In den kaufkraftstärkeren Ländern greifen die Menschen öfter zu Handelsmarken.
Quelle: GfK
Der Anteil am privaten Konsum, der in den Einzelhandel fließt und nicht für Rücklagen, Dienstleistungen oder Freizeit ausgegeben wird, geht in der Europäischen Union langsam wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurück. 2023 war das zweite Jahr in Folge ein Rückgang zu verzeichnen, sodass EU-Bürger inzwischen nur noch 33,9 Prozent ihres Geldes im Einzelhandel ausgeben. Das geht aus der neuen GfK-Studie «Einzelhandel Europa» hervor. Konkret betrug der Rückgang letztes Jahr 0,5 Prozent - während gleichzeitig die Kaufkraft und der Einzelhandelsumsatzes um jeweils 5,5 Prozent stiegen.
Den sinkenden Anteil der Ausgaben im Einzelhandel erklärt Studienleiter Philipp Willroth so: «Grund dafür ist, dass die europäische Bevölkerung vor allem in den Coronajahren 2020 und 2021 ihr Geld hauptsächlich in den Einzelhandel investiert hat, da viele Freizeiterlebnisse und Dienstleistungen nicht möglich waren. Dieser Effekt kehrt sich jetzt wieder um, denn die Europäer haben Nachholbedarf und wollen wieder mehr erleben und reisen.»
Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Ländern. In vielen osteuropäischen Ländern fliesst fast jeder zweite Euro in den Einzelhandel, allen voran in Ungarn (50 Prozent), Bulgarien (49 Prozent) oder auch Kroatien (47 Prozent). Den letzten Platz belegt Deutschland, wo lediglich knapp 27 Prozent der Konsumausgaben im Einzelhandel ausgegeben werden.
Kaufkraft und Einzelhandelsumsatz steigen
Die GfK-Studie analysiert weitere Kennzahlen: So ist die Kaufkraft der EU-Bürger auch 2023 gewachsen. EU-weit betrug die Pro-Kopf-Kaufkraft durchschnittlich 19'786 Euro, was einem Anstieg von nominal 5,5 Prozent entspricht. Insgesamt standen den Einwohnern der 27 Mitgliedsstaaten rund 8,9 Billionen Euro an Kaufkraft zur Verfügung, die für Essen, Wohnen, Dienstleistungen, Energiekosten, private Altersvorsorge, Versicherungen, Urlaub und Mobilität verwendet werden konnten.
Vergleichbar zur Kaufkraft stieg auch der Einzelhandelsumsatz in den 27 EU-Staaten um 5,5 Prozent an. Das Wachstum relativiert sichjedoch angesichts hoher Verbraucherpreise. Die höchsten Wachstumsraten innerhalb der EU waren in osteuropäischen Staaten wie Bulgarien (+18 Prozent), Rumänien (+14 Prozent) und Kroatien zu beobachten (+14 Prozent).
Auch wenn die Inflation in den 27 EU-Ländern 2023 bereits gesunken ist, blieb das Niveau mit 6,4 Prozent dennoch recht hoch, wie die GfK mitteilt. Für 2024 liegt die Prognose bei 2,7 Prozent. Die Preisanstiege fallen damit um einiges moderater aus als noch 2022 und 2023. Belgien ist dabei das einzige Land, in dem für 2024 eine höhere Inflation erwartet wird als im Jahr zuvor.
Handelsmarken sind gefragt
Laut der GfK-Studie haben verschiedene Krisen das Ausgabeverhalten der Menschen beeinflusst. Eine häufige Sparmassnahme ist demnach der Kauf von Handelsmarken, was jedoch in den kaufkraftstärkeren Ländern verbreiteter ist als in den osteuropäischen Ländern. In Ländern wie Spanien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und auch Deutschland liegt der Anteil an Käufen von Eigenmarken bei Fast Moving Consumer Goods, also von Lebensmitteln und Drogerieartikeln, bei über 40 Prozent und wird von Spanien mit 47 Prozent angeführt.
Die Studie von GfK bietet umfangreiche Trendanalysen für zahlreiche europäische Länder. Das PDF ist kostenlos erhältlich unter: http://www.gfk-geomarketing.de/handel-europa