Sein Viamala-Bio-Bergkäse wird im deutschen Fachhandel für 37 bis 41 Franken pro Kilogramm verkauft: Christian Simmen, Geschäftsführer der Sennerei Nufenen.
Quelle: Louis Rafael Rosenthal
Seraina Wicky vom Gasthaus Göscheneralp im Gespräch mit Luc Treichler von Alpinavera.
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Der Anbau von Wintertomaten in der Schweiz ist «wirtschaftlich noch nicht interessant», sagt Klaus Büchel.
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Lukas Kilcher plädierte für den «Ausbruch aus der Spezialisierungsfalle» der alpinen Landwirtschaft.
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V.l.: Moderator und Organisator Stephan Feige, Luc Treichler von Alpinavera, Seraina Wicky vom Gasthaus Göscheneralp, Adrian Hirt, Magali Estève von Agridea, Christian Simmen, Lukas Kilcher, Klaus Büchel und Nadine Gloor.
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Auch kleine Produzenten von Regionalprodukten können ein erfolgreiches Exportgeschäft aufbauen - wenn sie hartnäckig dran bleiben. Das zeigt die Sennerei Nufenen in Graubünden. Seit 1992 produzieren alle Milchlieferanten der Sennereigenossenschaft Bio-Milch. 1998 übernahmen die Bauern die Käserei, die bis dahin von der Toni-Molkerei geführt wurde. Die Übernahme fiel mit der Liberalisierung des Milch- und Käsemarktes zusammen. «Wir mussten auf die harte Tour lernen, was es heisst, marktgerecht zu produzieren», sagte Geschäftsführer Christian Simmen an der 6. Fachtagung Regionalprodukte, die am 23. Januar an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich stattfand.
Eine der ersten Lektionen: Die Käserei war zu stark abhängig von einem einzigen Partner. Emmi übernahm damals 95 Prozent des Bio-Bergkäses der Sennerei. Wenn es im Vertrieb harzte, blieb die Sennerei auf ihrem Käse sitzen. In der Not suchte sie ihr Heil im Export. Erste Kontakte knüpfte Christian Simmen 1999 an der Biomesse Biofach. Heute produziert die Sennerei jährlich 140 Tonnen Bio-Käse. Die Hälfte davon verkauft sie im Export, hauptsächlich in Deutschland. Dort ist der Käse unter der eigenen Marke Viamala als Premiumprodukt im Biofachhandel präsent - für 37 bis 41 Franken pro Kilogramm. «Solche Preise sind in der Schweiz fast nicht vorstellbar», sagte Simmen.
Schweizer Regionalprodukte hätten gute Chancen im Export, ist Simmen überzeugt. Der EU- und der Weltmarkt seien riesig und böten Nischen. Authentische und qualitativ hochstehende Produkte seien gefragt, mit Swissness könne man punkten, so Simmen. Aber als Produzent brauche man gute Handelspartner im Ausland. Und der Aufbau von Marke und Märkten brauche Ausdauer und Zeit. Statt «palettenweise Prospekte zu verteilen», lädt Simmen lieber zwischendurch deutsches Käsethekenpersonal ins Bündnerland ein. «Wenn die zwei schöne Tage bei uns erleben, nehmen sie das mit in den Verkauf.» Eine der grössten Herausforderungen im Export ist für Simmen das Währungsrisiko. «Entweder du kannst damit leben - oder du lässt es bleiben», lautete sein Fazit.
Alpen: Mehr als Milch und Fleisch
Die Schweizer Alpenregionen haben sich auf die Produktion von Milch und Fleisch spezialisiert. «Diese Spezialisierung ist ein riesiger Hinderungsgrund, vielfältig Regionalprodukte anzubieten», sagte Lukas Kilcher in seinem Referat. Noch vor 100 Jahren sei die Landwirtschaft in Bergregionen viel diversifizierter gewesen, es sei zum Beispiel auch Getreide angebaut worden. Kilcher plädierte für eine Wiederbelebung dieser vielfältigen Landwirtschaft und einen «Ausbruch aus der Spezialisierungsfalle». Er ist im Beirat des Culinarium Alpinum in Stans, das sich als Kompetenzzentrum für alpine Kulinarik versteht. In einem Pilotprojekt im Kanton Nidwalden versucht das Culinarium Alpinum, den alpinen Acker- und Gemüsebau zu fördern, um die Wertschöpfung auf Landwirtschaftsbetrieben und Verarbeitungspartnern in der Region zu diversifizieren.
Schweizer Tomaten auch im Winter
Tessiner Tomaten auch im Winter: In einem Pilotprojekt mit einem Tessiner Gemüsebauern testet Coop den ganzjährigen Anbau von Tomaten in der Schweiz - in einem Hightech-Gewächshaus mit sparsamer LED-Beleuchtung, einem geschlossenen Wasserkreislauf und Wärmenergie von einer nahen Kehrichtverbrennungsanlage. 2022 kamen die ersten Tessiner Wintertomaten unter dem Namen «Swiss Cherry» in die Coop-Supermärkte. Das Zwischenfazit von Projektleiter Klaus Büchel: Der ganzjährige Anbau von Tomaten in fossilfrei beheizten Schweizer Gewächshäusern habe Potenzial, aber nur für Premiumprodukte. Die Effizienz müsse noch gesteigert werden. «Der Anbau ist wirtschaftlich noch nicht interessant, weder für Handel noch Produzenten.» Die Produktionskosten seien aktuell 20 bis 35 Prozent höher als bei Standardprodukten.
Trotz des Kilopreises von 15 Franken habe Coop aber bislang die ganze Produktion von 2000 bis 3000 Kilogramm pro Woche verkaufen können. Die Tomaten punkteten mit kleinerem CO2- und Wasserfussabdruck und besserem Geschmack und Aroma. Dafür seien die Konsumenten bereit, mehr zu bezahlen. Das Marktpotenzial lasse sich aber noch nicht abschätzen, so Büchel. Aktuell produziert das Pilot-Gewächshaus 100 bis 120 Tonnen pro Jahr, das sind gerade mal etwa 0,1 Prozent des Schweizer Verbrauchs an Tomaten.
Yak ganzheitlich verwerten
In der Spitzengastronomie haben Regionalprodukte ihren Platz gefunden. Regionale Zutaten - die oft teurer sind als Ware vom Grosshändler - haben aber auch in einem einen «normalen» Gastronomiebetrieb ihren Platz, findet Seraina Wicky, Gastgeberin und Köchin des Gasthaus Göscherenalp. Eier, Ziegenkäse, Forellen oder Eierschwämme bezieht sie direkt von der Göscheneralp. Eine Spezialität ist Yak-Fleisch, das sie von einem Bauern in Göschenen kauft. «Wenn ich das ganze Tier einkaufe, bekomme ich einen guten Preis.» Allerdings brauche es Kreativität, um das ganze Tier zu verwerten. Und: «Mit der richtigen Kommunikation ist Gast auch parat, ein zwei Franken mehr zu bezahlen.»
Wicky zeichnet ihre regionalen Gerichte auf der Speisekarte mit einer roten Glocke aus. Dahinter steckt ein dreistufiges Modell von Alpinavera, einer Marketing-Plattform für zertifizierte Regionalprodukte, mit der Gastronomen die Regionalität ihrer Küche ausloben können. Laut Luc Treichler von Alpinavera machen bereits über 40 Restaurants aus den Kantonen Uri, Graubünden, Glarus und Tessin mit. Doch bei aller Liebe zu regionalen Produkten direkt vom Produzenten: Bei der Beschaffung von lokalem Gemüse aus Uri stosse sie an ihre Grenzen, sagte Wicky. «Da ist es schon noch einfacher, beim Grosshändler zu bestellen.»