologisch führend sein. Aufbereiten und Reinigen Ein besonderer Fokus liege aber auf der Reinigungsanlage. Denn die heterogenen Anbaubedingungen von Getreide in der Schweiz auf relativ kleinen Flächen, hätte auch zur Folge, dass die Reinigung und Aufbereitung des Getreides einen besonderen Stellenwert habe. So habe Zwicky in eine komplett automatisierte Reinigungsanlage investiert, sagte Hahn. Mit den unterschiedlichen Reinigungsprogrammen könnten so die Getreideposten mit verschiedenen Konfigurationen bearbeitet werden. So erkenne man zum Beispiel auch kleinste farbliche Nuancen bei den Körnern. GPS-gesteurter Roboter Viel Handarbeit werde auch in der Landwirtschaft, zum Beispiel im Bio-Zuckerrübenanbau verrichtet. Ganze 140 Stunden wende ein Biolandwirt für eine Hektare Biozuckerrüben zum Jäten auf - die Alternative seien chemische Herbizide, sagte David Vetterli vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. Die Schweizer Landwirtschaft soll jedoch umweltverträglicher werden, dies werde nicht erst seit der Trinkwasserinitiative gefordert. Der Handarbeit hat jetzt aber ein Roboter ein Ende gesetzt. Der Farmdroid FD20 bezieht seine Energie mit Solarzellen und jätet 24 Stunden an sieben Tagen die Woche. Vetterli verhehlte nicht, dass der Roboter auch anfällig auf Störungen sei. Zudem brauche er topfebenes Land. Doch, die Forschung gehe weiter. Beschleunigter Online-Handel Ein turbulentes Jahr hinter sich hat Thomas Zimmermann, Mitinhaber des Online-Lieferdienstes Farmy.ch. Während das «normale» Wachstum von Farmy vor dem Lockdown noch 36 Prozent betrug, stiegen die Bestellung während des Lockdowns auf satte 230 Prozent. Die verpackten Produkte hätten von 7500 im Februar, auf 40 000 Pakete im April zugenommen, sagte Zimmermann. Zudem habe der Wert eines durchschnittlichen Warenkorbes von 120 auf 180 Franken zugenommen und während vor dem Lockdown die durchschnittlichen Käufer in der Altersgruppe zwischen 30 bis 45 zu finden gewesen seien, sei der Durchschnitt nun auf 45+ gestiegen. «Wir haben jetzt eine neue Zielgruppe, die der 60+», sagte Zimmermann. Der Boom habe natürlich auch Arbeit ausgelöst. So habe man von einer Schicht auf zwei Schichten aufstocken müssen und teilweise einen 24-Stunden Betrieb einführen müssen. Im Lager hätten im Februar noch 31 Leute gearbeitet, im April schon 72 und die Kuriere seien von 35 auf 70 aufgestockt worden, wie Zimmermann erläuterte. Zuvor habe man 60 000 permanente Kunden gehabt, in einem Monat seien 21 000 neue Kunden dazugekommen. Diese könnten bis 24 Uhr über die App oder die Website bestellen. Danach könnten die Produzenten die Produkte vorbereiten und bis um 10 Uhr an den Hub liefern, wo diese dann zu 100 Prozent mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, ausgeliefert würden, wie Zimmermann sagte. Dabei könne ein Fahrzeug 4 bis 5 Auslieferungen pro Stunde tätigen. Farmy.ch liefert in die ganze Schweiz, während jedoch in der Zone A, in der Stadt Zürich und der Region Arc Lémanique, die Lieferungen kostenlos sind, werden in der übrigen Schweiz die Produkte über externe Logistikfirmen mit konventioneller Betriebsart – Diesellastwagen - ausgeliefert. Dazu muss der Warenwert über 300 Franken liegen, damit der Käufer die Lieferung gratis erhält. Dabei könnten die Kunden von einer grossen Auswahl an frischen und qualitativ guten Produkten aus der Region profitieren, sagte Zimmermann. Wobei Region immer eine Definitionsfrage sei. In der Region Zürich bestehe das Frischesortiment aus Produkten von Zürcher Bauernhöfen und Gewerbebetrieben, in der Westschweiz eben von Höfen aus der Genfersee-Region. Mehr Macht den Konsumenten «Wir wollen die Macht dem Verbraucher zurückgeben», sagte Roman Bleichenbacher, Gründer von Codecheck. Denn eigentlich wisse dieser nicht viel über die täglichen Produkte, was in starkem Kontrast zum Umstand stehe, dass 86 % der Konsumenten mehr über das einzukaufende Produkt wissen möchten, bevor sie eine qualitative Kaufentscheidung treffen würden. Doch man habe keine Zeit, um sich umfassend zum Produkt, dessen Inhaltsstoffen und seiner Produktionsweise zu erkundigen. Doch mit Codecheck könne vor dem Kauf nur der Strichcode auf dem Produkt gescannt werden, danach kommen die Experten und Ratings, aus wissenschaftlicher Forschung zum Zug, und der Kunde erhalte sofort alle Infos zum Artikel. Dabei verlasse sich Codecheck nicht auf externe Urteile, sondern das Unternehmen habe ein eigenes Wissenschaftsteam, das sich auf fundierte Studien abstütze, wie Bleichenbacher sagte. Zudem werde mit dem WWF zusammengearbeitet und man könne sich auf eine riesige Datenbank verlassen. Codecheck habe jetzt auch angefangen, in die zu bewertenden Produkte, auch Ökobilanzen einfliessen zu lassen. Doch wie kann mit einer Gratis-App überhaupt Geld verdient werden? Man sehe genau wie die User die App nutzen würden. Diese Daten könnten jetzt und auch in Zukunft genützt werden, wenn es darum gehe, neue Produkte und Innovationen zu entwickeln, so Bleichenbacher. Man sei dazu zum Beispiel schon eine Zusammenarbeit mit Evonik, dem zweitgrössten Spezialitäten-Inhaltsstoff Konzern eingegangen. «Wir helfen diesem Unternehmen Einblick in den Markt zu gewinnen», sagte Bleichenbacher. Broccoli-Ernte «Die Digitalisierung der Land- und Ernährungswirtschaft ist auf gutem Weg», sagte Oliver Christ: Dozent, Senior Researcher, OST - Ostschweizer Fachhochschule. Dies fange zum Beispiel schon bei der Ernte beim Broccoli an. Mit intelligenten Messern könne das Gemüse nämlich schon analysiert und anhand der Schnittart, den optimalen Schnittzeitpunkt eruiert werden. Christ gab auch einen Einblick in die Apfelernte, wo Roboter zum Einsatz kommen würden, die jedoch mit ihren Saugarmen oft die Äpfel verletzen würden. In einem Projekt der Fachhochschule habe man einen handelsüblichen Roboterarm genommen, diesen jedoch mit acht Gelenken ausgestattet. Jetzt könnten die Äpfel schonend ergriffen werden. Wie mit digitalen Methoden, unter anderem mit dem Einsatz von Drohnen und Satellitenbildern, der Stickstoffeinsatz in der Feldbewirtschaftung verringert und effizienter gestaltet werden kann, zeigte Thomas Anken, Forschungsgruppenleiter Agroscope. Man könne den Weizen zwar nicht hungern lassen, sagte der Forscher, doch bei der Stickstoffdüngung gehe es darum, die richtige Balance zu finden. hanspeter.schneider@rubmedia.ch innovationsforum-ernaehrungswirtschaft.tg.ch

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