(Symbolbild Pixabay)
Überlagert von den Meldungen zur Corona-Pandemie spielt sich derzeit ein weiteres Drama weitgehend unbemerkt ab: «Wir erleben in Europa derzeit die stärkste Geflügelpest-Epidemie überhaupt», teilte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Insel Riems der Deutschen Presse-Agentur mit.
Täglich kämen neue Fälle hinzu, und das nicht nur bei Wildvögeln. «Ein Ende ist nicht in Sicht, die betroffenen Länder reichen von Finnland über die Faröer Inseln bis Irland, von Russland bis Portugal.» Auch aus Kanada, Indien und Ostasien kämen Meldungen. Besonders stark betroffen ist zudem Israel, wo Zugvögel aus Europa gern Zwischenstopp machen.
Für die kommenden Winterwochen seien das keine guten Aussichten, hiess es vom Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit weiter. Es dominiere der Vogelgrippe-Subtyp H5N1, auch H5N8 komme in geringem Ausmass vor. H5N1 gilt auch für Menschen als potenziell gefährlich, eine Infektion kann in seltenen Einzelfällen tödlich enden. Für H5N8 wurden bisher nur wenige Übertragungen auf den Menschen erfasst. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind für beide Subtypen bisher nicht nachgewiesen.
Nachbarland Deutschland besonders betroffen
Allein in Deutschland wurden seit Anfang Oktober 394 Infektionen bei Wildvögeln wie Wildenten, Wildgänsen, Schwänen und Möwen erfasst, hauptsächlich entlang der Küste und insbesondere in Schleswig-Holstein. Zudem wurden vom FLI 46 Ausbrüche in Geflügelhaltungen registriert, allein 18 davon in Niedersachsen.
Europaweit wurden den FLI-Daten zufolge in diesem Zeitraum 675 Infektionen bei Wildvögeln und 534 Ausbrüche in Haltungen erfasst. Hinzu kämen Einzelfälle bei Säugetieren: So seien in diesem Jahr bereits nachweislich Rotfüchse in den Niederlanden und Finnland, Kegelrobben in Schweden, Seehunde unter anderem in Deutschland und Fischotter in Finnland an Vogelgrippe erkrankt.
Vorbeugende Massnahmen in der Schweiz
In der Deutschschweiz traten vor etwa einem Monat die ersten Fälle auf. Die Krankheit wurde mutmasslich durch Zugvögel aus Süddeutschland eingeschleppt. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat deshalb vorbeugende Massnahmen beschlossen. Sie betreffen Uferstreifen im Abstand von einem beziehungsweise drei Kilometern entlang der grossen Gewässer des Mittellandes.
In diesen sogenannten Kontroll- und Beobachtungsgebieten dürfen Hühner, Gänse oder anderes Hausgeflügel nur noch unter Auflagen ins Freie. Damit werde der Kontakt mit Wildvögeln und damit die Übertragung der Seuche vermieden, so das BLV. Gänse oder Laufvögel seien zudem von Hühnern getrennt zu halten.
Die Vogelgrippe ist eine Infektionskrankheit vor allem bei Wasservögeln, die von Zugvögeln oft über weite Strecken verbreitet wird. Schon in der Saison zuvor hatte es von Herbst 2020 bis Frühling 2021 einen gravierenden Seuchenzug in Deutschland und Europa gegeben - der nun wohl noch übertroffen wird.