Hohe Tierwohlstandards auch für importiertes Fleisch? «Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten ihr Importfleisch dann aber einfach bei der Konkurrenz kaufen, weil es dort billiger ist, nützt das dem Tierwohl rein gar nichts», sagt Migros-Nachhaltigkeitschef Christopher Rohrer.
Quelle: Symbolbild Migros Zürich
«Die Nachhaltigkeit wird im klassischen Marketing weniger Platz erhalten, stattdessen heben wir dort vermehrt unsere Preisvorteile hervor», sagte Migros-Nachhaltigkeitschef Christopher Rohrer gegenüber dem «Sonntagsblick». In den vergangenen Jahren sei die Migros in Klima- und Umweltfragen Vorreiterin gewesen. Viele Konkurrenten seien inzwischen jedoch mit ihren Nachhaltigkeitsbestrebungen aufgerückt.
Die Migros habe sich beispielsweise bereits vor Jahren Netto-Null bis 2050 zum Ziel gesetzt. Heute jedoch hätten diverse Konkurrenten dieses Ziel ebenfalls. «Es ergibt deshalb wenig Sinn, in diesem Bereich weiterhin eine Vorreiterrolle zu übernehmen», so Rohrer.
Dass die Migros künftig auf «gewisse Massnahmen» verzichte, könne zur Folge haben, dass sie sich künftig nicht mehr als «nachhaltigste Detailhändlerin der Welt» bezeichnen dürfe. Doch damit müsse man leben.
Auch beim Tierwohl gibt die Migros zugunsten von Marktanteilen künftig ihre hohen Standards teilweise auf. «Wenn wir zum Beispiel für importiertes Fleisch die gleichen Tierstandards verlangen wie in der Schweiz, klingt das toll. Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten ihr Importfleisch dann aber einfach bei der Konkurrenz kaufen, weil es dort billiger ist, nützt das dem Tierwohl rein gar nichts - die Migros verliert aber Marktanteile», sagte Rohrer.
Trotz aller Änderungen in der Organisation behalte die Migros ihre Nachhaltigkeitsziele bei. «Wir investieren aber nicht mehr sinnlos Millionen, um Applaus zu erhalten für populäre, aber wenig effiziente Massnahmen», erklärte Rohrer. Stattdessen setze man vermehrt auf Anpassungen im Hintergrund, die «für die Klimabilanz auch tatsächlich entscheidend» seien.
Ob der neue Nachhaltigkeitskurs der Migros sich auch auf aktuelle Projekte auswirkt, wie etwa auf die Einführung der Bio-Knospe auf den meisten Produkten der Eigenmarke «Migros Bio» bis Ende 2025, ist noch nicht klar. Laut dem «Sonntagsblick» steht dieses Ziel nun allerdings wieder zur Diskussion. Entsprechend besorgt sei der Verband Bio Suisse. Denn gerade bei Importprodukten würden sich gewisse Migros-Geschäftsleitungsmitglieder fragen, wie sinnvoll Millionenausgaben für Lizenzgebühren an die Bio-Knospe in Zeiten von Sparmassnahmen seien.