Käse gehört zum alpinen Raum.
Quelle: zVg/lid
Das kulinarische Erbe der Alpen hat seit 2020 eine Heimat – im ehemaligen Kapuzinerkloster in Stans (NW). Hier finden Kochkünstler, Gärtnerinnen, Landwirte, Schnapsbrenner, Käseexperten und Geniesserinnen zusammen, um die Zukunft dieses kulinarischen Kulturraumes zu gestalten und dessen Traditionen zu wahren.
Nachdem 2004 der Konvent des Klosters aufgelöst wurde, kaufte der Kanton Nidwalden die Klosteranlage für einen symbolischen Preis. Nach einigen Jahren Leerstand übernahm erst eine Pharmafirma das Kloster, als deren Forschungskonzept scheiterte, nutzen der Foodscout und Autor Dominik Flammer und die Senn AG im Hintergrund die Gunst der Stunde, um mit dem neu gegründeten Culinarium Alpinum in den historischen Gebäulichkeiten ansässig zu werden.
Marie Pfammatter, Leiterin Beratung und Projekte Landwirtschaft, beschreibt die Aufgabe des kulinarischen Kompetenzzentrums, dem ein Restaurant, ein Hotel, ein Klosterladen und im Klostergarten eine essbare Landschaft angehören, folgendermassen: «Wir setzen die Vernetzung in den Fokus, mit dem Ziel die Innovationsfähigkeit der Landwirtschaft zu stärken, möchten die Produzentinnen, die Lebensmittelindustrie, den Handel, die Gastronomie und den Tourismus auf die alpine Regionalküche sensibilisieren.» Das Team des Culinarium Alpinum sorgt dafür, dass regionale Lebensmittel zum Erlebnis werden.
Jurassisches Vorbild
Nun wird das Angebot, bestehend aus Kursen, Führungen und Degustationen um eine weitere Attraktion bereichert. Vom 8. bis 10. November 2024 findet in Stans erstmals ALP’24 statt, ein internationaler Wettbewerb und Markt für Regionalprodukte aus dem gesamten Alpenraum. Die Idee dazu ist keine Neuerfindung. Die Fondation Rurale Interjurassienne (FRI) organisiert bereits seit 2003 alle zwei Jahre den Concours Suisse des produits du terroire – den Schweizer Wettbewerb der Regionalprodukte.
Das Konzept für den Anlass im Culinarium Alpinum, an dem bei einem Markt Konsumenten und Produzentinnen in direkten Kontakt treten können und bei einem Wettbewerb die besten und innovativsten Produkte ausgezeichnet werden, konnte in Zusammenarbeit mit der FRI ausgearbeitet werden. Das Culinarium Alpinum reiht sich damit in ein internationales Netzwerk ein, das einen solchen Anlass mit Unterstützung der FRI auf die Beine stellt – es gibt bereits Organisatoren in Marokko, Tunesien, Ägypten und Kamerun. Weitere Wettbewerbe für einheimische Produkte sind aktuell in Gründung.
Der Concours Suisse des produits du terroire findet immer zu den ungeraden Kalenderjahren in Courtételle JU statt. Falls ALP’24 bei der ersten Durchführung Anklang findet, kann sich das Organisationsteam ebenfalls eine Durchführung im Zweijahresrhythmus vorstellen. So würden sich die beiden Anlässe in der Deutsch- und der Westschweiz abwechseln.
Viele Milchprodukte und starke Italiener
Mit den Anmeldungen seitens der Produzentinnen und Produzenten zeigen sich Marie Pfammatter und die Kommunikationsverantwortliche Susanne Bonetti sehr zufrieden: «Total wurden 336 Produkte für den Wettbewerb angemeldet, davon knapp 60 aus dem Ausland.» Damit, dass die Präsenz von einheimischen Produzenten etwas überproportional stark sein wird, wurde seitens der Veranstalter gerechnet. Die Schweiz stellt 279 Produkte vor, aus sämtlichen Alpenkantonen. Ausser Deutschland und Liechtenstein sind alle Länder aus dem Alpenbogen vertreten. Österreich präsentiert acht Regionalprodukte, Frankreich 17, Italien 28 und Slowenien vier.
Bewertet werden die Produkte innerhalb von fünf Kategorien. Die Milchprodukte (Kategorie A) stellen mit 96 Anmeldungen die grösste Gruppe. Darauf folgt Kategorie D mit Produkten aus Obst, Gemüse, Honig, Öl, Essig und nichtalkoholische Getränke mit 76 Anmeldungen. Bei den Fleisch- und Fischprodukten (Kategorie C) gingen 61 Nennungen ein, bei den Alkoholischen Getränken (ohne Wein) (Kategorie E) 58 und das Schlusslicht bilden die Bäckerei-, Konditorei- und Confiserie-Produkte (Kategorie B) mit 45 Anmeldungen.
Für die Punktevergabe ist eine 60 Personen starke Jury zuständig. «Das Interesse als Jurymitglied zu wirken war so gross, dass wir eine Auswahl treffen konnten», sagt Marie Pfammatter. Die Jurymitglieder jedes Degustationstisches stellen sich aus einem Experten der entsprechenden Kategorie, einem Produzenten, einem Konsumenten, dem Präsidenten und dem Vizepräsidenten zusammen. Die Jury zeichnet 33 Prozent der Produkte pro Kategorie mit einer Medaille aus.
Tradition trifft auf Innovation
Die Auszeichnungen beeinflussen das Kaufverhalten positiv, auch wenn die Bekanntheit des Wettbewerbs erst noch aufgebaut werden müsse, so Susanne Bonetti. «An der ALP’24 werden die Produzenten auf eine Bühne gehoben – so bieten wir ihren Produkten Sichtbarkeit bei einem breiten Publikum.» Zudem will das ALP’24-Team zur Vernetzung im Alpenraum beitragen, die Herausforderungen, mit denen die Produzentinnen konfrontiert würden, seien schliesslich im gesamten Alpenbogen ähnlich.
Am Diskussionsforum soll definiert werden, was die Regionalprodukte für einen Einfluss auf die Entwicklung im Alpenraum haben. «Diese Produkte sind nicht nur ein wirtschaftlicher Faktor, als Ambassadeure können die Produzenten dazu beitragen, dass ihre Region stärker in den Fokus gerückt wird. Die Herstellung der Regionalprodukte hilft dabei, ein kulturelles Erbe und gelebte Traditionen zu wahren», so Susanne Bonetti. Dies wiederum hat unter anderem einen positiven Einfluss auf den Tourismus einer Region.
Wettbewerb sorgt für mehr regionale Wertschöpfung
Auch eine positive Auswirkung auf die Qualität der Produkte wird dieser Wettbewerb haben, ist sich Marie Pfammatter sicher. Rund 20 Produkte standen erst auf einer «Kippliste», da sie den strengen Anforderungen nach Regionalität nicht ganz genügten. Bei verarbeiteten Produkten müssen mindestens 80 Prozent der Rohstoffe aus dem Alpenraum stammen und 100 Prozent der unverarbeiteten Produkte müssen aus der Alpenregion sein. Bei den abgewiesenen Produzenten zeigte sich aber ein grosser Wille zur Verbesserung, so wurden etliche Rezepte angepasst. Etwa beim Walliser Roggenbrot mit Aprikosen stammen nun die getrockneten Aprikosen nicht mehr aus der Türkei, sondern aus der Schweiz. Dies zeige, dass Produzenten nicht auf Althergebrachtem beharren, sondern bereits zur Veränderung sind. Traditionen bewahren und zugleich offen für Innovationen sein – dies scheint ein stimmiges Rezept für den Erfolg mit Regionalprodukten. Diese können im Kapuzinerkloster an einem zweitägigen Markt probiert werden.