Quelle: zVg wiki
Die Grosshandelspreise für Strom seien derzeit erstaunlich hoch, sagt ZKB-Analyst Armin Rechberger zur Nachrichtenagentur AWP. Dies trotz laufender Atomkraftwerke in Frankreich und ergiebiger Niederschläge. Zudem sei die Stromnachfrage eigentlich weniger stark angestiegen als erwartet, wegen geringerer Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und einem nur moderaten Anstieg des Verbrauchs durch neue Wärmepumpen.
Abhängig vom Gaspreis
Die Preise für eine Stromlieferung im Folgejahr (Jahreskontrakt) bewegten sich an den europäischen Strommärkten im laufenden Jahr bisher in einer Spanne von 68 bis 100 Euro, zuletzt wurden 90,70 Euro (86,90 Fr.) bezahlt. Anfang 2021 – also vor der Krise – waren es noch Preise um die 50 Euro (47,90 Fr.) die Megawattstunde. Allerdings bezahlten Stromabnehmer im Rekordhoch während der Energiekrise im August 2022 bis zu 1000 Euro (958 Fr.) die Megawattstunde. 2023 sah der Markt dann Preise bis zu 200 Euro (192 Fr.).
Haupttreiber für den europäischen Strompreis ist der Gaspreis. Müssen Gaskraftwerke laufen, um den Strombedarf zu decken, steigen die Strompreise entsprechend der Gaspreise an, weil die Gaskraftwerksbetreiber ihre Kosten decken müssen.
Mehr Strom dank AKW
Die Strommärkte Italien und Frankreich hatten schon immer eine enge Bindung zum Gaspreis, heisst es von der BKW. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem fortschreitenden Ausstieg aus der Kohlekraft habe sich jedoch auch die Korrelation für den deutschen Markt weiter verstärkt.
Während der Energiekrise sei Frankreich der «Panikmarkt» gewesen und habe höhere Marktpreise als Deutschland, die Schweiz und Italien gesehen. Mittlerweile sind die französischen Preise laut dem Berner Stromversorger wegen der hohen Verfügbarkeit der Atomkraftwerke wieder tiefer, wobei sich auch die Schweiz zunehmend an Frankreich orientiere.
Der Benchmark-Kontrakt für Gas, der Frontmonat, steht aktuell bei rund 32 Euro (30,70 Fr.) die Megawattstunde. Im Hoch im August 2022 kostete eine Megawattstunde das Zehnfache, Anfang 2021 – vor der Krise – mit rund 16 Euro (15,35 Fr.) allerdings nur halb so viel.
Wetter spielt grosse Rolle
Angesichts zahlreicher Einflussfaktoren ist eine Prognose für die weitere Entwicklung der Preise schwierig. In den nächsten Monaten spiele «die globale Wetterlage» eine wichtige Rolle, sagt Andy Sommer von der Axpo. «Sorgt die Sturmsaison im Atlantik für LNG-Lieferschwierigkeiten?» Oder «Wie kalt wird der Winter 2024/25 in Europa und in Asien?» Mit LNG ist Flüssigerdgas gemeint (von englisch «liquefied natural gas»), in diesem Fall aus Amerika.
Auch die künftigen russischen Gaslieferungen durch die Ukraine seien entscheidend für die europäische Versorgungslage. «Da die Aussicht besteht, dass die verbleibenden russischen Gastransporte durch die Ukraine nach Europa spätestens Ende dieses Jahres auslaufen, wird Europa noch stärker auf LNG angewiesen sein, um den Markt für den kommenden Winter auszugleichen», heisst es von Alpiq.
Preis für CO2-Emmissionen
International sollten sich die Gasmärkte jedoch entspannen, wenn ab dem kommenden Jahr neue LNG-Terminals in den USA und Katar in Betrieb gehen, sagt Axpo-Experte Sommer. Darüber hinaus dürfte das Wachstum erneuerbarer Stromerzeugungsquellen in Europa anhalten.
Mittelfristig sollte die Stromnachfrage allerdings ansteigen mit einer weiteren Elektrifizierung vieler Industriesektoren. Zudem gibt es noch einen weiteren wichtigen Faktor, der den Strom verteuern kann: der Preis für CO2-Emmissionen.
Über das EU-Emissionshandelssystem werden CO2-Zertifikate ausgegeben und gehandelt. Das Angebot wird sich politisch gewollt immer weiter verknappen. Damit und wegen einer allmählichen Inklusion des Schifffahrtsektors und einem stärkeren Augenmerk auf industrielle Emittenten dürften die Kosten für CO2-Emissionszertifikate in den nächsten Jahren zulegen, sagt Sommer.