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«Wir müssen mit unsäglichen Tiefpreisangeboten aufhören»

Konsumentinnen und Konsumenten haben zahlreiche Vorstellungen, wie die Landwirtschaft sein sollte. Beim Kaufentscheid im Laden verhalten sie sich dann oft anders, sagt SBV-Direktor Martin Rufer.

Martin Rufer. (Bild: SBV)

Sie haben letztes Frühjahr ihr Amt als Direktor des SBV angetreten. Was war das Herausforderndste in dieser Zeit? Einerseits die Corona-Krise, welche die Landwirtschaft stark gefordert hat, gerade in der ersten Welle. Wir mussten rasch reagieren und informieren. Wir sind im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen gut durch die Krise gekommen. Im den meisten Bereichen hatten wir stabile Märkte und die Landwirtinnen und Landwirte konnten weiterarbeiten. Andererseits waren die agrarpolitischen Diskussionen die grosse Herausforderung. So die Gespräche um die künftige Agrarpolitik und die Parlamentarische Initiative zum Absenkpfad, die ja auch mit den kommenden Pflanzenschutz-Initiativen zusammenhängt. Hier stellt sich die Aufgabe, die Interessen der Landwirtschaft einbringen zu können und zu guten politischen Entscheiden zu kommen. Der Bauernverband hat zum Jahresauftakt die Publikation «Fokus Landwirtschaft: Idealvorstellung versus Realität» veröffentlicht. Wie kommt es, dass so viele Personen in Umfragen die Pflanzenschutz-Initiativen unterstützen, aber im Laden der Bio-Anteil weiterhin tief ist und Label-Produkte teils stagnieren? Die Gesellschaft trifft in der politischen Diskussion andere Aussagen und hat andere Wünsche, als sie dies im Laden zum Ausdruck bringt. Das ist etwas, was die Bauernfamilien am meisten stört und ihnen zu schaffen macht. In der politischen Diskussion wird immer mehr eingefordert, auch wenn bereits vieles getan worden ist, etwa im Bereich Pflanzenschutz oder Antibiotika. Aber wenn es darum geht, sich vor dem Ladenregal auch so zu verhalten, fehlt die Konsequenz. Ein Bioanteil vom 10,5 Prozent und stagnierende Tierwohlabel zeigen dies deutlich auf. Dabei wären die Bäuerinnen und Bauern gerade beim Fleisch bereit, über Nacht die Labelproduktion um bis das Doppelte hochzufahren. Auch mehr Bio zu produzieren, wäre kein Problem.
«Die Bäuerinnen und Bauern wären bereit, über Nacht die Labelproduktion hochzufahren»
Der Schweizer Tierschutz hat kürzlich eine Studie publiziert, gemäss deren die Margen und damit die Preise für Labelfleisch zu hoch seien. Müssten diese Produkte billiger werden? Wir müssen in erster Linie mit den unsäglichen Tiefpreisangeboten aufhören. Im Fleischbereich haben wir jede Woche irgendwo 30 bis 40 Prozent Rabatt. Oder Rindshackfleisch ist fast das ganze Jahr über irgendwo in Aktion. Das verleitet die Konsumentinnen und Konsumenten natürlich dazu, dort zuzugreifen und konkurriert die Labelprodukte. Denn die Leute essen ja nicht zweimal.
Liegt das Problem in der Verantwortung der Konsumenten oder des Detailhandels? Alle haben die Verantwortung. Wir müssen zu einer Politik kommen, die eine glaubwürdige Ernährungspolitik ist. Wir können nicht einfach nur auf der Stufe Landwirtschaft was machen. Es müssen auch bei den Verarbeitern, dem Detailhandel und den Konsumenten Massnahmen durchgesetzt werden. Die Preisbildung ist einer der entscheidenden Punkte, der gesamthaft angeschaut werden muss. Dort sind alle in der Pflicht. Und dafür braucht es politische Massnahmen oder kann auch im Gespräch mit dem Handel etwas erreicht werden? Es braucht beides. Wir sind immer in Kontakt mit dem Detailhandel und führen regelmässig Spitzengespräche. Die scharfen Preisaktionen sind dort immer ein Thema. Wir sagen stets klar, dass diese für die Positionierung der Schweizer Lebensmittel nicht nachhaltig sind. Die Einsicht ist eigentlich bei allen da. Aber das Problem ist, dass es immer heisst, wenn es andere machen, müssen wir es auch tun. Hier erschwert der Kampf um Marktanteile das Problem. Wir müssen die Diskussion fortführen, es braucht aber offensichtlich auch auf der politischen Ebene gewisse Massnahmen. Zum Beispiel im Bereich der Deklaration von Herkunft und Produktionsmethoden.
«Wir brauchen eine glaubwürdige Ernährungspolitik»
Die Landwirtschaft steht seit letztem Jahr und dem Start der «Agrarlobby»-Kampagne im Schussfeld gewisser NGO. Ist das ein Zeichen grundsätzlich verhärteter Fronten oder ein Vorspiel zum Abstimmungskampf? Diese Kampagne startete, weil es sehr viele agrarpolitische Dossiers gab und gibt. Die Agrarpolitik 22+, der Absenkpfad und die Abstimmungen von nächstem Juni. Das Vorgehen zeigt das Auftreten der NGO klar auf. Es geht rein um eine Diffamierungskampagne, bei der der Inhalt keine Rolle spielt. Und auch wenn die Organisationen immer betonen, es gehe nicht gegen die Landwirtschaft, sondern gegen die Agrarlobby, so stehen am Schluss dennoch die Betriebe im Fokus. Sie halten die Tiere, sie betreiben die Landwirtschaft. Diese Behauptung der Umweltverbände stimmt deshalb so nicht. Und wie reagiert der Bauernverband? Wir müssen auf unsere eigenen Aktivitäten setzen. Etwa mit der laufenden Informationskampagne, aber auch mit der Abstimmungskampagne, die ab dem 9. März startet. So können wir ein Gegengewicht geben. Wir haben den Umweltverbänden aber auch gesagt, dass die Abkehr von Kooperation in Richtung Konfrontation sicher nicht im Sinne von Lösungen und nicht im Sinne der Umwelt ist. Wir sind nach wie vor dialogbereit. Voraussetzung dafür ist, dass sie diese konfrontative Kampagne stoppen.
«Wir sind dialogbereit. Voraussetzung ist, dass die konfrontative Kampagne gestoppt wird.»
Der SBV bezeichnet beide Initiativen als Importförderungs-Initiativen. Ihrer Meinung nach wäre das Importverbot, wie es die Future3-Initiativevorsieht, nicht haltbar? Das ist leider zu befürchten, weil das Importverbot gegen WTO-Recht verstösst. Das schreibt der Bundesrat in seiner Botschaft. Wir haben damit Erfahrungen: So darf Hormonfleisch weiterhin importiert werden, ebenso Eier aus Käfighaltung. Wir befürchten deshalb, dass aufgrund von WTO-Bestimmungen das Verbot synthetischer Pestizide schlussendlich nur für die Inlandproduktion gelten würde, nicht aber für Importprodukte. Und wie sieht es bezüglich Einkaufstourismus aus? Wir hätten natürlich steigende Preise durch die beiden Initiativen. Konsumentinnen und Konsumenten wären direkt davon betroffen. Es würden noch mehr zum Einkaufen ins Ausland fahren und damit den Preiskampf im Detailhandel anheizen.
«Es würden noch mehr zum Einkaufen ins Ausland fahren»
Gerade die Coronakrise zeigt aber, dass die Konsumentinnen und Konsumenten trotz Umweltdiskussionen stark auf Schweizer Lebensmittel - auch direkt vom Hof - vertrauen. Gibt das Hoffnung für die Zukunft? Absolut. Viele Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten sind recht treu und setzen auf Schweizer Lebensmittel. Der Absatz ist ja aktuell auch gut. Es gibt sicher auch Hoffnung, dass trotz der politischen Diskussionen Umfragen zeigen, dass die Wertschätzung für die Landwirtschaft breit getragen ist. Diese positiven Aspekte kann die Landwirtschaft nutzen, auch wenn aktuell die Situation von politischen Diskussionen belastet ist und in den Medien oft das Negative hervorgehoben wird.

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