In der Naturparkkäserei Diemtigtal hat künftig die Migros das Sagen. (zVg)
Im Milchmarkt ist die Migros immer wieder für Überraschungen gut, zuletzt, als sie 2017 beschloss, aus der Branchenorganisation Milch auszusteigen. Nun folgt ein weiterer Paukenschlag. Die Migros-Tochter Elsa will die Hälfte der Aktien beim Milchhändler Aaremilch übernehmen, wie Aaremilch in einer Mitteilung schrieb. Ferner will die Elsa 100% der Aktien von Simmental Switzerland AG übernehmen, welche die Naturparkkäserei Diemtigtal betreibt. Der Kaufpreis wird nicht kommuniziert.
An der Käserei selber – sie wurde 2019 eröffnet und kostete 52 Mio. Franken – hat die Migros Aare aktuell schon eine 23-Prozent-Beteiligung, 38,5 Prozent sind je bei der Aaremilch AG und bei der Elsa. Die Elsa betreibt in der Käserei eine Abfüllanlage für Bio-, Wiesen- und A2-Milch. Für die Elsa bedeute die Beteiligung vor allem «erhöhte Sicherheit in der Rohstoffbeschaffung», heisst es. Für die Aaremilch-Lieferanten ergäben sich «verbesserte Zukunftsperspektiven mit wettbewerbsfähigen Milchpreisen».
Migros hat das Sagen
Diesem Deal müssen einerseits die Gremien der Aaremilch und der Migros zustimmen, andererseits die Wettbewerbskommission. Falls er zustande kommt, ist er ein weiterer Schritt weg von starken Milchproduzentenorganisationen mit Poolingfunktion hin zu entlang den Wertschöpfungsketten organisierten Akteuren. Die Aaremilch organisiert rund 1600 Milchproduzenten und verkauft jährlich rund 180 Millionen Kilogramm – bisher an alle grossen Schweizer Milchverarbeiter, künftig mit bevorzugtem Kanal in die Migros-Milchverarbeitung. Aaremilch-Lieferanten werden künftig den Elsa-Milchpreis erhalten, drei Rappen mehr als bisher und damit einen der höchsten Molkereimilchpreise. Im Verwaltungsrat sollen neu drei Elsa-Vertreter und drei Aaremilch-Vertreter sitzen, Präsident soll ein Milchproduzent sein, der bisherige Präsident Ruedi Bigler stellt sich dafür zur Verfügung.
Schwieriger Start
Bekannt war, dass die Naturparkkäserei einen schwierigen Start hatte. Um Schweizer Käse ausgerechnet in der Corona-Pandemie neu in den Exportmärkten zu platzieren, waren die Bedingungen schlecht mit starkem Franken und teurer Milch. Aaremilch-Präsident Ruedi Bigler sagte gegenüber der Bauernzeitung, man wäre zwar schon in die schwarzen Zahlen gekommen, «aber das hätte noch eine Weile gedauert.» Auch die Zusammenarbeit mit dem niederländischen Käsekonzern Royal A-ware, auf den man im Export grosse Hoffnungen gesetzt hatte, klappte offenbar nicht wie gewünscht. Gemäss Bigler hat die Aaremilch ein Aktienpaket von 24 Prozent von A-ware zurückgekauft und ist nun auf eigene Faust im Export tätig.
Geplant ist, dass in Diemtigen künftig auch Raclette hergestellt wird - ein Produkt, das gut läuft, wo aber bereits grosse Produktionskapazitäten vorhanden sind (s. auch
das Interview mit Cremo-CEO Frédéric Métrailler und den Artikel
«Raclette-Absatz steigt»).