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Mehr als Läckerli und Mässmogge

Verrückte Ideen aus dem Appenzell, der Basler Effort für Regionalprodukte oder ein Milchbetrieb, in dem die Kunden mit anpacken: Die Fachtagung Regionalprodukte bot spannende Einblicke in die Produktion und Vermarktung regionaler Lebensmittel.

Die Referierenden (v.l.): Fabian Brandenberger, Jürg Burri, Bojana Taraba, Tagungsleiter Stephan Feige, Daniela Waser, Kurt Widmer und Lukas Kilcher. (Louis Rafael Rosenthal/zVg)

Die beiden Basel sind nicht gerade bekannt für Regionalprodukte. Oder wie es Lukas Kilcher ausdrückte: «Was Vielfalt und Qualität der Regionalprodukte angeht, sind die beiden Basel noch ein Entwicklungsland.» Die meisten Leute würden nur die Läckerli kennen, wenn es hoch komme vielleicht noch die Mässmögge. «Und in den meisten Läckerli ist kein einziges Gramm Basel drin.» Vor rund acht Jahren haben die beiden Basel jedoch eine Aufholjagd begonnen. Kilcher, der das Ebenrainzentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach BL leitet, war massgeblich daran beteiligt. An der Fachtagung Regionalprodukte vom 19. Januar an der Zürcher Hochschule für Wirtschaft (HWZ) stellte er das Engagement der beiden Halbkantone vor, deren Regionalprodukte seit einem Jahr unter der gemeinsamen Marke «Aus Stadt und Land» vermarktet werden.
Eine zentrale Erkenntnis: Es braucht Verkaufskanäle und die Verarbeitungsstrukturen in der Region. Deshalb haben die beiden Basel gemeinsam mit dem Bund das 17 Millionen Franken schwere Regionalentwicklungsprojekt «Genuss aus Stadt und Land» gestartet. Mit dem Geld wird etwa eine Hofkäserei ausgebaut und ein Wochenmarkt für Regionalprodukte lanciert. Geplant ist auch der Bau eines regionalen Schlachthofes. «Damit haben die Bauern aus der Region für ihre Tiere kurze Schlachtwege, und die regionalen Metzgereien bekommen das Ausgangsmaterial für ihre regional zertifizierten Produkte», erklärte Lukas Kilcher.
Hausbesuch im Lockdown
Wie positioniert sich ein regionaler Produzent auf nationaler Ebene? Mit kreativen Produkten und ungewöhnlichen Aktionen, lautete die Antwort von Kurt Widmer. Er leitet die für ihr «Flauder» bekannte Getränkefirma Goba im appenzellischen Gontenbad. Goba ist die kleinste Mineralquelle der Schweiz, das Volumen der Quelle ist begrenzt. National wachsen kann Goba deshalb nur mit der sogenannten «Manufaktur», die aus Kräuter, Beeren und Blüten Liköre, Tees, Sirup oder Konfitüren herstellt. Dabei überrascht Goba mit innovativen Produkte wie dem Gewürzkonzentrat «Das gewisse Etwas», quasi die Appenzeller Antwort auf die Maggi-Würze. Oder einem alkoholfreien Aperitif, hergestellt aus Zürcher Zichorienwurzeln.
Originell reagierte Goba auch auf die Schliessung der Gastronomie und Hotels während des Corona-Lockdowns. Widmer und seine Aussendienstler besuchten während dieser Zeit alle 3000 Kunden aus der Gastronomie und Hotellerie zu Hause. Als Gastgeschenk dabei: eine Flasche «Schmunzel Minz»-Sirup aus Thurgauer Hochstammbirnensaft und Walliser Pfefferminzöl. Die ungewöhnliche Aktion habe Goba viel Sympathie eingebracht und fast 260 neue Kunden - «und das in einer Zeit, als alles zu war.»
Fairer Milchpreis dank solidarischer Landwirtschaft
Einen originellen Weg, um seine Milchprodukte zu verkaufen, hat auch der Landwirt Fabian Brandenberger eingeschlagen. Auf seinem Bio-Hof «im Basi» im zürcherischen Dietikon hält er 22 Kühe und betreibt Ackerbau. Die Milch wird in der hofeigenen Käserei zu Käse, Joghurt und Quark verarbeitet. 260 Haushalte beziehen aktuell die Milchprodukte in einem jährlichen Abo. Das besondere daran: Für ein Abo muss man «Basimilch»-Genossenschafter werden und zwei bis vier Mal pro Jahr beim Verpacken oder Ausliefern der Produkte mit anpacken. Er habe sich für diese Form der solidarischen Landwirtschaft entschieden, weil er damit eine gewisse Unabhängigkeit vom Markt habe, erklärte Brandenberger. Er bekomme einen fairen Preis - 1 Franken pro Liter Milch - und könne so produzieren, wie er wolle: mit behornten Zweinutzungskühen, biologisch und einem auf die Hofgrösse angepassten Viehbestand. Für schwarze Zahlen müsste Brandenberger allerdings noch einige zusätzliche Abonnenten gewinnen.
Rüedu: Container im Quartier
Regionale Produkte rund um die Uhr in Selbstbedienung einkaufen und zwar dort, wo es sonst keine Läden (mehr) gibt: im Quartier in der Stadt oder in der Neubausiedlung am Agglo-Rand. Mit diesem Konzept hat das Start-up Rüedu einen Nerv getroffen. 2020 gestartet, betreibt Rüedu heute 27 Self-Check-Out-Läden, 19 im Raum Bern, acht in Zürich. 150 lokale Produzenten liefern über 600 Produkte, Obst, Gemüse, Käse, Fleisch, Milchprodukte und Grundnahrungsmittel wie Teigwaren oder Mehl. 14000 Kundinnen und Kunden hat Rüedi heute, im Schnitt kaufen sie für 15 Franken ein. «Es sind Leute, die bewusst und nachhaltig einkaufen wollen und bei uns ihre Ergänzungskäufe machen», sagte Co-Gründer und CEO Jürg Burri. Die 18 Quadratmeter grossen Holzcontainer mit grosser Glasfront hat Rüedu selber entwickelt, ebenso die App und die IT-Infrastruktur für Zutritt, Kasse und Gebäudemanagement. Inzwischen bieten die Rüedu-Macher die fixfertigen Container und die Technologie auch Drittkunden an, die einen Selfcheckout-Laden eröffnen wollen (ur-store.ch). «Ein kompletter Container kostet rund 100000 Franken», so Burri.
Hyperlokal trifft auf «Aus der Region»
Den Regiotrend früh erkannt und gefördert hat die Migros. 1999 lancierte die Migros Luzern ihr Label «Aus der Region» (AdR), zehn Jahre später wurde AdR zum nationalen Programm der Migros (die Pilatus-Silhouette im Logo erinnert an die Ursprünge in Luzern). Inzwischen hat sich AdR zur erfolgreichsten Marke der Migros entwickelt, wie Bojana Taraba, AdR-Brandmangerin beim Migros-Genossenschafts-Bund, erklärte. Die Marke ist sogar bekannter als die Bio-Knospe. 10000 Produkte von 8000 Produzenten verkauft die Migros heute unter dem Label. Eine Herausforderung sei, dass die Konsumenten zunehmend hyperlokale Produkte verlangten, sagte Taraba. Bei «Aus der Region» sind die Regionen hingegen zum Teil recht weit gefasst, weil sie dem Umfang der einzelnen Genossenschaften entsprechen - und der reicht zum Beispiel bei der Migros Ostschweiz von Schaffhausen bis ins Bündnerland.

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