Die unreife grüne Orange (Mitte) scheint im orangefarbenen Netz (links) und hinter einem sogenannten «Munker-Netz» (rechts) oranger zu sein, als sie tatsächlich ist.
Quelle: Karl Gegenfurtner
Was sich im Obst- und Gemüsehandel längst herumgesprochen hat, steht offenbar auf einer soliden wissenschaftlichen Grundlage: Früchte verkaufen sich besser, wenn sie in einem Netz stecken, dass die Farbe von perfekten Exemplaren ihrer Sorte trägt. Dahinter steht eine Wahrnehmungstäuschung, die als so genannte Farbassimilation oder Konfetti-Illusion bekannt ist: Objekte nehmen dabei anscheinend den Farbton eines darüber gelegten Musters an. Das konnte Professor Karl Gegenfurtner, Wahrnehmungspsychologe der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), in einem kurzen Artikel in der Zeitschrift «i-Perception» belegen, wie die Universität mitteilt.
Anlass für die kleine Studie waren eigene Erfahrungen beim Kauf von angeblich reifen Orangen im Supermarkt. Dass die Früchte tatsächlich eher grünlich schimmerten, fiel Gegenfurtner erst zuhause auf, als er sie aus ihrem orangefarbenen Netz befreite. Nach der anfänglichen Enttäuschung war das Interesse des Farbforschers geweckt. Um auszuschliessen, dass der beobachtete Effekt nur auf Reflexionen zwischen dem Netz und der Frucht zurückzuführen ist, stellte er das Obstnetz grafisch nach und legte die Orange hinter ein so genanntes Munker-Netz (benannt nach dem Farbforscher Hans Munker) mit orangefarbenen Linien. Auch hier verschwindet der grünliche Farbton anscheinend.
«Ich schließe daraus, dass die Farbassimilation allein eine starke Auswirkung auf das Erscheinungsbild der Farbe hat», sagt Gegenfurtner. «Eine große Freude für den Farbwissenschaftler – ein trauriger Moment für den Verbraucher!»
Link zur Publikation: Gegenfurtner, K.R. (2024). Perceptual ripening of oranges. i-Perception, 15(3), 1-5,
https://doi.org/10.1177/20416695241258748