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«Eine starke und regionale Produktion ist wichtig»

Johanna Gapany ist nach einer kurzen und steilen Karriere die bisher jüngste Ständerätin. Als Präsidentin von Primavera, des Verbandes der ersten Verarbeitungsstufe, steht sie auf der Seite der Produzenten.

«Im Moment arbeiten wir stärker mit dem Bauernverband zusammen als mit der Fial. Das hängt aber auch mit den aktuellen Themen zusammen.» (Roland Wyss-Aerni)

Frau Gapany, welches ist ihr drittliebster Käse?
Johanna Gapany: Der liebste ist Gruyère, der zweitliebste Vacherin fribourgeois…
Eben, das habe ich vermutet…
(lacht) Ich mag sehr viele Käsesorten, es gibt so viele… Der Etivaz ist auch ein sehr guter Käse.
Das Parlament mag Käse auch: Es hat das Landwirtschaftsbudget 2022 um 8 Millionen Franken aufgestockt, damit die Verkäsungszulage bei 15 Rappen pro Kilogramm Milch bleiben kann. Waren Sie auch dafür?
Ja. Für den Kanton Freiburg ist die Käsewirtschaft sehr wichtig, es ist gut, dass die Zulage so bleibt.
Ihre Verbandsmitglieder stammen nicht aus der Milchwirtschaft, sondern sind Verarbeiter von Getreide, Ölsaaten, Kartoffeln und Gemüse. Der Druck aus der Politik, landwirtschaftlichen Grenzschutz abzubauen, bleibt. Sehen Sie dafür Möglichkeiten, oder muss der Grenzschutz auf dem heutigen Niveau bleiben?
Unsere Priorität ist nicht der Grenzschutz. Primavera setzt sich vor allem für eine eigenständige und starke regionale Produktion ein, die mit dem ausländischen Angebot konkurrieren kann. Unser Ziel ist es, eine ausreichende und qualitativ hochwertige Produktion aufrechtzuerhalten.
Das sind Argumente, die auch der Schweizer Bauernverband SBV braucht. Gibt es Unterschiede in den Positionen zwischen Primavera und dem SBV?
Wir stehen in regelmässigem Austausch mit dem Bauernverband. Beide vertreten wichtige Glieder der Produktionskette und unsere Positionen sind meistens deckungsgleich. Insbesondere wenn es darum geht, eine lokale und qualitativ hochwertige Produktion zu verteidigen oder Verbote zu bekämpfen, die unsere Ernährungssouveränität gefährden, wie die beiden letzten Initiativen gegen Pflanzenschutzmittel.
Sie sind in der FDP, verstehen sich also als liberal. Der im Herbst vom Parlament beschlossene Mindestgrenzschutz für Zuckerimporte ist aus liberaler Sicht stossend, er war ursprünglich befristet, wird nun verlängert und schadet der Schokoladen- und Biskuitindustrie.
Man muss sich einiger Realitäten bewusst sein: Nach der Öffnung der Grenzen kann der Schweizer Markt nicht mit dem europäischen Markt mithalten, wenn nicht bestimmte Massnahmen ergriffen werden, um die verschiedenen Produkte gleichzustellen. Vor allem die Anforderungen an die Produktion und die Löhne beeinflussen den Preis unserer Produkte. Die EU erhebt einen Zollsatz von 41.90 Euro für 100 Kilogramm Zucker, der aus Drittländern wie der Schweiz importiert wird. Die Schweiz verlangt nur 7 Franken pro 100 Kilogramm.
Zweitens müssen wir wissen, was wir wollen. Wir können für den billigsten Preis sein und die Produktion bestimmter Grundprodukte nach und nach aufgeben. Das würde bedeuten, dass wir unsere Ernährungssouveränität und indirekt auch unsere Unabhängigkeit aufgeben.
Meiner Meinung nach sind wir in dem Sinne liberal, dass wir die Öffnung der Grenzen akzeptiert haben.
«Wir in dem Sinne liberal, dass wir die Öffnung der Grenzen akzeptiert haben.»
Trotzdem gäbe es die Möglichkeit, den Schutz des Rübenanbaus nur über Direktzahlungen zu machen.
Das wäre zu teuer wäre und zu wenig wirksam. Bereits jetzt zahlt der Bund einen Betrag von 2100 Franken pro Hektar und Jahr und einen Zuschlag von 200 Franken pro Hektar und Jahr für Zuckerrüben, die nach den Anforderungen des biologischen Landbaus oder der integrierten Produktion angebaut werden. Würde man diesen Betrag noch weiter erhöhen, würde dies zu einem zu grossen Unterschied im Vergleich zu anderen Ackerkulturen führen. Der Zollschutz ist daher «ultima ratio» als Massnahme zum Schutz der Zuckerproduktion in der Schweiz. In den letzten fünf Jahren lag der durchschnittliche Zollsatz übrigens bei 6.80 Franken pro 100 kg Zucker.
Primavera ist ein kleiner Verband. Soll er bekannter werden? Wenn ja, wie?
Die Grösse von Primavera ist eine seiner Stärken, sie ermöglicht es, jedes Mitglied gleichberechtigt zu hören und zu vertreten. Und ja, Primavera soll bekannter werden. Der Verband wurde erst Ende 2018 gegründet, wir werden in der Branche und in der Politik immer bekannter. Wir intensivieren die politischen Kontakte und nehmen zunehmend Stellung zu parlamentarischen Geschäften, die sich auf die Produktionskette auswirken.
Kann und will Primavera auch wachsen?
Wir sind offen für neue Mitglieder. Wichtig ist, dass wir jedes Mitglied gleichberechtigt verteidigen können. Das ist in grossen Verbänden oft nicht möglich.
Die Fial hat mal als Ziel formuliert, die ausgetretenen Verbände Chocosuisse, Biscosuisse und Primavera und ihre Mitgliedsfirmen wieder zu integrieren. Sehen Sie eine Chance dafür?
Davon habe ich noch nie gehört. Einige unserer Mitglieder sind auch Mitglieder der Fial und wir sehen die Fial als Partner. Die Frage einer Integration von Primavera stellt sich aber derzeit nicht.
Haben Sie Kontakt zu Isabelle Moret und Beat Vonlanthen, Ihren Pendants in den anderen Industrieverbänden?
Unsere Mitglieder haben mehr Kontakt zu den anderen Verbänden. Isabelle Moret und ich haben Kontakt, weil wir in der gleichen Partei sind. Im Moment arbeiten wir stärker mit dem Bauernverband zusammen als mit der Fial. Das hängt aber auch mit den aktuellen Themen zusammen.
Sie haben Beat Vonlanthen, den Präsidenten von Chocosuisse und Biscosuisse, aus dem Ständerat verdrängt und sind jetzt auch eine Art Gegenspielerin von ihm, als Vertreterin der ersten Verarbeitungsstufe. Haben Sie etwas gegen Beat Vonlanthen?
Nein, gar nicht. Wir haben einen etwas anderen Hintergrund, mein Vater war Landwirt und ich kenne die Branche gut. Die Landwirtschaft ist mir wichtig, und sie ist auch für den Kanton Freiburg wichtig.
In Ihrem Kanton gibt es aber auch Firmen wie Cremo, Villars, Cailler oder Roland, die froh wären, wenn Mehl, Zucker oder Milch etwas günstiger wären. Können Sie diesen auch gerecht werden?
Wir haben manchmal unterschiedliche Interessen. Aber am Ende wollen wir alle Schweizer Produkte von hoher Qualität, und dafür braucht es auch Rohstoffe, die von hoher Qualität sind.
Der Bundesrat will einen Absenkpfad für Nährstoffe und Pflanzenschutzmittel, den der Bundesrat vorgeschlagen hat. Ist Primavera damit einverstanden
Mit den ursprünglichen Plänen hatten wir einige Probleme, so wie auch der Bauernverband, weil damit die Produktion gesunken wäre. Wir sind in der Arbeitsgruppe, die eine Antwort auf das Postulat 20.3931 «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» der Wirtschaftskommission des Ständerates erarbeitet. Wir arbeiten mit dem Bund und hoffen auf einen positiveren Bericht per Juni 2022. Wir erwarten mehr Lösungen und weniger Bremsung für die Produzenten. Die Bauernfamilien möchten auch innovativ sein, aber dafür braucht es auch finanzielle Mittel und mehr Forschung und nicht überstürzte Forderungen.
Trotzdem: Viele Wissenschaftler sind sich einig, dass die Landwirtschaft wesentlich verantwortlich für Probleme beim Gewässerschutz und bei der Biodiversität, aber auch bei Treibhausgasen ist. Wie stark muss sich die Landwirtschaft aus Ihrer Sicht verändern, wie rasch muss sie ökologischer werden?
Die Landwirtschaft ist in diesem Bereich eher ein Teil der Lösung als des Problems. Laut BAFU betrug der Beitrag der Landwirtschaft zu den Treibhausgasemissionen im Jahr 2019 13 Prozent. Die landwirtschaftliche Nutzung mag in der Vergangenheit einige Probleme verursacht haben, aber heute ist das Bewusstsein dafür vorhanden und die Bauernfamilien sind die ersten, die vom Klimawandel betroffen sind. Die Landwirtschaft ist im Wandel und hat ihre Treibhausgasemissionen von 1990 bis 2016 bereits um 11 Prozent reduziert, was mehr ist als die gesamten Emissionen der Schweiz im gleichen Zeitraum.
«Im Bereich Ökologie ist die Landwirtschaft eher Teil der Lösung als des Problems.»
Ein ganz anderes Thema: Der Nutri-Score scheint sich am Markt langsam, aber sicher durchzusetzen, auch das BLV möchte die Ernährung der Schweizerinnen und Schweizer damit positiv beeinflussen. Was halten Sie davon?
Der Nutri-Score ist interessant, um bestimmte Produkte miteinander zu vergleichen und die Hersteller zu ermutigen, bestimmte Zutaten einzuschränken. Ich bin aber vorsichtig. Als Beispiel: Die Käsesorten, die in unserem Land am meisten konsumiert werden, erhalten beim Nutri-Score meistens die schlechtesten Bewertungen. Das liegt auch daran, dass der Nutri-Score auf einem Verzehr von 100 Gramm eines Lebensmittels basiert und nicht die tatsächlich verzehrten Portionen berücksichtigt. Von einem Joghurt isst man aber nicht gleich viel wie von einem Käse. Ausserdem berücksichtigt er hauptsächlich negative Nährstoffe wie gesättigte Fettsäuren, Salz, und Zucker, aber nicht die wertvollen Nährstoffe wie beim Käse das Kalzium. Die Folge ist, dass die Mehrheit der Käsesorten unabhängig von ihrem Fettgehalt oder Kalziumgehalt eine schlechte Bewertung erhält.
Wir müssen zweifellos Aufklärungsarbeit leisten, um eine ausgewogenere Ernährung zu fördern. Die Verteufelung bestimmter Produkte wird jedoch nicht zu einem besseren Verbraucherverhalten führen.
Die Nahrungsmittelindustrie und erst recht die Landwirtschaft sind männerlastige Domänen. Sollten Frauen stärker gefördert oder unterstützt werden, damit sie Karriere machen können?
Die Landwirtschaft ist ein Bereich, in dem Frauen stark involviert sind. Von den 150000 Personen, die in den Schweizer Landwirtschaftsbetrieben arbeiten, sind 65300 Familienangehörige, davon 43265 Frauen. Wo wir – wie in anderen Sektoren, die nach Familienmodellen funktionieren – noch Arbeit zu leisten haben, ist die soziale Absicherung. In diesem Zusammenhang habe ich kürzlich einen Antrag eingereicht, um das Modell, das im Rahmen der inzwischen ausgesetzten AP22 diskutiert wurde, wieder aufzunehmen.
Sie sprechen von der Landwirtschaft. Aber in der Lebensmittelindustrieist es fragwu?rdig, wenn von vielen topausgebildeten Frauen es nurwenige in Kaderpositionen schaffen, weil Kinderbetreuung oder Teilzeitmodellefehlen..
Ja, das ist ein Problem und es ist leider auch in vielen anderen Branchen so. Der Rückstand bei der Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern führt immer noch zu Ungleichheiten.
Der Ständerat hat beim Gentechnik-Moratorium eine Ausnahme verlangt für Methoden, bei denen keine artfremden Gene eingefügt werden. Waren Sie auch dafür?
Ich war für die Ausnahme. Aber diese Ausnahme bedeutet nicht, dass diese Methode akzeptiert ist. Ich finde, es sollte möglich sein, hier unbehindert zu forschen. Die Frage, ob eine neue Pflanze zugelassen wird, ist dann eine andere und soll unabhängig davon entschieden werden.

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