Weniger Aufwand, besserer Käse
Ein neues Verfahren für die Käsereifung ermöglicht es, mit weniger Aufwand bei der Käsepflege aromatischere Käse herzustellen, die ihre Qualität in der Verpackung besser behalten.
Am Anfang stand Hans-Peter Bachmanns Ärger. Ärger darüber, dass Käse in den Käsereien oft monatelang gepflegt und gereift wird – und dann in den letzten Tagen, bevor er gegessen wird, häufig massiv an Qualität verliert, weil er luftdicht verpackt wird. Bachmann, er ist Forscher an der Forschungsanstalt Agroscope, sagt: «Schmiergereifte Käse haben auf der Rinde eine aerobe Mikroflora, die Schmiere, die in der Verpackung ohne Sauerstoff abstirbt. Da kann es gut sein, dass der Käse zu kleben und zu stinken beginnt.» Das sei sehr schade, wenn die Käsereien vorher mit viel Aufwand einen Käse in Topqualität hergestellt hätten. Im Prinzip könnte man den Käselaib abwaschen, aber dann würde er die charakteristische orange-braune Rinde eines schmiergereiften Käse verlieren.
Eine neue Methode mit begeisternden Resultaten
Aus Bachmanns Versuch, dieses Problem zu lösen, ist nichts weniger als eine neue Käsereifungsmethode entstanden. Dabei wird der Käse mit einem speziellen Stoff umwickelt, auf dem während der Reifung die Schmiere wächst. Durch den Stoff bleibt mehr Wasser im Laib, der Teig wird weicher und aromatischer. Am Ende der Reifungsperiode kann der Stoff einfach abgezogen werden. Dabei bleibt ein kleiner Teil der Mikroflora auf dem Laib zurück und die orange-braune Farbe bleibt erhalten. Das Resultat: Eine «fantastische Qualität», wie Bachmann begeistert sagt, die Laibe sei jeweils sehr schön gereift und hätten eine sehr ausgewogene Reife gehabt. Wenn man im traditionellen Prozess den Wassergehalt in einem Käse erhöhe, geschehe die Beschleunigung der Reifung oft einseitig, mit einem weniger harmonischen Aroma als Resultat.
Während der Reifung gibt es einen Austausch zwischen der Käseoberfläche unter dem Stoff und der Schmiere oberhalb des Stoffs. «Die Schmiere lebt von der Milchsäure, die vom Käse her nach aussen kommt und produziert Aromastoffe, die wieder in den Käse hineindiffundieren», erklärt Bachmann.
Für den Stoff arbeitet Agroscope mit zwei Schweizer Textilfirmen zusammen. Der Stoff sei biologisch abbaubar und aus Pflanzen produziert, die auch in der Schweiz wachsen, sagt Bachmann. Mehr dürfe er dazu im Moment nicht verraten.
Know-how bleibt wichtig
Die Käsereien können mit dem Verfahren den Aufwand erheblich reduzieren. Idealerweise falle die regelmässige Pflege mit Bürste und Salzlake ganz weg, sagt Bachmann. Die Käselaibe müssten lediglich feucht gehalten werden. Trotzdem ist es nicht so, dass die Käseherstellung damit zum standardisierten 08/15-Prozess wird. «Keller, Klima und Kulturen sind für jede Käserei verschieden, das Know-how der Käserinnen und Käser bleibt wichtig, um eine gute Qualität zu erreichen», sagt Bachmann. «Daran ändert sich auch mit dem neuen Verfahren nichts, und das ist gut so.»
Getestet wurde das neue Verfahren mit 13 ganz unterschiedlichen Partnern aus der Käsewirtschaft, von grossen Playern wie Emmi Schweiz, Käserei Seiler oder Simmental Switzerland bis zu kleineren Betrieben wie der Käserei Flüeler oder der Küssnachter Dorfkäserei.
Josef Werder von der Küssnachter Dorfkäserei hat je vier Laibe von seiner Halbhart-Spezialität «Küssnachter» und von einem Raclette-Käse in die Stoffbeutel gepackt. Die «Küssnachter» hat er nur am Anfang normal mit Schmierekultur gepflegt. «Danach haben wir ihn im Keller liegen lassen und nur ein paar Mal gewendet und besprüht», sagt er. Nach vier und fünf Monaten habe man den Käse beurteilt. «Für eine erste Versuchsserie waren es vielversprechende Resultate», findet er. Der Geschmack sei etwas intensiver, möglicherweise müsse er die Rezeptur beim Käsen noch ändern. «Wenn ein Käse zu viel Wasser hat, gibts dann Probleme mit der Haltbarkeit.» Den Stoff habe er mit dem grössten Teil der Rinde gut entfernen können und der Käse sehe trotzdem aus wie ein normaler Käse mit Rinde. Insgesamt kann Werder sich vorstellen, die neue Methode anzuwenden, letztlich sei dann die Frage, ob der zusätzliche Aufwand mit dem Einpacken und der Beschaffung der Stoffbeutel mit dem eingesparten Aufwand bei der Pflege kompensiert werden könne.
Das Patent ist angemeldet
Das neue Verfahren ist gedacht für Hersteller von «freien» schmiergereiften Käsesorten, für AOP-Käse wie Gruyère, Emmentaler oder Sbrinz, wo strenge Pflichtenhefte den Produktionsprozess vorgeben, ist sie kein Thema. Das Verfahren ist auch als Patent angemeldet, das Agroscope gehört. Es sei aber noch nicht entschieden, ob Agroscope das Patent behalte oder abgebe, sagt Bachmann. Eigentlich sei es nicht die Aufgabe des Bundes, Patente zu verwalten.
Anfang November haben sich die Beteiligten zu einem Austausch getroffen, dabei habe man die bisherigen Erfahrungen ausgetauscht und diskutiert, sagt Bachmann. Man wolle nun prüfen, ob der Stoff noch optimiert werden könne, und weiter prüfen, wie die verschiedenen Parameter der Käsereifung angepasst werden müssten, um das Verfahren noch zu optimieren.
Das Problem, das Bachmann geärgert hat, ist übrigens auch gelöst. Dadurch, dass der grösste Teil der Schmiere mit dem Stoff entfernt wird und die Rinde gut abtrocknet, ist das Risiko von Klebrigkeit und Fehlgerüchen mit der neuen Methode viel kleiner.